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al- sie auf gute- Glück des Vertrauens fortzustellen. Die Stadt wird immer umfangreicher; die Zeit ist vorüber, wo man mit leisem Entsetzen die Anbauprojecte aufnahm und die Vergrößerung der Stadt für ein Unglück hielt. Dabei würde die centrale Ver- waltung eines MarstallS ganz unpraktisch sein. Dagegen wohnen in allen Stadttheilen Fuhrwerk treibende Bürger, welche schnell zur Hand sein können und gewiß auch sein werden, wenn eS sich um schnelle Arbeit handelt. Wir können, was nun die einzelnen Vorzüge anlangt, welche der Stadtrath dem Marstalle nachrühmt, gern zugestehen, daß die Straßenreinigung, so weit sie durch den Marstall besorgt wird, Lob verdient. Allein, daß Andere nicht dasselbe leisten könn ten, würde eine Behauptung sein, welche nur dann sich recht- fertigen ließe, wenn die Verträge, welche die Verwaltungsbehörde mit Anderen darüber zu schließen hat, schlecht, oder da- Verfahren derselben refp. ihrer Beamten gegen Eontraventionen lax wären. Unerläßliche strenge Anwendung der Strafen und Bedingungen, welchen sich die Unternehmer der Straßenschmuzabfuhre zu unter werfen haben, würde schon nach kurzer Zeit für die Unternehmer eine fühlbare und wirksame Lehre gegen jede Wiederholung einer Contravention sein und bald zu einer Promptheit und Sicherheit führen, welche von der jetzigen Expedirung nicht übertroffen werden kann. Die Objette der Straßenreinigung werdm jetzt auf einen Hof zusammengefahren und auf einen Haufen abgeladen. Hier sind sie von der Witterung angewiesen, ihr Volumen zu mindern; dann werden sie und wie eS scheint noch dazu ohne öffentliche Concurrenz verkauft, wieder aufgeladen und mitunter über die Stellen wieder hinweg, von denen sie einstmals gesammelt wurden, zur Stadt hinaus geschafft, um an ihrem Ziele, als landwirth- schaftlicheS Düngunqsmittel auf einem Felde zusammengehäuft und auseinander gefahren zu werden, endlich anzulangen — Der Landwirth, der den Straßenkoth einschließlich Kehrichts von den Straßen aufladet, wird schwerlich Theile desselben liegen lassen, denn sie nützen ihm; das Düngungsmittel, das er einmal ge wählt, ist für ihn ein so werthvoller Artikel, daß er ihn nicht liederlich zurücklassen wird. Allerdings kommt der Fall vor, daß nachdem die festgesetzte Zeit des Abholens des Kehrichts vorüber ist, Hausbesitzer den Unrath noch auf die Straße bringen. Sie erleiden dafür ihre Strafe und die Ueberlassung vielleicht nur eines Theiles der Strafe reichte schon aus, um die Schleunigkeit und Promptheit des nachträglichen Fortschaffens durch den Mar stall zu einer von den hiesigen Fuhrwerk treibenden Bürgern nicht unerreichbaren Aufgabe zu machen. Der Rath kann sich dabei nicht einmal auf das jetzige Verhältniß berufen, denn dabei giebt es Klagen nicht bloS über zu späte- Ausschütten des Kehrichts, sondern auch über das Nichteinhalten der regelmäßigen Abfuhrzeit durch die vom Marstall zugelassenen Hülfsgeschirre zweier hiesigen Oekonomien. Die erwähnte große Schnelligkeit der Wasserfaßkärrner bei Feuersgefahr, das Erscheinen in dem ersten Augenblicke de- Feuers kann, wenn das Feuer vom Marstall entfernt ist, nicht so groß sein, als die Schnelligkeit de^ Fuhrwerk treibenden Bürger, welche in der größeren Nähe de- entstehenden Feuers wohnen, durch die Klingel der im Voraus instruirten Nachtwächter geweckt, schnell ihren Pferden Geschirre aufwerfen und mit ihnen vor den Sturm fässern auf den Schauplatz eilen. Die centrale Verwaltung des MarstallS ist gerade ein Hinderniß der guten Erreichung der da mit verbundenen Zwecke; sie muß je mehr decentralisirt wer en, je größer und weiter die Stadt wird, und läßt sie sich gleichwohl mit Vortheil nur von einem Centralpuncte leiten und erhalten, so ist die- der stärkste Grund für die Aufhebung des ganzen Institut-. Der Rath hat uns eine Reihe von anderen Gattungen der Arbeiten aufgeführt, welche der Marstall verrichtet; daß ein In dustriezweig mit (unsers Wissens) 28 Pferden eine große Anzahl von Arbeiten verrichten kann und muß, wird von den Stadtver ordneten nicht bezweifelt werden, welche nie behauptet haben, daß der Marstall nur zur Abfuhre des Straßenunrathes und zur Löschung de- Feuers diene. Denn gerade ein guter Theil der Arbeiten, welche der Rath in seinem Communicate als nothwendige Aufgaben des MarstallS hingestellt hat, werden von diesem, wie der Rath selbst sagt, nicht einmal mehr ausschließlich ver richtet, sondern durch Privatgeschirre und zwar mit voller Zu stimmung und zur Befriedigung der Stadwerordneten, so z. B bei der mit aufgeführten Abfuhre der Hölzer auS den Waldungen, Anfuhre von Material zum Chausseepflafter rc. Daraus aber, daß der Marstall diese Arbeiten verrichten läßt, folgt nicht, daß Andere bei unmittelbarer Verdingung dieselben zu verrichten nicht auch im Stande seien, und was Schnelligkeit und Promptheit anlangt, so wäre eS traurig, wenn in der Welt diese Eigenschaften nur einem Marstalle eigenthümliche Kunststücke wären. Für Geld, so lehrt der Lauf menschlicher Dinge deutlich, ist dies zu erlangen und bei Concurrenz jedenfalls billiger als bei einer städti schen Verwaltung. Daß, wie der Rath anführt, Unregelmäßig keiten in der Ausführung bei Verdingung der Fuhren vorgekommen find, beweist micht, daß sie stets oder der Regel nach Vorkommen; die Regel aber ist maßgebend und sollten denn mitunter nicht 3635 auch einmal rücksichtlich der RathsmarstallarbeitsauSführung Un regelmäßigkeiten vorgekommen sein, wonach in gleicher Weise zu folgern wäre, daß um dieser Ausnahme willen der Marstall nicht mehr bestehen bleiben dürfe t Solche Ausnahmen sind aber ge. wöhnlich nur Folgen de- Mangel- an Vorsicht bei Feststellung der Bedingungen der Vergebung der Arbeit. Der Rath denkt freilich dabei an einen durch Processe zu erlangenden Zwang zur ContractSerfüllung. Käme der Rath in diese Lage, so würde er sich da- Aeugniß ausftellen, daß er ohne Vor- und Umsicht gehandelt habe. Er muß so vorsichtig bei der Verdingung sein, daß es eben gar nicht zu Processen kommen kann, sich z. B. durch Aurückhalten eines relativ ansehnlichen Theiles des VerdingunqspreiseS bis zur Erfüllung, oder, in-, besondere bei größeren Arbeiten, durch Cautionen u s. w. sichern. Was den Eisenbahnen gegenüber den Privatunternehmern mög. lich ist, wird in noch viel kleineren Verhältnissen, wie denen der Stadt, wohl ebenfalls gelingen. Der Kaufmann ist dort es vor. züglich, welcher die Verwaltung lenkt; dieser weiß zu rechnen, und wir zweifeln nicht, daß er längst stattliche Marställe mit Be. köstigung seiner Beamten und Dienstleute darin, mit Selbst, beschaffung der Brödung, des Fleisches, der Gemüse, der Pferde fütterung u. s. w. eingerichtet haben würde, wenn nur Vortheil davon zu gewinnen wäre. Obschon die finanzielle Seite dem Ausschüsse eine untergeord. nete Seite ist, so spricht derselbe sich doch auch in dieser Hinsicht entschieden gegen Beibehaltung des MarstallS aus. Gefitzt, es würfe der Marstall einen Gewinn ab, so ist dieser doch so unbe deutend, daß um seinetwillen die städtische Verwaltung mit einer solchen Gewerbsbranche zu belasten der Gewinn nicht genügt. Man läßt es sich höchstens gefallen, daß die städtische Verwaltung Gewerbtreibender werde, wenn von dem zu übernehmenden Be triebe ein ganz ansehnlicher Gewinn offenbar der Stadt zufällt; um eines kleinen Gewinnes halber aber ein große- Geschäft betreiben zu wollen, würde ein nicht zu verantwortender Mißbrauch der Kräfte der städtischen Verwaltung sein. Allein der Ausschuß ist auch überzeugt, daß der Marstall nicht nur nicht Gewinn bringend ist, sondern mit Verlust arbeitet. Er braucht nur darauf hinzuweisen, daß der Marstall ein hoch- verwerthbares Gebäude jetzt inne hat, abgesehen von ven Lokali täten, welche er nebenbei zum Heu- und Strohaufbewahren braucht und daß, wenn er in das Becker'sche Grundstück verlegt werden sollte, das Verhältniß für ihn sich nicht viel günstiger gestalten würde, da hier Neubauten aufzuführen sein würden und das Areal in Folge der projectirten Durchführung der Straße nach dem bayerischen Bahnhofe zu höherem Werthe gelangen wird. Er schien der Versammlung das Areal dortiger Gegend schon zu werthvoll für einen Rest des Bauhofs, so wird sie es noch viel mehr für zu gut halten, als um einen Marstall darauf einzu richten. Denn liegen zunächst vielleicht auch nur Reparaturen und kleine Bauten vor, womit schon wegen Niederreißung einzelner Theile des Becker'schen Grundstücks nicht mehr auszukommen sein wird, so ist doch leicht vorauszusehen, daß damit für die Beamten, welche Wohnung erfordern, 28 Pferde und eine große Anzahl Knechte, dabei einen starken Jnventarlenapparat, welcher einen Schutz gegen Witterungseindrücke verlangt, nicht auszukommen ist und der Bedarf an Gebäuden ein steigender sein wird. Jährliche Reparaturkoften bleiben nicht aus. Es ist daher sogar fraglich, ob da- Beibehalten der jetzigen Gebäude nicht finanziell vortdeil- hafter ist al- Neubau eines MarstallS an anderer Stelle; daher wird immer ein starker Zuschlag an MiethzinS zu den Kosten des MarstallS zu rechnen sein. Der Rath selbst giebt einen Rein ertrag--Betrag von 956 Thlr. an; diese Summe entspricht aber an und für sich schon nicht dem Miethwerth, welchen die er wähnten vom Marstall benutzten ansehnlichen Localitäten haben; allein schon ein Blick auf die Veranschlagung der Wiesen, welche der Marstall benutzt, vernichtet diese Ertragsrcchnung. 57 Acker 62 lURuthen Wiesen, gute Wiesen, geben, wenn sie frei ver pachtet werden, ein Pachtgeld von ca. 855 Thlr. nach 15 Thlr. pr. Acker; veranschlagt sind sie mit nur 452 Thlr. und hierdurch mindert sich jener angenommene Ueberschuß auf ca. 188 Thlr., dazu aber sind nach Anschlag des Rathes für Bearbeitung und Reinigung der Wiesen 212 Thlr. 11 Ngr. 2 Pf. an Aufwand zu rechnen. Wenn man behaupten hört, daß der Marstall ergiebig sei, so möchte man fragen, wie eS komme, daß die Bahnfuhrwerk treibenden hiesiger Stadt, deren Geschäft im Allgemeinen doch ganz anders aus dem Zeuge geht als das de- MarstallS, sich in keines wegs glänzenden Verhältnissen befinden, sondern nur knapp den Unterhalt für sich und ihre Leute verdienen? Der Ausschuß bezweifelt nicht, daß, wie der Rath anführt, es noch einige Städte giebt- wie Dresden, BreSlau, wo gleiche Institute bestehen, allein dies kann ihn ebensowenig abhalten, sich gegen da- Fortbestehen deS Leipziger MarstallS auSzusprechen, alS die Erfahrung, daß es noch Städte giebt, welche marktrecht liche oder Consumtibilien-Abgaben erheben und auf die Weisheit dieser Steuer mit Vergnügen Hinblicken, den Finanzausschuß ab-