Erwerbungs- und Entwickelungsgeschichte, Landes- und Volkskunde und wirtschaftliche Bedeutung unserer Schutzgebiete; mit 8 Tafeln, 31 Abbildungen im Text und 6 Karten
Einleitu n o'. o Seit der Begründung des neuen Deutschen Reiches hat kein poli tisches Ereignis innerhalb und ausserhalb der Grenzen unseres Vater landes solches Aufsehen erregt als die Erwerbung deutscher Kolonien. Was die einen lange wünschten und erstrebten, die andern zaudernd und vorsichtig erwogen und die dritten entschieden bekämpften, das war durch die Besitznahme Angra Pequenas endlich zur Thatsache geworden, und rasch folgten dem ersten kühnen Schritte die Flaggen- hissungen in Togo und Kamerun, in Deutsch-Ostafrika und in der Südsee. Es war auch höchste Zeit, dass Deutschland zugriff. Denn allerwärts waren die Kolonialmächte thätig, die Welt unter sich zu ver teilen; und es gab nicht mehr viele Gebiete, die sogenanntes No Man’s Land oder herrenloses Land zur Besitzergreifung darboten. Schon oft ist die Frage aufgeworfen worden, warum gerade die Deutschen, die seit alters als tüchtige Kolonisten bekannt sind, erst so spät dem Beispiel ihrer europäischen Nachbarn folgten und in die Reihe der Kolonialstaaten eintraten. Die Antwort auf diese Frage giebt die politische Vergangenheit unseres zersplitterten und ohnmächtigen Vaterlandes, die eine selbständige überseeische Politik unmöglich machte und uns in auswärtigen Angelegenheiten zu einem willenlosen Spielball der europäischen Seemächte herabwürdigte. Ein 1848 erschienenes Spottgedicht, das in nicht misszuverstehender Weise das Ansehen geis- selt, das Deutschland damals genoss, lautet folgendermassen: Schiffbruch hat das Schiff gelitten; Vier entkamen nur dem Tod, Die der mächt’ge Herr der Wüste Vor den Herrscherthron entbot. Als er fragte, wer sie seien, Trat der Erste zu ihm hin: „Kannst Du, Herr der Wüste, zweifeln, Dass ich ein Franzose bin?“ Deutschlands Kolonien. 1