860 Geologie und Philosophie. gesehen, das Gebiet des sinnlich Wahrnehmbaren zu über schreiten, und getrennte A t o m e anzunehmen, aus denen alle Körper zusammengesetzt sind. Die Physiker und die Chemiker geben zu, dass diese Atome weder sichtbar noch greifbar, noch überhaupt durch die Sinne wahrnehmbar sind und sein können, aber sie bedürfen ihrer Annahme, um gewisse Erscheinungen zu erklären, und diese stimmen mit derselben in allen be kannten Fällen vollkommen überein. Merkwürdiger Weise findet Nichts aus dem Gebiete der Naturforschung bei den meisten Philosophen mehr Widerspruch, als gerade diese An nahme, die gewissermaassen in das Gebiet der Metaphysik eingreift. Die Naturforscher würden ihre Atome gewiss aufgeben, wenn man ihnen einen Weg zeigte, die Erscheinungen auf eine andere, mehr realistische Weise befriedigend zu erklären. Die Atomenlehre ist bei ihnen nicht eine a prioristische Annahme, wie bei Leukipp, Demokrit oder Epikur, sondern eine Folgerung aus Beobachtungen, oder ein Hülfsmittel zu deren Erklärung. Sie können die aus Atomen zusammengesetzten Moleküle preisgeben; sie brauchen sich nicht um die ideale Theilbarkeit oder Untheilbarkeit der Atome zu kümmern, da hierfür jeder Nachweis unmöglich ist; sie würden vielleicht auch nicht zu verlangen brauchen, dass der Raum zwischen den Atomen absolut leer sei, wenn man eine Materie zwischen ihnen annehmen darf, welche sich gegen Licht, Wärme u. s. w. wie der leere Raum verhält. Die Mehrzahl der Philosophen verlangt aber eine vollständige Continuität der Substanz, welche die Physiker zunächst nicht zugeben können. Es scheint fast, dass einige Philosophen darum gerade diese Annahme der Naturforscher angreifen, weil sie die Ergebnisse der Forschung nicht bestreiten können. G. F. Fechner hat in seiner Ato menlehre dieses Verhältniss zu den Philosophen trefflich aus einandergesetzt, obwohl er selbst Philosoph ist. Er ist aber zugleich auch gründlicher Physiker, eine Vereinigung die ziem lich selten gefunden wird. Frhr. v. L i e b i g hat in einem Vortrag (Münchener Akad. d. Wissensch. 28. März 1865) sehr anschaulich gezeigt, dass