Die Macht deutsch-nationaler Cultur, Waffengewalt entbehrlich. 85 von dem Bereiche der Möglichkeit tatsächlich ausgeschlossen ist, das dankt die Menschheit doch nur dein von unserer Nation errungenen Culturfortschritte der allgemeinen Wehrpflicht, dem einzig richtigen Wege zur größtmöglichen Vermeidung aller Kriege überhaupt. Aus geschlossen ist dadurch allerdings nicht, daß nach einem siegreichen Feldzuge, zu welchen das deutsche Reich durch die Schuld anderer Staaten getrieben würde, überseeische Gebiete statt unheilvoller Milliarden an uns als Kriegscontribution abgetreten werden könnten. Es wäre indessen, wie schon gesagt, eine offenbare Absurdität, auch nur eine einzige solcher zahllosen Möglichkeiten hier gegenwärtig zu erörtern. Diejenigen Mittel dagegen, welche unser Volk auf dem Wege normaler Entwicklung in den Besitz der überseeischen Cultur- gebiete setzen werden, deren es bedarf, liegen in der Erwägung und Erkenntniß der auch im Obigen schon hervorgehobenen Gesichtspunkte: daß nicht die hier in Betracht kommenden Machtfragen, sondern nur die Culturfragen selbstständigen und bleibenden Werth haben; daß die größte Macht einer Nationalität ihre nationale Cultur ist; daß dabei die Ausdehnung ihrer politischen Macht im einen Falle selbstverständlich, im andern Falle sogar entbehrlich ist; daß endlich die Begriffe Coloni- sativn und Cultivation, deren Gehalt einst nur ein roher Kern war im Vergleich zu ihrem jetzigen Inhalte, ihr Wesen in Zukunft noch ganz unendlich vertiefen werden; und daß solche extensive Cultur-Ent- wicklung der europäischen Raße eine nothwendige und voraussichtlich für lange Zeit tonangebende Seite der civilisatorischen Entwicklung des Menschengeschlechtes sein wird. Es kommt daher für unser Volk zunächst nicht so sehr auf die Einzelkenntniß möglichst vieler geogra phischer Thatsachen an, als vielmehr ans die Weckung eines lebendigen Sinnes für die verschiedenen Zustände und Verhältnisse des großen Ganzen der Erde und ihrer Völker und auf ein umfassendes Verständniß für die cultnrelle Stellung, welche die europäische Raße innerhalb des Entwicklungskreises der Eivilisation einnimmt. Auf solcher Grundlage erst ist es möglich, die Aufgaben, welche unsere Nation innerhalb dieses gegenwärtigen Zusammenhanges der Welt hat, und die Chancen, welche uns gegenüber andern Völkern offen stehen, richtig zu beurtheilen. Auf dieser Grundlage aber ist dann auch bei nur einigem Nachdenken sehr bald zu erkennen, daß unsere Nation gerade jetzt und zukünftig im Stande sein wird, sich durch bisher nicht erreichte, cultnrelle Leistungen manche der günstigsten und umfangreichsten Ländertheile unseres Planeten zu eigen zu machen. Noch liegt in fernen Welttheilen über 10-mal soviel des besten Landes unausgenutzt, als die deutsche