Unsere willenlose Culturarbeit im Dienste des englischen Stammes. 45 noch nachwirkt. Mit verhältnißmäßiger Leichtigkeit schafft der deutsche Fabricant seinen neuen mit Sorgfalt und Geschmack gearbeiteten Artikeln in unfern Nachbarländern Absatz. Von Oesterreich garnicht zu reden, in Italien, Frankreich, ja selbst in der „Metropole des Geschmacks", in Paris, fängt unsere Production an vermehrte Aufnahme zu finden, wenn es ihr nur gelingt, den verhaßten Namen des Deutschen zu verbergen; sobald aber unsere Industrie zurückkehrend wieder die heimatliche Grenze überschreitet, sogleich heißt es bei jeder neu-angebotenen Waare: „Wir danken Ihnen, das ist zwar sehr hübsch, aber wir werden das wohl nächstens von Paris erhalten!" — mit dem halb-bewußten Hintergedanken, dann werden „wir" es jedenfalls hübscher finden. Wenn nun aber doch außerordentlich viele Dinge, die man thatsächlich in Deutschland garnicht entbehren kann, absolut nicht von Paris oder London zu beziehen sind, dann wird das deutsche Fabricat dem Publicum, das betrogen sein will, als französisches oder englisches Fabricat aufgeschwatzt. Noch überwiegt in Deutschland wohl das französische Prestige; mehr und mehr aber brechen sich bei uns englische und amerikanische Industrie, Sitte und Geschmacksrichtung Bahn. Was jetzt noch das Französische ist, wird auch für uns sehr bald das Englische sein, wenn der Geist unserer älteren Generation ungestört wie bisher sort- wirthschaftet. Seit 100 Jahren haben wir mehr als irgend ein anderes Volk der Welt — die Negersklaven höchstens ausgenommen — zu Gunsten und im Dienste des englischen Stammes gearbeitet, und haben unsere auswandernden Culturkräfte demselben willenlos geopfert. Geht das so fort, dann wird allein schon die geistige Rückwirkung, welche wir von diesen unfern eigenen Culturkräften aus der englischen Welt in rasch steigendem Maße erhalten werden, dazu beitragen, auch Deutschland zu anglisiren. Dies wird jedenfalls wesentlich mit als eine Veranlassung dienen, daß wir Deutschen culturell schneller auf gesogen werden als das französische Wesen. Am schnellsten aber wird unser alterndes Volk schließlich durch die innere Zersplitterung seiner Kräfte diesem Ende näher gebracht. Von dieser gefährlichsten aller Eventualitäten sind wir sogar noch sehr viel stärker bedroht als Frankreich. War nicht vor Kurzem noch die deutsche Nationalität nahe dran, auf diese Weise ganz von der Erde zu verschwinden?! Hatte nicht unser älteres Geschlecht in den ersten 60 Jahren dieses Jahrhunderts unsere völlige Auflösung schon fast geschehen lassen?! Helgoland war wie selbstverständlich den Engländern in die Hände gefallen, und auch in Hannover machte sich der Einfluß
