Geologie und Chemie. 393 Das Alles könnte an sich kein Vorwurf für den verdienst vollen Chemiker und Physiker sein. Niemand kann verlangen oder erwarten, dass ein Mann, der so umfangreiche, wichtige und mühsame Untersuchungen im Laboratorium ausführt, zu gleich den Bau der Erdkruste sorgfältig beobachte, und Alles lese was darüber geschrieben wird, wie man auch von keinem beobachtenden Geologen verlangen kann, dass er zugleich ein trefflicher Chemiker sei, und allen Fortschritten dieser umfang reichen Wissenschaft gewissenhaft folge. Bischof hat sogar, was das Lesen geologischer Werke betrifft, eine staunenswerte Thätigkeit entwickelt; wie der Erfolg zeigt, war es ihm aber doch nicht möglich, eine klare Uebersicht von den Fortschritten in der Untersuchung und Deutung des Erdbaues zu gewinnen oder zu behalten. Unter’ diesem Einfluss bekämpfte er, wie gesagt, zuweilen Ansichten, die wohl kaum noch von einem Geologen gehegt werden, und stellte manche Hypothesen auf, die allen Lagerungsverhältnissen widersprechen, oder doch die selben gänzlich unberücksichtigt lassen. Die chemischen Unter suchungen Bischofs würden wahrscheinlich alle Geologen mit Dank und grösster Anerkennung aufgenommen haben, wären sie nicht zu oft mit Behauptungen und Folgerungen versetzt gewesen, welche allen Beobachtungen widersprechen. Der Wissenschaft wird indessen hierdurch kein Nachtheil entstehen; für sie kann der Kampf der Einzelnen nur zum Vortheil gereichen, indem er die Ansichten läutert und zu neuen Forschungen anregt. Von Bischofs wichtigen Unter suchungen sind im Laufe der Zeit bereits zahlreiche Resultate dankbar aufgenommen worden; sie haben ihren berechtigten Einfluss geübt und manche alte Ansicht berichtigt, wer aber hieraus einen plötzlichen Umsturz der Wissenschaft erwartete, der dürfte sich einer grossen Täuschung hingegeben haben. Wenn so kühn hervortretende Hypothesen das grosse Publicum bestechen, und wenn sie eine Anzahl unberufener Propheten hervorrufen, welche die neue Lehre — noch durch eigene Zusätze entstellt — dem Volke bereits als unumstössliche Wahrheit predigen, so wird das nur eine vorübergehende Er-