220 Ehrlich währt am längsten. hohen Herrschaften so große Summen bezahlen, mir wäre auf einmal geholfen! Sie wissen nicht, wie Mangel und Noth thut. Wie sie lächeln und mit den Köpfen nicken und mit den seidenen Kleidern rauschen! Sie sollten nur einen Tag, nur eine Stunde in meiner Haut stecken! Es ist wahr, die Reichen Habens doch gar zu gut!" Als die Herrschaften jetzt das Gewölbe verlassen wollten, fuhrs dem Flickschuster wie ein Blitz durch den Kopf. „Wie wär's, wenn ich — einmal ist ja nicht immer — wenn ich um eine Gabe, um eine Unterstützung anspräche? Vielleicht — aber, Barthels, willst du dich zum Betteln herab lassen? Und doch, was wär's denn weiter, für Weib und Kinder!" — Er stand noch unentschlossen, als die beiden Damen und Herrn schon an ihm vorüber waren, um in den vor der Thür für sie haltenden Wagen einzusteigen. „Sie verzeihen," begann er näher tretend, hinter dem Rücken des einen Herrn mit leiser Stimme, ward aber nicht gehört. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt; er wollte noch einmal ansetzen, da wurde die Wagenthür zugeschlagen, und die Rosse trabten mit ungeduldiger Schnelligkeit davon. „Schafskopf!" knirschte Barthels und stülpte sich die Mütze, die er bisher in der Hand gehalten, wüthend auf den Kopf. — „Dummer Esel! Wenn ich kein Ochs gewesen wäre, hätt' ich vielleicht einen guten Schlag gemacht. Es wäre doch ein Anfang gewesen." Indem er nach der andern Seite der Straße mit großen Schritten hinüberging, fügte er hinzu: „Jetzt mags biegen oder brechen — ich muß was mitbringen — ich muß! Ich gehe nicht eher nach Hause." Diesmal schien ihn der Zufall begünstigen zu wollen. Vor dem Hotel de France hielt ein Neisewagcn, und an der Thür stand ein junger Mann, nachlässig in einen eleganten, reich mit Pelz besetzten Mantel gehüllt, einem Bedienten Be fehle gebend. Als er Barthels müßig gaffend dastchcn sah,