Pen auf die glatte Stirn des Knaben, dreimal zog sie ihn an ihren klopfenden Busen, dreimal sprach sie in sicbrischer Haft ein frommes Scgenswort dazu und dreimal tropften heiße Thränen aus ihrem glühenden Auge und rollten lang sam, langsam über das blühende Kindergesicht. Da erschien der Pförtner; ein gehcimnißvollcs Wort, ein schmaler Streifen gelbes Pergament — die Pforte öffnete sich, der Knabe trat ein und der Pförtner führte ihn in ein hell erleuchtetes Gemach, wo ihn Männer in schwarzem Gewände freundlich ernst empfingen. Draußen aber an der Pforte lehnte das bleiche Weib, bebend lauschte sie auf des Knäbleins Schritt, der gar bald verhallte im Kreuzgange. Ein namenloser Schmerz schüttelte die feine, zartgeformte Gestalt, ein entsetzlicher Wehcruf drang über die schmalen Lippen, sic erstickte ihn nach einem verzweifelten Kampf, der auf jedem ihrer Züge zu lesen. Ihr Busen wogte gewaltig, eine schmale, zarte Hand legte sie auf das Schloß der Pforte. War es des Knaben Mutter? Nur ein Brett trennte sie dann von ihrem Kinde — wird sie die Schelle ziehen? Der Krampf weicht aus ihren Zügen, lässig sinken die Arme herab an der Hüfte, die Kniee brechen — das Weib kniet nieder an der Pforte, die sie von dem Knaben trennt, es — betet. Drinnen im Refektorium im Sessel des Abtes schlafend der Knabe, draußen im Schnee knieend das bleiche Weib — fern — weit im Ahnensaal auf hohem Fürstcnschloß ein sieg- und ruhmgckröntcr Herzog — in diesem Augenblick ward ihm so bange — gehören die drei vielleicht zusammen? Der Knabe ist ein Mann geworden, die schwarze Augusti- nerkuttc bedeckt die gewaltige, ringende Fürstenbrust. — Das bleiche Weib ist ein Engel geworden und grün, mit Blumen gestickt, bedeckt ihren Leib der Rasenteppich; schlaf wohl, schlaf