Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187411277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18741127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18741127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-11
- Tag 1874-11-27
-
Monat
1874-11
-
Jahr
1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1874
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erste Leilagc M Lchstger Tageblatt und Anzeiger. deutscher t!rich,ta,. I 17. Sitzung vom 23. November. Präsident v. Forckenbeck eröffnet die Sitzung gegen 11» , Uhr. Am Tische deS BundeSrath«: Delbrück, vr. Leonhardt, vr v. Fäustle, v. Mittnachr, Präs. vr.Friedberg, Präs. v.Schcllingu.m.A. Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Be ratung der vrer Justiz-Vorlagen. Abg. vr. Gneist bezeichnet als Vorfrage die Frage, ob die Vorlagen der verbündeten Regie rungen eine lebensfähige Grundlage für die wei teren Verhandlungen bilden, und spricht in dieser Beziehung den verbündeten Regierungen seinen Dank au« für die Kraft, welche sie dem vorge legten Werke gewidmet, für die Energie und Ge wissenhaftigkeit bei der Arbeit selbst, wobei er zwischen den einzelnen Vorlagen keinen Unterschied machen kann, da an die Criminalproceßordnung. n^elche von verschiedenen Seiten bemängelt werde, euch die widersprechendsten Anträge gestellt seien. Er setze indessen voraus, daß die verbündeten Ne hrungen sich noch nachträglich über diejenigen Motive schlüssig machen werden, welche sic ver treten wollen, denn sonst würde ihnen die Ver tretung ihre- eigenen Werke« äußerst erschwert werden. Er erkenne an, daß die Gesetzentwürfe das Streben zeigen, sich an das bestehende Recht möglichst anzuschlicßen, und ist mit ihnen cinver- nanden in dem großem Grundsätze der Collegiali- tät, wie die Entwürfe sie aussprächen. Wenn man aber die Vorfrage, daß die Entwürfe eine lebens fähige Grundlage enthalten, bejahe, dann solle auch von Seiten teS Reichstage« kein Gegen- entwurs gemacht werden. Bei einer solchen Ge- setzcSvorlage dürfe man sich aber nicht auf eine eu dlve - Annahme einlafsen, denn schon der bloße Versuch dazu sei mit der Erfüllung einer solchen Aufgabe nicht vereinbar. Indem der Redner nun einige Punkte der Vorlage berührt, führt er auS, daß daS System der Einzelrichter nicht ausgedehnt irerden könne, n enn nicht zugleich Garantien ge boten würden für die Unabsetzbarkeit de-Richter- iiandeS. Was die Bctheiligung deS LaienelementS Lei der Rechtsprechung anlange, so sei er ent schieden dafür, daß demselben nicht niehr zuge- muthet werde, als es wirklich leisten könne. Ader man müsse auch dieses Element nach den Grund» sätzen der Selbstverwaltung gerade so weit auS- dehnrn, als eL wirklich thätig sein könne. Was nun die Errichtung deS ReichSgerichtShofeS an lange, so lasse die Vorlage der verbündeten Re gierungen noch drei oder vier oberste Gerichtshöfe daneben bestehen. (Hört! Hört!) Er erkläre nun offen, daß es ihm ivrdcr der Würde der Staatsgewalt, noch des Gerichtshofes selbst, noch dem Interesse der Rechtsprechung entspreche, einen selchen obersten Gerichtshof aus einen kurzen Aus sterbeetat zu stellen, denn den Mitgliedern eines solchen Gerichtshofes iverde dadurch die Freude an ihrem Berufe genommen. Die Regierungen würden deshalb wohl erwarten müssen. daß der Reichstag solchen vorübergehenden höchsten Ge richtshöfen seine Zustimmung nicht geben könne. WaS nun die Vorberathung dieser Vorlagen an lange, so sei dieses allerdings eine üble Lage. ES kämen dabei die großen Verschiedenheiten der einzelnen LandeStheile in Betracht und würden so viele Amendements — in die Tausende — gestellt werden, daß eine Session nicht auSreichen würde, um dieselben auch nur zum kleinsten Theile zur Erledigung zu bringen. Bei dieser Lage der Sache würden selbst auch diejenige^ Mitglieder de« Hauses, welche mit großem Widerstreben an eine permanente Commission herantreten, ein- srhen müssen, daß eine solche Commission noth« wendiger Weise niedergesetzt werden müsse. ES bleibe ferner Nichts weiter übrig, al« daß vorher eine Berathung von Vertrauensmännern aller Fractioncn stattfinde, auS deren Berathungen alSdann die hauptsächlichsten Abänderungsanträge hervorgehen müßten, und diese Nothwendigkeit bedinge eine Abänderung von dem verfassungs mäßig parlamentarischen Gange. Alle parlamen larrschen Geschäftsordnungen seien bestimmt zur Berathung von einzelnen Gesetzen, niemals aber zur Berathung von Codificationen zusammenhäu- aender Werke. Er beantrage deshalb die Nieder- srtzung einer Commission von 28 Mitgliedern, welche ermächtigt wird, ihre Berathungen zwischen ter gegenwärtigen und der nächsten Session de« Reichstages fortzusetzen, und die zweite und dritte kchmg der Vorlagen in der nächsten Session er blicht. Der bayrische Abg. vr. Erhard erklärte sich lk die vom Abg. LaSker beantragte ständige Trwmission, da die Parlamente als solche zur Rersthung einzelner Gesetze, nicht aber umfassender ^Hficationen bestimmt seien. «» Namen der konservativen Partei sprach der Az v. Schöning, um gegen die auswahllose Hnwzjehuugde- Laienelement- zum Gesckworenen- b'kch. namentlich wegen des niedrigen BildungS- graki m den östlichen Provinzen, Bedenken zu erbebe, Dagegen wünsche er da- Laienelement möglM stark m der ständigen Commission ver- kreten zu sehen, damit die Gesetze nicht lediglich sür Juristen gemacht würden. Der Abg. Reichensperger bedauerte, daß daS Gebiet deS CivilrechtS der Thätigkeit de- StaatSanwaltS entzogen bleiben solle, em Punct, der von der Commission in- Auae zu fassen sei. Auch über die Handhabung deS Gesangnißwcsen- müsse dieselbe Klarheit schaffen. Abg. Römer (Württemberg) stimmte etcnsall- der Einsetzung einer ständigen Commission bei. s WaS die Mitwirkung der Laien anlange, so halte er dieselben für daS Gebiet der Civilrechtöpflege für vollkommen unfähig, weShalb daS Gesetz hier eine bestimmte Grenze ziehen müsse. Gegen die Hineinziehung der Staatsanwaltschaft in den Civilproccß protestiere Redner, schloß sich dagegen dem Wunsche nach einem gemeinsamen Reichs gericht mit Wärme an. Zuftizminister Leonhardt entgegnete aus einige grundsätzliche Ausstellungen Windthorst's und er klärte betreffs der sreien Advocatur, daß er gegen eine solche Nichts einzuwenden habe, wenn man sich darauf beschränke, jeden befähigten Bewerber zur AdvocatenpraxiS zuzulassen; die Besugniß in dessen, auch den Ort der Ausübung frei zu wählen, widerstrebe dem Principe de- Anwaltzwanges. Nachdem der bayrische Bevollmächtigte vr. v. Fäustle seine Regierung gegen den Vorwurf vertheidigt hatte, dem Reichsgerichte anS parti- cularistisclzcn Gründen zu widerstreben, faßte der Aba. Meyer (Thorn) in längerer Ausführung nochmals die in der Diskussion hervorqetretenen Hauptpuncte zusammen, worauf daS HauS Vas GerichtSversassungSgesetz an eine Commission von 28 Mitgliedern überwieS und die Fortsetzung der Debatte auf morgen vertagte. Zur Lage. Berlin, 25. November. Die kürzlich erschienene chrift de« belgischen Hauptmanns Lahurc „über den Dienst de- Generalstabs im Felde" hat in hiesigen Kreisen begreifliches Aussehen erregt, weil sie den bisher abgegebenen ossiciellen Erklä rungen zuwider aus Grund fachmännischer Unter suchungen den Nachweis führt, daß Belgien in seiner jetzigen Wehrverfassung zu einer wirksamen Vertheidigung seiner Neutralität unfähig und aus die Hülfe' des Auslandes angewiesen sei. Wie wir hören, ist die Schrift hier zuerst durch Vermitte lung des Militairattache bei der deutschen Gesandt schaft in Brüssel, Hauptmann von Sommer feld!, bekannt geworben, worauf alsbald eine be zügliche Weisung an den Grafen Perponcher erging. Die Nachricht eines hiesigen Blattes, na h welcher die deutsche Regierung eine Note an da« Brüsseler Cabinet gerichtet haben soll. ist. wie uns versichert wird, unbegründet; die- Verfahren würde dem diplomatischen Brauche in solchen Fällen auch gar nicht entsprochen haben. Die vertrauliche Anfrage de- deutschen Gesandten hat vollkommen genügt, die belgische Regierung über die Tragweite deS Vorfalles aüfzuklären. Es hat ein Ministerrath stattgefunden, in welchen! dem Hauptmann La hure ein Tadel votirt und gleich zeitig beschlossen wurde, der deutschen Regierung die beruhigendsten Zusicherungen zu ertheilen. — Zur Erklärung des nach deutschen Begriffen ziemlich befremdlichen Vorgangs bient übrigen- der Umstand, daß den Ossicieren der belgischen Armee die schriftstellerische Thätigkeit ausdrücklich gestattet ist, eine Besugniß, von welcher sie nicht selten auch gegen die herrschenden Ansichten Gebrauch machen. Die Lahure'sche Schrift, die, wie man annimmt, erst durch die kürzlich verbreiteten Nach richten über diplomatische Erkundigungen Deutsch lands bezüglich der belgischen Wehrverhältnisse hervorgerufen worden ist, hat, wiewohl sie keinen ossiciellen Charakter trägt, eine Wirkung gehabt, die daS lebhafte Interesse Deutschlands an den belgischen VertheidigungSverhältnissen erkennen läßt — ein Interesse, welches trotz aller gehässigen Ausdeutungen dock einzig aus daS Bestreben zurück zuführen ist, den Frieden mit möglichst festen und dauernden Bürgschaften zu umgeben. Tagesgeschichtliche Ueberstcht. Es war ein eigcnthümlicher Ton, den in der RcichSlagS-Sitzung am Dienstage der preu ßische Iustizminister anschlug, als er mit eincni Vortrage über Ziele und Schranken der beabsichtigten Justizresorni die Beratbung der drei großen Justizgesetze cinleitete. ES klang nicht gerade wie Befriedigung über da« schwere Stück Arbeit, daS der BundeSrath mit den drei Vor lagen hinter sich gekrackt hatte, und noch weniger wie Siegeszuversicht in Betreff Dessen, waS dem Reichstage noch zu thun übrig bleibt, wenn vr. Lconyardt bemerkte, der GerichtS-BersassungS- Entwurf enthalte nur DaS, waS zur gleiwmäßigen Durchführung der beiden Proceßordnungen unbe dingt nothwendig sei. So wünschenswert!) eS auch sei, den ganzen Umfang der Thätigkeit der Gerichte ebenfalls zu ordnen, einheitliche Grund sätze für ein deutsches RechtSamt, eine deutsche Rechtsanwaltschaft und ein deutsche- Notariat auszustellen — man habe dennoch vorgezogcn, davon abzustehen, denn der Schwierigkeiten, die sich zu den bereits vorhandenen gesellt haben würden, wären doch zu viele gewesen. Man glaubt eS dem preußischen Iustizminister gern, daß vielleicht Nie mand im BundeSrathe größere Resignation als er selbst geübt hat, und eS hält nicht schwer, sich die Gefühle zu vergegenwärtigen, die ihn bewegten, als er sich genöthigt sah, dem Reichstage eine Vor lage zur Annahme zu empfehlen, welche weit hinter Dem zurückbleibt. waS er selbst als die Aufgabe einer Gerichts-Organisation betrachtet hatte. Man braucht nicht mit chm darüber zu rechten, ob er nicht mit etwa- mehr Energie seine» bayerischen, württembergischeu und sächsischen College» gegenüber Mehr erreicht hätte, al- er- reicht worden ist: er bat sich schließlich gefügt und DaS, waS er da- Gute nennt und waS auch, objectiv betrachtet, manchen Fortschritt bietet, in I Ermangelung eine- Besseren acceplirt. DaS wird und kann aber nicht der Standtpunct des Reichstages sein. Wenn in dem BundeSrathe naturgemäß der föderalistische Charakter de« Reiches auch in der Gesetzgebung einen stärkeren Ausdruck findet. so ist eS umgekehrt die Aus gabe deS Reichstage«. Den, gegenüber den einheitlichen Gebauten m der Reichs gesetzgebung zum Ausdruck zu bringen. Die Versammlung ist sich dieser Ausgabe in ihrer Mehrheit auch fekr wobl bewußt, und man wird sich der Hoffnung hingeben dürfen, daß der Ge- richtsversassungscntwurs lilderCommission mehrere der von dem preußischen Iustizminister gekenn zeichneten Lücken verlieren wird. Beweis dafür liefert die klassische Rede LaSker'S, der mit un gemeinem Scharfsinn und großer Gründlichkeit nn Einzelnen die Gesichtspunkte hcrdorhob, nach denen eine Vervollständigung deS Entwurfs zum Zwecke der Erreichung wirklicher Rechtseinyeit erforderlich erscheint. Wenn irgend wo. so werden in dieser Frage sämmtliche liberale Parteien deS Hause« hinter dem Redner stehen, um mit der selben Majorität, mit welcher sie einst seinen An trag aus Ausdehnung der Reichseompetenz auf das gesammte bürgerliche Recht durchsetzten, die erforderlichen Bürgschaften für eine wirklich ein heitliche Rechtspflege zu schaffen. Aus der letzten Montagssitzung de- BundeS- ralhes wird Folgendes bekannt: Der königlich sächsische Bevollmächtigte richtete an den Vor sitzenden, Präsidenten Delbrück, die Anfrage, ob den, ReichSkanzleramte der Beschluß der Bankge- setzcommifsion des Reichstages notificirt sei, wo nach dieselbe den Beginn ihrer Arbeiten von der Auskunft der Rcicksrcglerung abhängig machen wollte, ob und m wie weil diese bereit sei, auf eine Reichsbank einzugeden. Präsident Delbrück erwiderte, er sei durch seine Commissarc, welche in der Commission anwesend waren, von dem Beschlüsse unterrichtet worden und hoffe in Kur zem in der Lage zu sein, dem BundeSrathe eine bezügliche Millheilnng zugchen lassen zu können. Uebrigens sei die preußische Regierung bereits in Berathung über die Frage getreten, unter wel chen Bedingungen die Umwandlung der Preußi schen Bank in eine Reichsbank zu ermöglichen sei, und cs wäre allerdings erwünscht, wenn die übrigen Regierungen sich auch schon in den, jetzi gen Stadium der Angelegenheit über ihre Stellung zu der Frage schlüssig machen wollten. Die „Kölnische Zeitung", welche bekannt lich mit bedeutenden Kosten eine eigene Telearaphen- leilung von Berlin nach Köln sich hat verstellen lassen, wird über den am 9. Decbr. beginnenden Arnim 'scheu Proceß die ausführlichsten Berichte bringen. Ein besonders dazu eingerichtetes steno graphisches Bureau wird lue Verhandlungen wortgetreu ausnehmen und dann werden dieselben in dieser ungeheuren Ausdehnung ohne allen Ver zug nach Köln telegraphirt. ES ist DaS ein schöner Beweis für das rastlose Streben der deutschen TageSpresse, sich immer mehr zu ver vollkommnen. Der Lehrermangel ist in den Reichslanden eben so groß wie in den Provinzen de- Mutter landes Die ReickSregierung will dem Nebel durch Vermehrung der Lehrerbildungsanstalten abhelsen. Nach den bisherigen Erfahrungen bedarf Elsaß Lothringen bei seiner jetzigen BevölkerungS- zahl jährlich mindesten« 216 neu eintretende Lehr kräfte, die jetzt zu diesen, Zwecke vorhandenen BildungSanstaltcn können aber nur einen jährlichen Nachwuchs von 141 Lehramtskandidaten liefern, weshalb in Psalzburg und Colmar Semi nare für Lehrer, in Metz ein solches für Lehre rinnen gegründet werden sollen. Für alle drei Anstalten werden frühere Schulgebäude, in Metz da« Gebäude des im Iabre 1873 cingegangenen bischöflichen Seminars gemiethet werden. Auch daS in Lauter bürg befindliche Seminar soll vergrößert und in ein anderes Local verlegt werden. Die bisher von ihm benutzten Räumlichkeiten sind für eine Präparandenanstalt bestimmt. Die RcickS- rcgicrung verlangt zu diesem Zweck vom Reichs tage die Bewilligung von 176,000 Mark. Durch Patent von« 17. November ist der Land tag deS Fürstenthum» Schaum bürg-Lippe auf den 3. December einberusen worden. In der Presse haben letzthin die Verhältnisse der in Rede stehenden Großmacht Verwechselung mit denen von Lippe - Detmold erfahren In Folge Dessen hat da- Detn,older „Regierung-- und Anzeige-Blatt" den Satz ausgesprochen, „daß unser Land Lippe beißt, daß r« nur Ein Land dieses Namen« giebt, während das Land jenseits der Weser Schaumburg k-eißt." Man halte also die Lippen von einander! Die Ergebnisse der M unicipalwahlcu in Frankreich lassen sich schon jetzt annähernd übersehen; gegenüber 1299 Gewählten von den sogenannten Municipa listen sind l639 entschiedene Republikaner gewählt Wenn man aber be denkt. daß unter den Municipa listen die ge mäßigteren Elemente aller Parteien ausgeführt waren, so ist eS wahrscheinlich, daß sich unter der Zahl von 1299 noch viele Anhänger der defini tiven Republik befinden Man hört eS den oppo sitionellen Blättern auch schon an, daß ihre Par tei den Sieg davongetragen habe, selbst die ge mäßigteren finden die jetzigen Zustände unerträglich und dringen aus sofortige Herstellung eine- De- finitivum. Deutlich ist, was daS „Siöcle" sagt: „Die falsche Lage, in welche unS die Reckte der Nationalversammlung gebracht, drückt sich in allen Acten deS politischen Leben« au-. Alle-, wa« wir macken, ist provisorisch, Alle-, wa- wir sagen, ist provisorisch, ja wir denken sogar pro visorisch. Den Wählern gegenüber geht man provisorische Verpflichtungen ein, man ernennt provisorische Maire- und erläßt provisorische Ge setze. Eine Nation von 30 Millionen Menschen scheint provisorisch ein Land wie ein Hotel zu bewohnen zwischen dem atlantischen und mittel ländischen Meere, dem Canale und dem Rhein." Au« London, 23 November, wird gemeldet: Seit nahezu vier Tagen befinden wir unS inmitten jenes undurchdringlichen Nebel-, wie er nur in England zu finden ist. Am Sonnabend, an welchem Tage er am stärksten war, mußten die Personen dampfer auf der Themse ihre Fahrten einstellen und die Omnibus- und Pfcrdebaynlinien ihren Dienst beschränken. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln sind aber doch zahlreiche UnglÜck-fälle vorgekommen, Eisenbahnzügc sind zusammengefahren, Menschen aus den Bahnen und Straßen überfahren, Schiffe gestrandet und zusammenqestoßen u. f. w., der kleineren Unfälle in den Straßen gar nicht zu denken. Heute hat sich der Nebel ein wenig ver zogen, ist aber noch immer so, daß man aus dem Continente glaube,! würde, er könnte überhaupt nicht stärker werden. Man muß den ganzen Tag Licht brennen, und eS ist Einem zu Muthe, al« befinde man sich in der langen Nacht am Nordpol.. — Der Nebel scheint übrigen« nicht nur die Straßen, sondern auch die Köpfe zu verdunkeln; die „Daily New-" besprechen die Vorgänge im deutschen Parlamente bei Berathung deS Bank gesetze« und kommen zu dem Orgebniß, daß Bismarck wieder einen Conflict wie jenen vor zehn Jahren Hervorrufen wolle. Nachdem sie diese scharfsinnige Entdeckung gemacht, warnen sie den Reichskanzler und sagen: „Einmal hat Deutsch land über die Willkürherrschaft hinweggesehen, weil die Demüthigung von OlmÜtz ausqewetzt, Jena gerächt und der Traum de- Frankfurter Parlaments zur Wirklichkeit geworden; zum zweiten Male dürste daS aber nicht Vorkommen, da man schwerlich nochmal« ähnliche Ueberraschungen m petto haben wird. Mit den» Ruhme der Ver gangenheit wird es allmälig düsterer werden und die Aufgabe de- Kanzler- de-halb immer kritischer." Reizend! Ein Theil der spanischen Truppen, welche kürzlich unter Loma bei Irun gesochtcu, ist bcreit- wieder in ihre alten Stellungen an dem Ebro, in Miranda, Logrono, Victoria u. s. w. zurückge kehrt. Der Rest befindet sich noch aus der See reise zwischen San Sebastian und Santander, auf der Eisenbahnfahrt von letzterem Orte nach dem Süden. Während französische Blätter wissen wollen, Marschall Serrano in Person werde sich schon in den nächsten Tagen an die Spitze der wesentlich verstärkten Nordarmee stellen und den Kampf niit aller Energie betreiben, melden deutsche Correspondenten im republikanischen Hauptquar tier da- Gegentheil. Letzteren zufolge ist von Operationen am Ebro augenblicklich keine Rede mehr, die Truppen liegen zum Theil bereit« in Winterquartieren und längs der ganzen Linie ist Alle- still. Erst gegen Ende December soll Morione« einen neuen Versuch zur Verprovian- tirung von Pampelona machen. Wir gestehen, daß nach den neueren Erfahrungen letztere Mel dung unS glaubwürdiger al« die geschilderten Erzählungen französischer Journale erscheint. Verschiedenes. — Ultramontaner Blödsinn. Eine der neuesten Nummern de- „Baverischcn Vaterlande«" enthält u. A. folgende Sätze: „Schon die That- sachc. daß man beim „Volke der Denker" den Bildungsgrad eines Volke« nach der Zahl der Leute demißt, welche lesen, streiken und rechnen können, ist ein Beweis weitgediehener Gehirn versandung. Nicht Lesen, Schreiben und Rechnen ist da entscheidend, sondern die Verglei chung der Gesetze, der Einrichtungen, der Leistungen und der Vcrbrecherstatistiken. Gefunden Menschen verstand. gesunde UrtheilSkrast findet man am Häufigsten bei den Leuten, die wenig oder gar nichts lesen und die Schulbänke nur kurze Zeit frequcntirt haben." Und ferner die Nachricht: „In Dahn hat ein Lehramt-candidat Hermann den Stadtschreiber Conrad gesprächsweise im WirthshauS mit dem Revolver nieder ge schossen!" — Au- 4)orkfhire kommt die Kunde von ei,rem entsetzlichen Grubenunglück. In der Kohlenzeche Darren Vale, unweit Rotherham, hat eine furchtbare Explosion schlagender Wetter stattgefunden, durch welche großer Leben-Verlust verursacht wurde. Zur Zeit de- Unglück- ar beiteten zwischen l70 und 180 Bergleute in der Tiefe, und von diesen wurden 26 getödtet und sehr viele mehr oder weniger schwer verletzt. Die Ursache der Katastrophe ist da« Einstürzen eine- DacheS, wodurch eine Quantität Ga- frei wurde, das die bloßen Lichter, mit denen in der für gänz lich gaSsrei gehaltenen Grube stet- gearbeitet wurde, entzündeten Die Bergung der Leichen, zu der ma. sofort schritt, mußte unterbrochen werden, da ein Theil der Zeche zu brennen be gann. Fast sämmtliche Gctödete hinterlaffen Wittwen und Waisen, deren Jammer sich am Eingang zur Zeche in der herzzerreißendsten Weise Au-druck gab. In 1851 verloren in derselben Zeche durch eine ähnliche Katastrophe 50 Berg leute ihr Leben. h s- n r i'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)