Geologie und Philosophie. 375 Schöpfungen oder nur ein anfängliches Wunder annehme, so würde das eine irrige Auffassung sein. Der Unterschied ist sehr gross. * Wer bei Deutung der Natur an übernatürliche Weisheit, an willkürliche Schöpfung appellirt, der verzichtet damit im Voraus auf die Nothwendigkeit einer natürlichen Erklärung, — denn diese Mächte sind für ihn bereit, jeden schwierig lösbaren Knoten zu durchhauen, und consequenter Weise ist jede For schung über den naturgesetzlichen Zusammenhang der Welt über flüssig, wenn man die Totalität derselben von vornherein als den Ausfluss eines höheren, keinem Gesetz unterworfenen Willens be trachtet. Ein Wunder im gewöhnlichen Sinne erkennt daher der Naturforscher als solcher überhaupt nicht an, auch nicht ein erstes, sondern nur die Beschränktheit seiner Forschuugs- kraft. Es bleibt ihm stets etwas Unbekanntes, Unbegriffenes — aber darum nicht Unbestimmtes und Unbegreifbares — im Hintergründe, welches er weiter und weiter zurückzuschieben sucht, wenn auch ohne die Hoffnung, es jemals ganz beseiti gen zu können. Ungelöste Fragen giebt es noch überall. Wir müssen uns an den gelösten erfreuen, und an den zu lösenden üben. Beobachtung und Schlussfolgerung dringen stets nur zu einer gewissen Tiefe in die Probleme ein, nie zum Kern, d. h. es bleiben allemal noch Fragen zurück, oder vielmehr es eröff nen sich neue. Wir erkennen z. B. dass 2 oder 3, oder mehr Dinge sich gegenseitig bedingen, in bestimmter naturgesetz licher Beziehung zu einander stehen; wir möchten das aber für alle erkennen, da sie nothwendig alle innig mit einander verbunden sein müssen; denn Gesetzmässigkeit und Erkenn barkeit aller Naturvorgänge muss dem Naturforscher stets Richtschnur bleiben. Durch jene Schwierigkeiten und durch die stets nur schritt weise, nie vollständige Lösbarkeit der Aufgaben wird aber gerade dem Studium der Natur ein ewiger Reiz verliehen. Dieser wäre entschwunden mit der Lösung aller Probleme; die Wissenschaft würde dann lediglich eine Aufgabe des Gedächt nisses sein, nicht zugleich eine Uebung des Verstandes und