236 Die Geologie und Darwin. Theile der damaligen Thierwelt, z. B. die Abdrücke von Vogel federn, ja selbst das überaus zarte Geäder von Libellen- und Schmetterlingsflügeln,‘meist in wunderbarer Deutlichkeit und Schönheit zu überliefern. Dort werden von den aufmerksamen Arbeitern der Stein- brttche noch immer von Zeit zu Zeit neue paläontologische Fünde von Wichtigkeit gemacht, welche uns immer wieder neue Uebergangsformen nicht nur zwischen Familien und Gat tungen, sondern mitunter selbst zwischen Ordnungen und Classen der jetzigen Thierwelt verrathen. In diesen Kalkschiefern wurden bekanntlich schon vor einem halben Jahrhundert die ersten Skeletabdrücke jener nach Humboldt’s Ausdruck „scheusslich wunderbaren“ Ptero- dactylen gefunden, deren pneumatische Flügelknochen einer seits an die Vogelflügel, andererseits an den Flügelbau der Fledermäuse erinnern, während ihr übriges Knochengerüste auch wieder viel Eigenthümliches darbietet. Cuvier, der die noch wichtigere Entdeckung des Archaeopteryx nicht erlebte, erklärte das geflügelte Reptil von Solnhofen, dem er den Namen Pterodactylus longirostris gab, für das „merkwürdigste aller vorweltlichen Wesen“. Die Sippe der Pteropoden, auch Pterosaurier, d. h. Flug echsen genannt, zu welcher ausser der Gattung Pterodactylus auch die mit ihr nächst verwandten Gattungen Rhamphorynchus und Omithopterus gehören, bilden unter den vorweltlichen Wirbelthieren eine so interessante und für die grosse Streit frage der Entwicklungstheorie so wichtige Gruppe, dass uns hier einige eingehende Bemerkungen über dieselbe schon dess- halb gestattet sein mögen, weil die Ansichten der Fachmänner darüber sehr abweichender Art waren, und diese Meinungs- differenzen bis zur Gegenwart fortdauern. Der anatomische Bau dieser räthselhaften Thiergruppe stellte den Scharfblick der erfahrensten Zoologen und ver gleichenden Anatomen in der That auf eine harte Probe. Die verschiedensten Meinungen sind hierüber aufgestellt, und jede derselben ist mit guten Gründen vertheidigt worden.