Ethnographische und politische Nationalität. 15 deutscher Sprache, deutscher Sitten, deutscher Kunst und deutscher Wissenschaft. „Deutschland" war ein Begriff der physischen Geographie und „die deutsche Nation" war ein Begriff in der Ethnographie der europäischen Rasse, zur Charakterisirung des deutschen Stammes dienend. Die politische Nationalität dieses deutschen Stammes aber, schlug der Fürst v. Bismarck in seiner treffenden Weise damals vor, dadurch zu charakterisiren, daß man das Gedicht von Heinrich Heine „O Bund, Du Hund!" zum deutschen Nationalliede erhöbe. Anders liegen die Verhältnisse heutzutage. Wie es auch Herr vr. Kapp in starker Weise zum Ausdruck brachte, hat sich die idealistische Begeisterung unseres Volkes für seine ethnographischen Eigenthümlich- keiten sehr gemäßigt; unsere Anschauungen sind etwas praktischer, etwas nüchterner, etwas objectiver geworden; wir würden uns freuen, wenn wir eine ganze Menge Schwächen und Mängel dieser ethno graphischen Nationalität loswerden könnten. Dagegen aber haben wir jetzt das Selbstgefühl einer politischen Nationalität gewonnen, und zwar mit einer so reißenden Schnelligkeit und in solcher Stärke, daß es den Nationalstolz unserer jüngeren Generation schon heute nur noch wie eine Gänsehaut überläust, wenn sie von jener Heine'schen Blasphemie gegen das damalige oberste und einzige Organ unserer politischen Nationalität hört. Diese Verschiedenheit der Anschauungen kommt im vorliegenden Falle mehrfach zur Geltung. Wenn z. B. von „dem Deutschen im Auslande" die Rede ist, so denkt Herr I)r. Kapp dabei an diejenigen Landsleute, welche er im Auslande zu beobachten und kennen zu lernen in besonderem Maße Gelegenheit hatte. Der Ausdruck bedeutet für ihn höchstens den Inbegriff aller ethnographischen Eigenthüm- lichkeiten des specifisch deutschen Wesens; für die jüngere Generation aber bezeichnet er eben speciell den Deutschen als Angehörigen und Vertreter unserer politischen Nationalität. Hierdurch werden Miß verständnisse über die nothwendigsten Grundlagen des Einverständnisses veranlaßt, und Streit über die unbestreitbarsten Thatsachen wird in Permanenz erhalten. So über die Frage, ob der Deutsche im Auslande geachtet ist oder nicht? Er ist es unstreitig und unbestritten im Sinne der älteren Generation*), aber er ist es nicht im Sinne des kommenden Ge- «) Vergl. hierzu vr. Kapps Referat in den „Verhandl. des 19. Congresses" xmA. 134 und das Zugeständniß dieser Auffassung durch Herrn vr. Avs-Lallement auf dem handelsgeographischen Congresse; vergl. den „Bericht über die Verhandlungen des 1. Congresses für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im