204 Kleine Bilder und Geschichten. daß ein junges Schwanenkind, trotz der Ermahnung des Va ters, zu einem Raben, der sie zu bestricken wußte, sündige Neigung empfand; sie sahen sich zur Nacht im Waldcsdunkel I und das Schwanenmädchen vergaß der Warnung des Vaters und der Reinheit seines schneeweißen Gefieders. Wie aber solches zu Tage kam, da verstieß und verfluchte der alte Schwan sein gefallenes Kind und verkündigte, daß dessen Nachkommen alle gebrandmarkt sein sollten durch schwar- 8 j zes Gefieder. Und weil das ganze Geschlecht entehrt war, versammelte er seine andern rcingebliebcncn Kinder und verließ die Heimath insel. Sie zogen weit hinauf gen Norden, ein neues Vater land zu finden. Hier tödtete den alten Schwan gar bald der Schmerz und die Schande. Aber die Geschwister hatten die unglückliche Schwester nicht vergessen, und alljährlich lenken sie den Flug nach dem Süden, um sie wicderzusehen, um sie zu trösten. Dann kehren sie wieder in die neue Heimath zurück, wo sie sich rein er halten haben. Und so ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. Von den Rosen. Ehedem waren die Rosen alle roth. Zwei Rosen standen neben einander, die eine aufgeblüht in ihrer purpurnen Fülle, die Andere noch züchtig verhüllt, halb Knospe. Ein schöner, bunter Schmetterling gaukelte zwischen ihnen umher und sagte zu der vollen Rose: „Wie bist Du schön, Königin der Blumen!" Die volle Rose erwiedcrte stolz und laut: „Das haben mir alle Deine Brüder schon gesagt; weißt Du mir nichts Besseres zu sagen?" Der Falter flog jetzt zur halbaufgeblühtcn Rose und sprach: