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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187401080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18740108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18740108
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-01
- Tag 1874-01-08
-
Monat
1874-01
-
Jahr
1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1874
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Erste Lkilagczum Leipziger TagckiaN uns Anzeiger« An die sächsischen Arbeiter. lieben, sondern schwächen und zerreißen wollen. Wir haben e» endlich erreicht, da» einige Vater- IV. lavd, von dem unsere Väter geträumt haben! Daß es mit der gesammten Socialdemokratte Wir haben eS erreicht in schwerem blutigen hauptsächlich auf Revolution und Gewaltthat ab- Kampf und wir wollen rS stärken und stützen gesehen ist. darüber kann ein Zweifel wohl über- gegenüber seinen inneren und äußeren Feinden. Haupt nicht mehr obwalten. Ist sie doch ein ' Der Socialdemokrat, der diese» Gefühl bei seinen «mv der französischen Revolution und athmen College» verletzt, erschwert darum kein Entgegen- doch die Werke ihrer hervorragendsten Führer kommen, auch wenn er die wirklichen Interessen nur Erbitterung gegen alle» Bestehende, zer- > der Arbeiter vertritt. setzende Kritik. Neigung zu Kamps und Krieg? Gew ß giebt e» gemeinsame Interessen der um ihrer selbst willen, eine Zrrstörung-lust ohne) Menschheit, gemeinsame Interessen der einzelnen feste Ziele. Die heutigen Socialbemokralen Stände in allen Ländern. Aber diese gemein- werfen beständig mit den allen Redensarten demo- samen Interessen muß doch jede» staatlich ge- kratlscher Rrvolution-lnst um sich, die bereit» j eirngte Volk mit eigenen S.ästen und aus so und so »ft bankerott geworden sind. Sie i selbstständigen Wegen verfolgen. Nur inner- schließen sich der Internationale an. j halb seiner Nation kann der Einzelne der welche nicht» Ludere» ist al» eine Schaar' Menschheit und seinem Stande dienen, unzufriedene Köpfe, die schließlich dem Willen de» : Deutsche Arbeiter! Eure Söhne und Brüder Herrn Marx sich fügen, welchen sie kaum ver- ^ baben aus Frankreich» Feldern ,ür da» deutsche stehen und welcher selbst nicht» Andere» will al« ' Baterland gekämpft und geblutet Deutsch ,st Zwietracht und Unzufriedenheit säen. Sie ver- i Eure Sprache und Euer Geiühl. Ja. die deut- langen da» allgemeine directe gleiche Wahlrecht >ch'N Socialbemokralen selbst sehen auf die Social- auch in der Gemeinde, damit wir, wie in Awe-' demokraten anderer Länder herab, sie nehmen rika, nur häufig wechselnde geschästSunkundige; ihre Sache ernster, sie Packen sie giündlicher an. und bestechliche Beamte bekommen. Sie ver ' " ^ ^ langen directe Gesetzgebung (Vorschlag», und DerwersungSrecht) durch da» ganze Volk, damit kein Gesetz lauge bestehe, alle Rechtssicherheit ver- schwinde und unberechenbare Majoritäten, er. zeugt durch zufällige Stimmungen und ge wandte Agitatoren, jeden Tag die jeweiligen Mi» norttäten mit neuer Rücksichtslosigkeit und Un- gercchtigkett behandeln können. Eie verlangen unter Abschaffung aller anderen Steuern eine einzige directe progressive Einkommensteuer, deren Ertrag entweder so gering bleiben müßte, daß der Staat machtlos wäre, oder di« bestimmt ist, den Reicheren Alle», wodurch sie mehr al» Andere haben, zu nehmen, also den Reichthum zu vernichten. Wa» haben diese extremen demokratischen Ab sichten. bei deren Erfüllung Nicht» erretcbt wäre al» Lahmlegung von allem Handel und Wandel und völlige Unterwerfung eine» Thcile» de» Volk» unter den anderen, wa» haben diese Ab sichten mit dem Wohl der Arbeiter zu thun? Sie beweisen, daß unter dem Namen der social, demokratischen Partei sich Alle zusammenschaaren, die überhaupt leidenschaftlich unzufrieden sind und denen e» aus Aeußerung dieser Unzufriedenheit mehr ankommt al» auf erreichbare positive Ziele Ober warum schließen sich Iacobh und Kolb heule der Socialdemokratte an? Diese Verbindung politischer Revolutionsideen französischen Urform g» mit der Interessenvertretung der Arbeiter kann der letz teren nur schaden und sie verwirren. Durch den Anschluß an die Soctald.'mokratie treten unbe dacht die unzufriedenen Arbeiter in den Dienst politischer Agitatoren, deren Ziele mit den Inter essen »er Arbeiter gar nicht» zu thun haben. Diese Agitatoren schaffen sich au» blind folgenden Arbeitern eine Parte» und machen sich dadurch gefürchteter. Sie befriedigen ihren Ehrgeiz und ihre Eitelkeit nnd brauchen dazu die Arbeiter, die ihnen folgen, sei e», daß sie bewußter Weise die Arbeiter ihrem Ehrgeiz opfern, sei e», daß sic, von eigener Lelbevscha't geblendet, da» Fruchtlose ihrer Bestrebungen selbst nicht erkennen. Leset die socialdemokratifchen Blätter! U> der Alle» und Jegliche» wird geklagt und gehöhnt; Alle» wird verkleinert und schlecht gemacht. Wie die Dinge nicht sein sollen, Da» steht auf jeder Zeile, aber wenn die Rede davon ist, wa» ge schehen soll, so liest man nur allgemeine Redens, arten von Brüderlichkeit, Gleichheit, freiem Volk», staat ». dergl. Krieg wird in jedem Blatt ge- predigt, aber ein vernünftige» un» klare» Ziel de» Krieg» fehlt, da alle- vernünftige und Er- reichbare, da» die Socialdemokraten wollen, ohne Krieg, durch friedliche Arbeit Aller v el bester erreicht wird. Laßt Luch durch den Neid auf den Besitz nicht » sinnloser Leidenschaft verführen! E» ist sehr Viele» au der Lage der Arbeiter zu bessern, da ja Verbesserungen immer nothwendig und mög lich find. Aber ist e» etwa bi» jetzt durch die Vermehrung de» Capital» schlechter geworden? Sind nicht vielmehr die Löhne gestiegen und die billigen Producte der Maschinen auch den Aerm- sten zugänglich geworden? Durch Vernichtung de» Capital» würde e» nur schlimmer und alle «eiteren Verbesserungen unmöglich werden. Darum noch einmal: Ihr seid berechtigt und verpflichtet für Euch »u sorgen, Eure Lage zu verbessern, Eure Selbstständigkeit, Wohlhabenheit, Bildung zu heben. Ader schießt nicht über alle» vernünsi tige Ziel hinan», laßt Luch nicht von der Leiden schaft verführen, Euch im Dienste verworren denkender Propheten selbst zu schaden! Nirgend» waren die Völker unglücklicher und ärmer al» bei der absoluten Demokratie, in der selbstverständlich Dewazogte d. h. die unbeschränkte Gewalt der jeweilig beliebten Führer herrschte Ueberall muß für Hohe und Niedrige das daurrudeGes« tzetue «nüberschreitbare Schranke bilden; die Willkür der Massen ist ebenso ge fährlich wie die Willkür de» Einzelnen. Da» Gesetz schützt Jeden, läßt Jeden in Sicherheit da» Seinige genießen. Drum achtet und ehrt das Gesetz, begehrt nur gesetzlichen Fortschritt und Acht alle llmstnrzpläve durch Gewalt — die Ihr ja uicht «tuwal in deu Händen habt. Dt« schlt««ste uud gefährlichste Eigenschaft der Socialdemokraten ist gewiß die, daß jste inter- »atsoüal find uud da» Deutsch« Reich nicht Und wenn die französischen Cowmunisten als Helden gepriesen werden, so w«ßl Ihr, daß auf- gereizte Schwätzer, die durch einen sinnlosen Auf. stand Tausende von Familien unglücklrcd machen, keine Helden sind! Ihr wißt, daß Diejenigen nicht Eure Brüder sind, die den deutschen Rbein französisch machen, deutsche Kinder in französische Schulen schicken, freie deutsche Männer unter die Herrschaft französischer Präsecten stellen wollen! Ihr wißt, Ihr fühlt c», daß da» deutsche Volk große Aufgaben für die ganze Menschheit zu er füllen hat, die c» nur durch seine eigenihümliche Kraft durchführen kann, an demn Ihr Mitarbei ten und deren Früchte ihr mitgenießen wollt. Over ist e« etwa Euch gleichgültig, daß Rom den deutschen Geist in Kesseln schlagen und jeden Ketzer, der nicht an die Unfehlbarkeit de- Papste» glaubt, mit dem weltlichen Arm verfolgen will? Ihr verlangt ja doch selbst die Befreiung der Geister und haltet die Freiheit de» Drnken» und Glauben» für die erste Vorbedingung des Fortschritts der Arbeiter. Und c» ist der deutsche Staat, der Euch Schulen gegeben hat und der sich jetzt zum mannhaften Kampfe rüstet gegen eine wälsch gesinnte Priesterschast, die durch künstliche Verdummung, da» Volk in ge schmeidiger Unterwürfigkeit erhalten will. Wollt Ihr in diesem Kampfe, m dem e» sich vor Allem um Eure Interessen handelt, lheil. nahmlo» bleiben, den deutschen Staat, den Ver treter der Freiheit, nicht unterstützen? Trennt Euch richt von dem ganzen deutschen Volk! Ihr allein seid nicht da« ganze Volk, Ihr seid nur ein Stand, ein Tbeildcs Volke», der vereint mit allen anderen Ständen sein Wohl und da» der Gesammtheit arstrcben soll. Trennt und vereinzelt Euch nicht und fordert die anderen Bestandtheile de» Volk» nicht mulhwillig zum nutzlosen Kampfe hrrau». Wollt Euer eigene» Beste- und nicht die Be friedigung sinnloser verwirrter Leidenschaft! Eure Führer rufen Euch zu: „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!" Wir aber weisen Euch auf bessere Bundesgenossen, durch die Ihr gleich jetzt Etwa» erreichen könnt, und rufen: „Deutsche aller Stände verein'gt Euch, lernt Euch kennen, kommt Euch entgegen! Reibt Euch nicht in nutzlosem Kampfe auf, sondern strebt gemeinsam, da» Wohl aller Stände im gemeinsamen Bater land zu begründen! Folgt Euren Freunden, nicht Euren Schmeichlern, sagt Euch loS von den verführerischen Worten der Socialdemokraten Wählt Arbeitersreunde, aber keine in- ternationalen Wühler, sondern ernste deutsche Männer, die auf dem Boden de» Gesetze» stehen! Larr-Kg. In der Pofitwn S de» außerordentlichen Budget» fordert die königliche Regierung 830.600 Thlr. zur Errichtung von fünf Land gerichten in Döbeln, Zwickau, Chemnitz, Leip. zig und Freiberg. Die Finanzdepntatioa der Zweiten Kammer, deren Bericht vorlicgt (Ref. vr. Mmckwitz), hat zunächst die Frage erörtert, ob überhaupt nach Lage der Sache die Zeit al» schon gekommen erachtet werden könne, um über die Erbauung von Landger chten, deren Zahl uud die Orte, wo sie zweckmäßig zu errichten seien, definitiven Beschluß zu fassen. Die Entwürfe zu der beabsichtigten ReichSgesetzzebung über de« Civil- und den Strasproceß, sowie über die durch diese Proceßordnuvgen bedingte Einrichtung der Gerichte find der Deputation zur Zeit in der Hauptsache noch unbekannt und würden, selbst wenn die Regierung in der Lage wäre, diese Ent würfe vorznlegen, deshalb al» überall maßgebend nicht erachtet werden können, weil sie uicht allein noch der Genehmigung de» Reichstag» bedürfen, sondern noch nicht einmal der Vcrathung und Fest- stellung im Vunde»rathe unterlegen haben. Es wurde namentlich hervorgehoben uud mußte von deu RegieruugScommifsareu anerkannt werden, daß die mit zahlreiche« ander« Bestimmungen von er heblicher uicht allein processualer. sondern auch or- äauisatorischer Bedeutung eng zusammen hängende Krage wegen Beibehaltung de» Gefchwornen- Institut» oder Ersetzung desselben durch Schöffen aus die Einrichtung der LaadgerichtS-ebäud« einen nicht unwesentlichen Einfluß üben werde. Ebenso werde in Betreff der Zahl der zu errichteuden Landgerichte und der Orte, wohin sie zu ver legen seien, die definitve Beschlußfassung wesent lich davon abhängen, bi» zu welcher Hbh« des Streitobjekt» in Civilfachen die Competen; der Amtsgerichte deibehalten und wie weit in Criminalsachen gestattet werden wird, daß ein The>l der der Reqel nach den Landgerichten zufallenden CriminaljuriSdiction für die wich tigeren Strafsachen au solche Amtsgerichte über tragen werde, welche mit einer für diese Straf- sacken genügenden Anzahl von Amtsrichtern be setzt sind. Je nachdem die Entscheidung m diesen R ötungen auSfällt, darf man annehmen, daß neben einer vielleicht den jetzigen Bezirksge richten entsprechenden Anzahl von Amt»ge'ichten, welche mit einer zur Entscheidung wichtigerer Criminalsachen genügenden Zahl Richter besetzt. sind, schon eine geringere Anzahl größerer Land- j geeichte, al» acht, al» ausreichend erachtet werden ! können, währen- die doppelte Zahl al» nicht zu! hoch gegriffen erscheinen würde, wenn nicht allein in Civilfachen schon Rechtssachen, deren Streit objekt über 100 Thlr. beträgt, al» wichtigere angesehen werden, sondern auch die thcilweise Ueberlragung der CriminaljuriSdiction auf Amts gerichte, auch wenn sie mit der genügenden Zahl von Amtsrichtern besetzt sind, überhaupt au», geschlossen bleiben sollte. Au» diesen Gründen war die Deputation ein stimmig der Ansicht, daß r» zur Zeit um defini tive Erbauung von Landgerichten sich noch nicht handeln könne. Bei der Gewißheit aber, daß bedeutende Iustizneubauten unter allen Umstän den in nächster Zeit au-gesührt werden müssen, glaubte die Deputation, daß e» angemessen sei, schon zehr da» Augenmerk aus den Erwerb der erforderlichen Bauplätze uud beziehung-weise Autsührung solcher Bauten zu richten, welche von der künftigen Einrichtung der Landgerichte unabhängig sind und der Dringlichkeit halber einen Aufschub nicht dulden. Von diesem GesichtSpunct au» beantragt sie: ») zum Ankauf eine» Bauareal» in Döbeln 55.800 Thlr. zu bewilligen, da» Berechnuug»- geld von 2500 Thlr. aber abzulehnen und die Regierung zu ermächtigen, die entstehen den KausSkosten zu übertragen uud seiner Zeit zu berechnen; d) zum Ankauf in Zwickau 83,864 Thlr. 15Ngr. zu bewilligen, da» Berechnungüaeld von 2500 Thlr. aber abzulehnen rc. wie bei u ; e) an Stelle der für Csemuitz tu» Budget ein gestellten 400,000 Thlr. lediglich zu dem von der königlichen Staat-regierung beab sichtigten Ankäufe eine» Bauplatze- für Iustizneubauten daselbst uud zu al-baldiger Ausführung eine- ArresthauSneubaue» aus dem zu erwerbenden Bauareal die Summe von 800.000 Thlr. zu bewilligen; ä) an Stelle der für Leipzig in» Budget ein gestellten 200,000 Thlr. zur Erfüllung de» Aufwand» der für die nächste Ftnanzperiode beabsichtigten und veranschlagten Iustizneu bauten daselbst die Summe von 64,000 Thlr. zu bewilligen; e) al» erste Rate der Baukosten für ein Justiz- gebäude in Freiberg die Summe von 150,000 Thlr. zu bewilligen. Lage-geschichtliche lllebersicht. Al» seiner Zeit der KrankheitSzustand de« Kaiser» uicht ohne einige» Bedenken war, stellten gewisse deutschfeindliche Journale Com- biuationeu über die Stellung de» Fürsten Bi», marck in gewissen Hofregioueu und innerhalb de» Ministerium» au, die ob de» delicaten Gegen stände» ein osficiöse» Dementi uicht zuließen. Heute kommen die Freunde de» Fürsten aus die Angelegenheit zurück uud deuten au. daß der Reich-kanzler zu keiner Zeit tu so auSschli-ßlicher Gunst bei dem Monarchen und sämmtlichen Mit gliedern der kaiserlichen Familie gestanden wie in den verflossene« Lagen uud jetzt. Die» präge sich auch äußerlich in seiner gute» Laune nnd gehobenen Stimmung au». Aevn er t« vorigen Jahre die Schwierigkeit seiner Doppelstellung al» Reichskanzler und Ministerpräsident schilderte und darthat, wie schwer «» ihm wird, zuerst feine ministeriellen College», daun die Reichs und LaudeSvertretuug und endlich den Kaiser uud die Bundesregierungen von seinem Wolle» zu überzeugen, so habe er jetzt über diese Schwierig keiten obgesiegt. Im Ministerrathe begegnen seine Wünsche keinem Widerspruch, in den parlamen tarischen Vertretungen stehen ihm Majoritäten zur Seite, und der Kaiser wie die übrige« deutsche» Fürsten schenkten ihm unbedingte» Vertrauen ... Vielleicht unterliegen die beide« letzten Aussprüche einer theilweisen Modifikation. Gewiß jedoch ist, daß die Position BtSmarck's bei Hof durch die Nörgeleien auswärtiger Blätter nicht im mindesten beeinträchtigt werden kau». Der General der Infanterie von der Armee Vogel v. Falckensteia, deffen Name beson der» au» dem Matnfeldzuge von 18K6 her noch in frischer Erinnerung lebt, ist nunmehr seine» Alter» wegen tu deu Ruhestand über getreten. Der BrrSlauer Domherr vr. Kueuzer hat au die Wähler de» MeichStagS-Wahlkreife» Glatz- Habelschwer dt eine Wahlausprach« erlassen, die au Freemuth und Offenheit Nicht» zu wünschen übrhz läßt. vr. Kueuzer hat denselben Wahlkreis schon wiederholt vertreten und hat sich dort immer vom Eentrum fern gehalten, eben so wie rer wackere vr Holzer Dompropst zu Tner. Da» Eentrum hat den reichSfemdiicken Charakler sei ner gesammten Politik, die vr. Kacnzer schon früh erkannte, seitdem nur immer anhr gesteigert uns nur immer weiter und deutlicher e> kennbar gemacht. „Ich trete al» Candidat aus", sagt Herr Kuenzer jetzt in seiner Ansprache, „nur weil meine Freunde der M-inung sind, daß gerade meine Wahl al» ein ActderVersöhnung und der Vermittlung unter den Parteien angesehen werden würde. Zwietracht und Feindschaft unter den Söhnen deS gemeinsamen Vaterlandes frommt weder dem Staate noch der Kirede, sondern schädigt aus die Dauer da» Wohl deS einen w'e der anderen." Aber eben zu dem Ende will und muß er von dem Eentrum der Herren Windtbv'st, v. Sa» vigny, v. Mallinckrodt :c. sich durchaus fern halten. Er ist „von sehr maßgebenden Per fön- lichkeiten dringend und wiederholt aufg«fordert worden, der CentrumkPartei be'zutreten; man hat mir für diesen Kall die kräftigste Unterstützung zugesagt, während man im entgegengesetzten Fall« mich mit der feindlichsten Agitaüon von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, von Ort zu Ort bedrohte und die Forifctzung de» Kampfes m ver Presse, in Vereinen, überall in Aussicht stellte. Ich aber habe mich freunülhig und entschieden gegen diese Zurnuthungen erklär!." Er bezeichnet die Bildung und Haltung dieser Fraktion im Schooße einer parlamentarischen Versammlung al» einen groben politischen Fehler und als ein große» Unglück nicht nur für unser Vater land, sondern für Religion und Kirche, Kehler und Unglück, die durch da» aaitatorifchc Treiben der Anhänger und Parteigenoss-n jene» Centrum» im Lande noch schwerer und größer geworden sind." Und der tr>ff>iche Schluß der gegenwär- ttgen Ansprache lautet: „Wer sollte denn nicht für die echt liberalen Kinder: „Freiheit, Wahr heit und Recht in Allem und für Alle" erglühen? Die liberale Strömung liegt in unserer Zeit» richtung; sie ist ein großer Fortschritt zum Best. reu, den weder die L^gitimisten in Frankreich, noch die Carlisten in Spanien, noch auch die „christlich, conservativen" Wahlvereine zu Gunsten de» Leu, trum» aufhalten weiden. Ja, ich hoffe, eS kommt die Zeit, in welcher die katholischen Adgeoronetei Rheinland», Westfalen», Schlesien» und anderei Provinzen wie ehemal» wieder unter den ver schiedenen liberalen Parteien und Andersgläubigen ehrenvoll ihren Platz einnehmcn, ihre particuta- ristische Stellung aufgeben und sich überzeugen werden, daß sie dadurch ihrem Glauben und ihrer Kirche Nicht» vergeben. Da- katholische Volk, von dem liberalen Lufthauchc anqewehs, wird allenthalben liberale Zugeständnisse verlangen, deuen sich auch die V:rlreier und Leiter dcr K.rche auf die Dauer nicht werden verschließen können und wollen. Wir wollen Alle ein große», freie» und glückliche» deutsche» Reich unter dem star ken glorreichen Scepter seine» Hohenzollcru- Kaiser». Bekunden unv beweisen aber werden wir diesen Willen, wenn wir in den nächsten Tagen freudig und gewissenhaft zur Wahlurne eilen, um unsere Stimme Männern zu geben, von denen wir überzeugt sind, daß sie im Kreise ver deutschen Volksvertreter Rath und That in die Waagfchale für Deutschlands Ehre und Größe, Heil und Segen legen werden, unbekümmert um da» Zürnen uud Grollen der Gegner und Feinde de» Vaterlande». Nur wer so wählt, mag und kann von Herzen rufen: „Hoch uud immer Hoch dem deutschen Reich und dem deutschen Kaiser!" Möge im ganzen Reiche der katholische Klerus die versöulichc Ansprache sich zu Herzen nehmen! Auch dem Bischof von Trier ist, wie die ^Trier. Ztg." meldet, am 1. Januar von der RegierungShauptcasse in Folge höherer Weisung die Auszahlung seine» StaatSgehalt» pr. 1. Quar- tal d. I (2000 Thlr.) verweigert worden. Bis- her war noch keine Aufforderung an deu Bischof ergangen, die 3600 Thlr. an die Strascafle einzuzahlen, wozu er bekanntlich verurtheitt wurde, auch ist die Temporaliensperre bi- jetzt nicht über ihn verhängt. — Ein weiterer Schritt in der Schließung de» dortigen Priester- Seminar» ist, daß seilen» der Polizeibehörde die Hörsäle und die Bibliothek de» Seminars geschlossen resp. versiegelt worden, weil, wie es heißt, der Regen» die Verpflichtung uicht über nommen hat, die Vorlesungen, wie eS durch die au ihn ergangene Regierung-Verfügung angeord- net worden, emzustellen. Die Wahlen zum Reichstage haben im Elsaß bereit» zu einer Spaltung zwifchen deu Einheimischen geführt. Dem nachträglich auch von deu eingewandcrten Deutschen acceptirte» Eaudidaten Herrn Bergmann ist von einer An zahl Straßburger der frühere Maire Herr Lauth entgegengesetzt worden, und Letzterer hat sich bereit erklärt, die Wahl anzunehmen. Das „Elsäff. Jouru." beklagt, daß die Hoffnung, eine „einige, starke, liberale, thättge uud energische Elsässer-Partei" zur Wirklichkeit werben zu sehen, damit gescheitert ist. Nock» mehr aber beklagt da» Blatt, daß auch die letzte Hoffnung, der unvermeidliche Wahlkamps werde wenigstens würdig bleiben, geschwunden scheint. Die Gegen partei de» Herrn Bergmann hat sich sofort an die Pariser Presse gewandt, in welcher Weise, zeigt eine Mitlheilung de» „Elsässer Journal»" aus der sich eraiebt, daß die französische Partei keiue» Schimpf, keine perfsultche Verdächtigung
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