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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187412064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18741206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18741206
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-12
- Tag 1874-12-06
-
Monat
1874-12
-
Jahr
1874
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1874
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ir !m, stark, stm. stark. trystall- . 23567.) kS Lrilte Leilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. IL> ß fHüt-n MN erseüdet >355.) ei». rd >t 3Z. rchsten bit Auswahl. 52. lss L4s»5. l«, bk mn in -ike. l »lade und Schweizer te mich bei aa. npfiehlt in ^ser, Deutscher Reichstag. 24. Sitzung vo-m 4. December. Präsident v. Forckenbeck eröffnet die Sitzung um 12»/, Uhr. Am Tische de-BundeSraths: Delbrück. Geh. Rath vr.Michaeli«. Geh. Rathvr. v. Möller und Andere. Mehrere Anträge auf Genehmigung zur straf M rechtlichen Verfolgung verschiedener Personen wegen Beleidigung deS Reichstages werden der Geschäftsordnung« Commission zugewiesen. Der Reichskanzler hat die Pläne für den Um bau deS Auswärtigen Amtes für daS Deutsche Reich übersendet. Die vier elsaß - lothringischen Abgeordneten Simonis, Winterer, Gerber und Baron v. Schauenburg erklären in einem an den Reichstag gerichteten Schreiben, in Folge der auf sie gefallenen Wahl zu Mitgliedern der Kommission zur Berathung deS elsaß lothringischen Etat- und deS Gesetzentwurfs betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Elsaß-Lothringen, daß sie sich an den Arbeiten dieser Commission nicht betheiliqen können. (Aha! Heiterkeit.) Präsident v. Forckenbeck ist der Ansicht, daß ein solcher Entschluß ohne Zustimmung des Hauses nicht auSgesührt werden könne, und'schlägt deS halb vor, das Schreiben der Geschäftsordnung- Commission zur weiteren Berichterstattung zu überweisen. DaS HauS beschließt demgemäß. Tagesordnung: Fortsetzung der ziveiten Be rathung deS Etat- pro 1875. Etat deS ReichSkanzler-AmtS. Zu Tit. 21. Sächliche Ausgaben. 1) zur Her stellung von Veröffentlichungen deS Statistischen Amt« 33.3Ü0 Mark. Abg. Reichensperger (Crefeld) glaubt sich verpflichtet, einige Wünsche in Bezug aus diese Veröffentlichungen auszusprechen. Er tadelt, daß in den Veröffentlichungen über die Wahlen die Bezeichnung ultramontan und klerikal gleichbe deutend ais „reich-feindlich" aufgesührt werde. ES werde dadurch osficiell eine tiefere Spaltung in daS deutsche Volk hineingctragen und enthalte eine solche Bezeichnung zugleich eine schwere Be leidigung eines großen Theils deS deutschen Volke- und auch deS Reichstages. Staat-minister Delbrück erklärt, daß daS Reichskanzleramt mit diesen Veröffentlichungen nichts zu thun, dieselben nur in Folge eines Wunsche- des Reichstage- angeordnet habe. Die Veröffentlichungen ent hielten nichts weiter als eine Uebertragung auö den dem Hause vorgelegenen Wahlacten. Abg. v Kardor'fs ist der Ansicht, daß wenn derartige Dinge hier bei der EtatSberathunq vor gebracht würden, eS unmöglich sei, bi« Weih nachten fertig zu werden. Abg. Windt Horst-Meppen protestirt gegen letztere Ansicht entschieden, da die Berathung de- EtatS nach dem Einkommen in allen constitu- tionellen Staaten recht eigentlich für die An bringung von Beschwerden benutzt werde. Im klebrigen tritt der Redner dem Abg. Reichen- spcrger bei. Nach kurzen Bemerkungen der Abgg. vr. Braun, v Kardorff u. A. wird dieser Gegen stand verlassen und der Etat bewilligt. d) BundeSrath und Ausschüsse deS BundeSraths. Abg. vr. Jörg nimmt Veranlassung zu fragen, wo denn der „diplomatische Ausschuß" des Bundes raths geblieben sei, dessen Bildung der Art. 8 Al. 3 der Reick-Verfassung anordne Dieser Art., in welchem von den BundesrathS-AuSschüssen die Rede ist, bestimmt im Al. 3: „Außerdem wird im Bundesrathe auS den Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen, Württemberg und zwei vom BundeSrath alljährlich zu wählenden Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten ein Aus schuß für dre auswärtigen Angelegenheiten ge bildet, in welchem Bayern den Vorsitz hat." Der Redner führt aus, daß diese Bestimmung ihre hohe Blutung habe und daß Bayern sich gerade durch dieselbe habe bestimmen lasten, der ReichSverfafsuna seine Zustimmung zu geben. Der Ausschuß sei bestimmt, die übrigen Bundes regierungen über die auswärtige Politik deS Aeiche« auf dem Lausenden zu erhalten unv er sei ein Mittel, mäßigend und beruhigend auf den Leiter der Politik einzuwirken. Je genialer der Träger iv auswärtigen Politik sei, desto mehr sei er ^Fälligkeiten und Einfällen unterworfen (Heiter- tit) und auch kolossalen Fehlern ausgesctzt. Der kiedner führt demnächst einzelne Beispiele — und ach die Anerkennungsfrage der spanischen Re gierung — an. welche nach seiner Ansicht vor dm Ausschuß gehört hätte, wodurch das russische DeSaveu vermieden worden wäre, und zieht in diese Darstellung auch da« Kullmann'sche Atten- >rt — als die Thal eine« verrückten Menschen — kein. Demnächst behauptet er, daß die Be- knnung deS Art. 8 als eine sehr ernste Bürg- Cast de- europäischen Frieden- zu betrachten fn, und schließt nnt der Mahnung an die andern Bundesregierungen, sich nicht blo« ihre-Rechte-, sondern auch ihrer Pflicht zu erinnern. Reichskanzler Fürst BiSmarck: ES wird mir in diesem Falle außerordentlich schwer, dem Herrn Vor redner zu antworten, weil derselbe eine einzige krage, auf die man eine Antwort hätte geben können, gar nicht gestellt hat. (Oho! im Centrum.) Cr hat da« ganze Ausland und auswärtige An gelegenheiten berührt, aber worin seine Frage tlich bestand, daS hat er ungesagt gelaffen. Sie werden üun von mir nicht erwarten, daß ich mich mit dem Vorredner in eine staatsrechtliche DiScussion über die Auslegung der Verfassung und über die Thätigkeit deS diplomatischen Aus schusses einlaffe, Ihretwegen, de« Reiche- wegen und meinetwegen nicht. Ich würde die- auch an jedem andern Orte vermeiden, die staatsrechtlichen Erörterungen find Sache deS BundeSraths. Der Ausschuß desselben ist in Wirksamkeit, er besteht au« bayerischen, sächsischen, württembergischen. badischen und mecklenburgischen Bevollmächtigten. Preußen gehört nicht zu dem Ausschüsse. Der Herr Abgeordnete wird also gewußt haben, daß der Ausschuß existirt und Zusammentritt, sobald eines der Mitglieder die Einberufung wünscht. Daß dieses Bedürfniß nicht häufig eintritt, dafür sorgt das auswärtige Amt, indem eS die ver bündeten Regierungen durch Mittheilung oder Ab schriften der wichtigsten diplomatischen Aktenstücke über die Ergebnisse auf dem diplomatischen Gebiete weit, weit über seine Verpflichtung hinaus auf dein Laufenden erhält, wir haben in unseren auswärtigen Beziehungen recht reine Wäsche, wir haben nicht sehr viel zu verbergen. Sie ersehen das daraus, daß wir uns nicht daran kehren, ob die höchsten Beamten im Auswärtigen Amt dem einen oder dem anderen Bund.Sstaale angehören. Wir haben zu allen deutschen Bür gern,- soweit sie da« Vertrauen nicht durch ihr politisches Verhalten verwirken, namentlich aber zu allen Bundesregierungen ein unbegrenzte- Ver trauen. So haben wir den früheren Präsidenten de« bayrischen Ministeriums im Besitz einer Stelle, in der ihm Nicht- geheim bleibt, waS passirt. Der mecklenburgische Staatssecretair ist in der selben Lage. Diese ganze Idee also, al- ob von unS große Geheimnisse, ein Krieg oder sonstige Abscheulichkeiten geplant würden, denen dieser diplomatische Ausschuß schon auf die Sprünge kommen würde, paßt eher in einen Roman, als in eine ernsthafte DiScussion. Im Jahre 1874 ist nach meiner Ansicht gar kein Bedürfniß vor handen gewesen den Ausschuß zu berufen, weil dies Jahr, das auf den Vorredner einen so er schrecklichen Eindruck gemacht hat, in den 13 Jah ren, daß ich an der Spitze der auswärtigen An- gelegenheiten in Preußen und Deutschland stehe, das ereignißloseste gewesen ist, daS ich erlebt habe. Ich habe daraus geschlossen, daß dem Vorredner alle Jahre einen furchtbaren und erschreckenden Eindruck gemacht haben und daß ihm gerade da- letzte noch frisch im Gedächtniß ist; wir haben >874 weniger als je diplomatisch zu thun gehabt! Durch die ganze Rede des Vorredner- zog sich der selbe rothe Fade» leiser Verdächtigung der Reichs regierung und der analoge rothe Faden, den in einer neulichen Rede eine- Mitgliedes derselben Partei der Abg. LaSker gerügt hat, als ob die Regierung und ihre Vertreter die Rechte der ein zelnen Staaten nicht gehörig wahrnehme; die Ansicht, diese Herren, wie gesagt worden ist, mit sie hatte ja die Macht nicht. Da wir also nicht in der Lage waren, nach menschlicher und für ein große- Reich schicklicher Weise Vergeltung zu üben, so haben wir uns gefragt, wie eS möglich ist, diesem Lande in seinem jetzigen Leiden einiger maßen zu helfen, und wir hielten eS für daS Richtigste, die noch vorhandenen Reste staatlicher Consolidirung durch die Anerkennung zu stärken, den noch glimmenden Docht staatlicher Ordnung nicht verlöschen zu lassen. In diesem Sinne also haben wir die spanische Regierung im Interesse des Landes anerkannt, um den Gräueln, ein Ende zu machen. Für die russische Politik liegen die Verhältnisse ja ganz ander- als für unS. Ruß land liegt weiter von Spanien entfernt und wird von den Verhältnissen dort weniger berührt. Außerdem aber, wie wir Achtung für unsere Ansicht verlangen, ebenso achten wir die Meinung anderer Regierungen, welche — von praktischen Fragen unberührt — in der Lage sind, rein theoretischen Erwägungen zu folgen, am meisten aber die Mei nung der seit einem Jahrhundert unS am meisten befreundeten Macht, Rußlands! Und der Vor redner wird auch nicht im Stande sein, mit seinen Verdächtigungen eine kleine Verstimmung zu er zeugen. (Beifall.) Unsere Beziehungen stehen, Gott sei Dank, thurmhoch über der Tragweite der Worte deS Vorredner- (lebhafter Beifall) und ich möchte nicht mit ihm in Betreff de- FiaSco tauschen. (Heiterkeit.) Der Vorredner hat dann daS Kffsinger Attentat erwähnt und den Mörder als halb verrückt bezeichnet. Ich darf Sie ver sichern, daß der Mensch, den ich selbst gesprochen, vollständig im Besitz seiner geistigen Fähigkeiten ist. Ich begreife es, daß der Vorredner jede Ge meinschaft in dem Gedanken Anderer mit einem solchen Menschen scheut und von sich weist, und ich bin überzeugt, daß der Vorredner niemals auch nur den leisesten Wunsch gehabt hat: „wenn dieser Reichskanzler doch einmal irgendwie verunglücken könnte." (Heiterkeit.) Aber, meine Herren, mögen Sie sich von diesem Menschen loSsagen, wie Sie wollen, es hängt an Ihren Rockschößen fest. (Leb hafter Widerspruch im Centrum.) Ich erzählte nur Thatsachen, seien Sie doch entrüstet, aber nicht, wenn man die einfache Thatsache erzählt. Wohin ein solches zornige- und durchgebtldeteS Gemüth kommt, wenn eS auf eine solche Weise gehetzt wird, n»ie Kallmann von dem Pfarrer in Salzwedel. (Widerspruch im Centrum. Lebhafter Beifall.) Ja, meine Herren, ich habe ja das Gespräch über diesen Gegenstand nicht angeregt, sondern der Vorredner. Kullmann hat mir auf die Frage, warum er mich denn habe umbringen wollen wenn er mich nicht kannte, geantwortet, wegen der Kirchengesetze. Auf die Krage, ob er denn damit Etwa- zu bessern glaubte, erwiderte er „bei uns ist es ja schon so schlimm, schlimmer kann eS ja gar nicht werden"; schließlich aber sagte er: „Sie haben meine Fraktion beleidigt" einer schwarzen Censur nach Hause zu schicken, I (hört, Hört), und als ich ihn frug, welche« ist denn leise angehaucht von dem Verdacht deS nicht hin- I 2hre Fraktion? sagte er: „die CentrumSfraction reichenden EiserS für den Schutz der Rechte der Eifers Einzelstaaten. Und für uns allein ist diese Karte hier auf der Tribüne vorhin nicht abgegeben worden, sie wurde auch an die Adresse der bay rischen öffentlichen Meinung gerichtet, um der Regierung den Credit im Lande zu verderben und die Klage zu verbreiten, als be»utze sie ihre Hülfs mittel nicht binreichend. Der Vorredner hat dann andere Dinge theils aus der auswärtigen, theils aus der inneren Politik berührt. Zunächst ist von einer Intervention in Spanien bei un- nicht die Rede, nicht in dem Sinne, wie er unS JnterventionSgelüste in Frankreich imputirt, weil wir unS über die aufrührerische Sprache der Bischöfe in deren Erlassen an deutsche Unterthanen be schwerten. Juristisch genommen, handelt eS sich nicht einmal um ausländische Bischöfe, sondern um solche, von deren Diöcesen damals noch Theile in Deutschland lagen, und also deutscher Juris diction unterlagen. Aber auch in Spanien handelt eS sich nickt um eine Intervention. Al- ich die erste Nachricht von der Ermordung deS Hauptmann Schmidt erhielt, so hatte ich das Gefühl: wxnn daS ein englischer, amerikanischer, russischer, fran zösischer Untherthan gewesen wäre, so wäre ihm das nicht passirt. Ich erblickre darin noch eine Erinnerung an die alte deutsche Zerrissenheit und ich sagte mir: eS ist Zeit, das Ausland daran zu gewöhnen, daß auch Deutsche nicht ungestraft gemordet werden können. (Lebhafter Beifall!) In diesem Sinne war ich entschlossen, diesen Fall nicht unbemerkt vorübergehen zu lassen. Ware eS völkerrechtliche Tradition gewesen und geziemte es unS, auf eine barbarische, henkermäßige Weise zu antworten, so hätten wir in dem ersten besten carlistischen Hasen eine Landung gemacht und einen StaabSosficier ergriffen und am Hafenthor aufgehängt. Diese Gedanken drängen sich dem natürlichen Menschen auf. So handeln wir aber nicht, denn wir sind eminent friedfertig (Wider spruch im Centrum); friedfertiger al- der Vor redner bin ick wenigstens sehr viel (lebhafte Zu stimmung), und wenn mir derselbe den Vorwurf macht, ick hätte irgend einmal mit einem Strahl kalte» Wasser- eine Abkühlung bewirkt, so kann ich mich doch nur daraus beziehen, daß daS ein durchaus friedliche« Element ist iHeiterkeit), dessen recht häufiger Gebrauch dem Vorredner sehr zu empfehlen wäre. (Große Heiterkeit.) Demnächst lagen noch die Verhältnisse i» Spanien nicht so, daß wir für diese Mordihat die dortige Regie rung hätten verantwortlich machen können, denn im Reichstage." (Nach diesen Worten de- ReichS kanzlerS erhebt sich ein unbeschreiblicher Tumult auf beiden Seiten de- Hause«. Lebhafter anhal tender Beifall ertönt, dazwischen die Ruse: Pfui! Pfui! auS dem Centrum. Fürst Bickmarck springt sehr erregt auf.) Präsident v. Forckenbeck bemerkt nach mehreren vergeblichen Versuchen, die Ruhe herzustellen, daß der Ruf: Pfui! unparlamentarisch sei. Reichskanzler Fürst BiSmarck: Der Herr Präsident hat den eben gehörten Ausdruck bereit- gerügt. Pfui dient zur Bezeichnung von Ekel und Verachtung. Glauben Sie nicht, daß mir diese Gefühle fremd sind, ich bin aber zn höflich, sie auszusprechen. (Anhaltender erneuter Bestall. Viele Abgeordnete von der Linken springen aus und einige derselben zeigen mit den Fingern ach den auf dem bezeichneten Platze sitzenden Abg. Grafen Ballestrem. Die Ruhe wird erst nach und nach hergestellt.) Abg. vr. Windthorst: Es scheint mir, als ob der Herr Reichskanzler die Rede deS Ab Jörg nicht richtig verstanden hat, und dies giebt mir Veranlassung, etwas näher darauf einzugehen. Es ist eine gewisse Methode deS Minister« und seiner Gehülfen, der Opposition eine Art ReichS- feindlickkeit zuzuschreiben, durch die wir unS aber nicht abhalten lassen werden, unsere Meinung zu sagen und öffentliche Zustände, die wir nicht für richtig halten, zu rüge». Diese Methode spricht sich auS in den Worten de« Herrn ReichSkanzleeS von dem kalten Wasserstrahl. Ich finde darin nicht« weiter, al- eine moralische Intervention, die auch sehr wohl zu materiellen Folgen Ver anlassung geben konnte. Ich muß alle diese Vor kommnisse als solche ansehen, welche gegen die Verbindungen mit dem römischen Stuhle gerichtet sind. Ich glaube, daß wir alle Veranlassung haben, aus die Politik der deutschen Regierung aufmerksam zu sein, die allmälig einem Kriege unwiederbringlich entgegenstrebt. (Widerspruch!) Nun ist hier weiter cm Vorgang erörtert worden, ick meine die That deS unglücklichen Kullmann (Widerspruch), die jede« Menschengefühl, die jeder Mensch im höchsten Grade verdammt. (Oho!) Dem Herrn Redner, der mir daS „Oho"zuruft, spreche ich jede« Gefühl eine- deutschen Manne nd, der in der That Kullmann'« einen Schand fleck für die deutsche Nation erblickt. Wenn wir zu solchen Waffen greifen sollten, so müßte da- Unzlück, da- über Deutschland gekommen, schon zu groß sein, um die That eine- solchen Menschen zu rechtfertigen. Wenn man nun aber so weit geht, die verbrecherische That mit einer Sektion de« Parlaments in Verbindung zu bringen, so geht da« zu weit. Da- war aber die Parole der officiösen Presse und sogar der officiellen Organe der Regierung. Die That ist schändlich, aber eben so schändlich ist eS auch, eine Partei und bestimmte Personen mit derselben in Verbin dung zu bringen. Was hier von der Unter redung des Herrn Reichskanzlers mit Kullmann gesagt worden, so höre ick diese Worte hier zum ersten Male. Ich will dieselbe nicht in Z veifel ziehen, aber merkwürdig erscheint mir doch da- Verfahren der bayrischen Gerichte, die ein solche- Inquisitorium seitens eines Menschen, den die Sach« gar nicht angeht (Verwunderung und Heiterkeit), zulassen. Ich will sagen, daß es uns nicht zulässig erscheint, den Verbrecher der Inqui sition de« Verletzten zu unterwerfen. Ich frage aber, ob die Worte, die jener Unglückliche in der ersten Aufregung gesprochen, als maßgebend be trachtet werden können für eine so schwere An klage, da« kann ich ruhig anheimstellen. Der ver storbene Mallinckrodt bekam nach einer DiScussion im preußischen Abgeordnetcnhause einen Strick au« Leipzig rugeschickt; ich selber habe wiederholt Drohbriefe, sogar von Petersburg auS zugeschickt bekommen, aher niemals ist eS mir oder Herrn v. Mallinckrodt in den Sinn gekommen, die unS gegenüberstehende Partei dafür verantwortlich zu machen. WaS den Pfarrer von Salzwedel betrifft, so ist der Mann todt. Aber richtig ist eS, daß in WUrzburg über die ganze Sache nur Bruchstücke verlesen worden sind, die etwas Be stimmte- durchaus nicht zulassen Es thut mir leid, auf diese Verhandlungen zurückzugreisen, aber ich glaube ihn ebenso verlheidigen zu müssen, wie ich hoffe, daß eS mir nach meinem Tode an einem Vertheidiqer nicht fehlen wird. Ich will dem Herrn Reichskanzler Nachsehen (Gelächter), daß er diesen Fall in die Debatte gezogen hat (Ver wunderung). Ja, meine Herren, der Abg. Jörg zat dies in diesem Sinne nicht gethan, er har nur den Zeitpunkt berührt, sondern der Herr Reichskanzler. Aber, wie gesagt, ich will ihm dies Nachsehen. — Präsident v. Forckenbeck: Ich muß den Redner.unterbrechen. Würde der Herr Reichskanzler ein Mitglied de« HauseS be leidigt haben, so würde ich die Ehre de« Hause- zu wahren gewußt haben, aber da- ist nicht ge- schehen. — Abg vr. Windthorst: Ich freue mich über die Worte de- Herrn Präsidenten, der frühere Präsident hat darin anders verfahren. — Präsident v. Forckenbeck: Ich kann eine der artige Kritik de« Verfahrens früherer Herren Präsidenten nicht zulasten. — Abg. vr. Windt horst fortfahrend: Meine Herren, ich möchte wohl, daß dWfer Gegenstand nicht wieder in diesem Hause zur Erörterung kommen möge. Ich selber will deshalb davon adbrechen «nd wünschen, daß wir weiter in Ruhe und Frieden in diesem Hause verhandeln mögen. (Heiterkeit.) Reichskanzler Fürst BiSmarck: Der Herr Vorredner hat behauptet, ich hätte von Kissingen au« eine Parole für die ofsiciöse Presse ausge- aeben. Wenn derselbe nur einmal abwarten will, bis er so angegriffen wird, wie eS mir passirt ist, so wird es ihm wohl vergehen, eine solche Parole auSzugeben. (Heiterkeit.) Mich beschul digt die Partei der Beeinflussung der officiösen Presse, oder mindestens doch, daß ich nichts zur Berichtigung derselben gethan habe. Ich frage den Herrn Vorredner einfach, waS er gethan hat, um die ultramontane Presse, daS „Bayrische Vaterland" und die „Germania" zu einer richtigen Darstellung der Sache zu veranlassen? Die ultra montane Presse hat von Anfang an die That entschuldigt. Abg. LaSker: Wenn in früheren Debatten die Herren von drüben (zum Centrum) den Herrn Reichskanzler anzugrcifcn versuchten, so bin ich dadurch in der Regel sehr ruhig und humoristisch gestimmt. Ich denke mir, daß diese Angriffe, wenn versucht wird, die Höhe hinan zu klettern, um dort oben eine Beschädigung zuzufügen, die rechte Abfertigung finden und ich nehme die Dinge gar nicht ernst. Heute aber hat die Ver handlung und der Lauf der Diskussion schon mehrere Male ernste Seiten angenommen, von denen ich nur zwei hervorheben will. Die eine ist die, daß ein Redner eS versucht hat, mit einer gewissen Absichtlichkeit und in einer vorbedachten nede da- Attentat Kullmann mit in die Dis kussion hineinzuziehen, ohne daß er auch nur sich wwogen gefühlt hätte, über diese Handlung ein Urtheil zu fällen, wie es wenigstens der Abg. Windthorst gethan hat. Hätte er wenigsten- die kinführuna diese« Attentat« mit solchen Worten »egleitet, so würden nicht allein die Gefühle des Herrn Reichskanzler-, sondern die Gefühle der großen Mehrheit diese» Hauses nickt in so empörender Weise beleidigt worden fein, wie >ieS thatsächlich geschehen ist. (Sehr richtig! Bravo.) Ich komme aber zu einem zweiten, sehr wichtigen Punkte, von dem ich wünschte, daß er nicht allein in diesem Hause, sondern vor ganz Deutschland und vor ganz Europa gekennzeichnet werde. ES ist heute nicht da« erste Mal, daß behauptet wird, die deutsche Regierung lege e» absichtlich und planmäßig darauf an, der fried liebenden französischen Nation gegenüber den Krieg zu provociren (hört! hört!), meine Herren, diese- Nanöver will ich vor ganz Deutschland brand marken (Sehr richtig!) Daß sich deutsche Ver treter finden, die nicht allein etwa in den heim»
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