Geologie und Philosophie. 361 bei aller Naturforschung die Induction der Deduction vorausgehen muss — d. h. wir müssen von der Untersuchung des Einzelnen zu der Auffassung des Allgemeinen übergehen, erst das Einzelne kennen, ehe wir es logisch zu einer Gesammt- heit vereinigen, oder unter allgemeine Begriffe bringen können. So muss das Princip lauten. In Wirklichkeit und ganz streng genommen, ist das aber nicht durchführbar und auch nicht nöthig. Wir beobachten von unserer Kindheit an, und com- biniren diese Beobachtungen; dieses und der Unterricht den wir empfangen, erweckt in uns bereits allgemeine Begriffe oder auch Vorurtheile. Diese bringen wir zu jeder selbstständigen wissenschaftlichen Beobachtung bereits mit, und es ist unver meidlich, dass sie bei Untersuchung der einzelnen Thatsachen eine Rolle spielen; sie sind es sogar, welche vorzugsweise die Fragen für die Untersuchung anregen und die Wege dafür zeigen. Streng genommen ist also für uns weder der rein deductive, noch der rein inductive Weg der Forschung aus führbar; ohne alle Kenntniss der einzelnen Dinge ist keine Deduction möglich, und ohne irgendwelche allgemeine Begriffe wird der inductive Weg zum Umweg. Die Kenntnisse der Menschen überhaupt können sich allerdings nur vom Einzelnen zum Allgemeinen emporgearbeitet haben, da weder wir als Kinder, noch die ersten Menschen, allgemeine Begriffe mit in die Welt brachten. Es handelt sich hier aber nicht um ein Extrem jener Methoden oder ihrer Anwendung, sondern um das Vorherrschen in der Praxis, und da kann allerdings für den Naturforscher nur der inductive Weg der rechte sein, während der deductive weit mehr der Selbsttäuschung unter worfen ist, und im Extrem zum a prioristischen Denken Uber Reales führt, welches in den exacten Wissenschaften ganz un zulässig ist. Hypothesen sind Versuche zur provisorischen Erklärung der Gesetzmässigkeit noch unerkannter Erscheinungen; sie sind auf Grund bereits erkannter Wahrheiten nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit zu formuliren, um dann durch die Forschung bestätigt oder widerlegt zu werden.