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Das Verschwinden deutscher Culturleistungen. 41 Nehmen wir ferner selbst an, wir könnten und wollten dann auch die sämmtlichen Industrie-Erzeugnisse jener 1000 Millionen englischer Völker ganz entbehren, so müßten wir doch jedenfalls unsere 100 Millionen Einwohner in den Stand setzen, alle jene im eigenen Lande nicht her stellbaren Products dieser englisch-redenden Völker zu bezahlen. Wir müßten wesentlich für den Export fabriciren und wären dabei nicht nur, wie beim Import, auf die englische Sprache, Sitte und Rechts gewohnheiten angewiesen, sondern unsere Fabrication müßte sich dann auch dem Geschmacks, den Interessen und allen Culturbegriffen jener englischen Völker fügen. Aber viel mehr noch! Unsere Sprache, unsere Literatur, unsere Wissenschaft und Kunst werden dann diesen Völkern gegenüber eine noch geringere Bedeutung haben, als heutzutage z. B. Hollands, Böhmens und auch Ungarns Sprache, Literatur, Kunst und Wissen schaft uns selbst und andren ihrer Nachbarvölker gegenüber einnehmen. Nicht das Prestige der Industrie allein wird durch die culturpolitische Macht, durch die Ausdehnung des Wirtschaftsgebietes der Nation bedingt, sondern auch die Verbreitung und Anerkennung ihrer Wissen schaft und Technik. Hieran gerade zeigt sich vor allem die Macht oder Ohnmacht einer Nationalität! Wie viele Erfindungen, Entdeckungen, Erforschungen und andere Errungenschaften sind nicht schon von deutschen Männern gemacht worden, Jahrzehnte früher ehe Engländer oder Franzosen dieselben ebenfalls erzielten und sie mit ihrem Namen in aller Welt zur Geltung und Anerkennung brachten, während die Resultate deutschen Geistes kaum im Bereich der deutschen Sprache und des deutschen Capitals bekannt geworden waren, bis uns das, was wir längst viel näher haben konnten, endlich als etwas ganz Neues von Paris, London oder Neu-Dork aus angeboren wurde. Da rühmen sich dann die deutschen Gelehrten und Techniker: „Wir haben das lange schon gewußt und gekonnt!" — Sehr Wohl, antworten uns darauf die anderen Nationen, es mag sein, daß ihr das Alles längst gekonnt und gekannt habt, damit aber konnte und kannte es noch nicht die große civilisirte Welt. — Hat uns nicht neulich erst die Rede des Bischofs von Melbourne bei der Eröffnung des wissen schaftlichen Kongresses zu Adelaide in Süd-Australien*) bewiesen, daß selbst die höchst-gebildeten Männer auf der andern Seite unseres Planeten von den kulturellen Leistungen unseres deutschen Volkes «> Vergl. hierüber u. a. dm „Export, Organ des Central-Vereins für Handelsgeographie", III. Jahrgang Nrn. 1 u. 2. Berlin d. 4. und 11. Januar 1881, xaF. ii und 22.