Volltext Seite (XML)
1 Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. IV? 2/M Sonntaa den 28. Auqust. Bekanntmachung, die AuSloofuna von Schuldscheinen der unverzinslichen Anleihe znm Neubau des hiesigen Armenhauses betreffend. In Gemäßheit de- TilgungSplaneS für obgedachte Anleihe von 2LVV0 Thlr. sind von den am I. August >8LS aus gestellten lvv Schuldscheinen L 2LV Thlr. alljährlich wenigstens 8 Stück --- 2V0V Thlr. zur öffentlichen Berloosung zu bringen und zu Michaelis zurückzuzahlen. Die diesjährige AuSleosung von 8 Stück soll am I. September L8LS Vormittags V Uhr auf der Expedition der Armenanstalt im Gewandhaufe, UniversitatSstraße L Treppe hoch, öffentlich erfolgen und werden damach die gezogenen Nummern veröffentlicht iperden. - Leipzig, am 24. August 18LV. Das Armendtreetorium. Äus einem Tagebuch, geführt auf einer Reise nach New-Aork von Rosalie Falk. (Schluß aus Rr. 2Z7.) Der arme Einwanderer muß erst die Feuertaufe der Roth er halten, ehr er dahin kommt, auf seinem Leben-schMein alle Segel beizusetz», um da- ihm vorschwebende Ziel seiner Wünsch« zu er reichen. In Amerika heißt r- wie in Schiller- Reiterlied: Es tritt kein Andrer für ihn ein. Auf sich selber steht er so ganz allein! Er muß Amerikaner werden, wenn er nicht untergehen will, da< heißt zunächst: sich keiner Arbeit schälmen. Die-geschieht ge wöhnlich erst dann, wenn da- letzte deutsche Geld fort ist, und wenn ihn der deutsche Wirth , bei dem er ringekehrt ist, vor die Thür gewiesen hat, weil er zahlungsunfähig ist. E< gkebt wohl ArbeitSnachweisedureaux, wo man dem neuen Ankömmling gegen einen Dollar Einschreibegebühr eine paffende Stelle zu verschaffen verspricht, aber wie selten glückt da<! Er wird von PontiuS zu PilatuS geschickt, und dankt am End« noch Gott, wenn ihn irgend ein Farmer in der Umaegend für die bloße Kost ohne Lohn in seine Dienste nimmt. Wie oft verirrt sich nicht der arme Deutsche in der ungeheuer» Stadt, deren Straßen nnmerlrt sind, und zwar so, daß e< eine erste, zweite, dritte Straß« «. s. w. nach Osten (oaei) und eine erste, zweite, dritte Straß« u. s. w. nach Westen ("o,1) giedt. Man muß also beim Er kundigen nach einer Straße in New-Port sehr genau ausmerken, ob der Zusatz eaet oder "«»1 folgt. Gewöhnlich sind die-, nebst den Zahlen, die ersten englische» Worte, die der Einwanderer, so bald er den amerikanischen Bodm betritt, oft mit Schaden erlernt. Auf seinen Kreuz- und Querwegen durch die Stadt kann e< nicht auSdleiben, daß er sich nicht oft von einem Vorübergehenden zurecht weise« lassen müßt«, und wohl ihm, wenn er das Glück hat, sich sogleich an einen xvntlewLn »u wenden! Dieser wird ihm freundlich und verständig den kürzesten Weg angeden, wenn der Deutsche »ur wenigsten- die Nummern der Straßen und Häuser, die er sucht, auf englisch benennen kann » fällt er aber dm Ecken stehern, Herumtreibern (loakore), Negerknaben in die Hände, so muß er die Zurechtweisung gewöhnlich theuer bezahlen. Diese Burschen sehm e- dem Manne, der an allen Straßen ecken stehen bleibt und die Straßeunummern studirt, sogleich an, daß er rin grsvndorn (Grünhvm) ist, wie Zer Kunstau-druck für einen Kremdlina in der neue« Welt lautet, und erblicken in ihm ein gute- Stück Wild, auf da- man Jagd machen muß. Einem deutschen -and-mann, au- dessen Munde ich die Thalsache selbst erzählen hörte, begegnete e- kurz nach seiner Ankunft ln New-York, daß, al- er sich tu gebrochenem Englisch nach dem Weg erkun digte, ein anständig aekleideter junger Mensch sich ihm al-Führe, anbot und itza auch bis zu einem bestimmte» Ort begleitete. Da selbst angekommm, verlangt b« Amerikaner ein kleine- Trinkgeld für seine Mühe. Drr ehrlich« Deutsche holt sein Portemonnaie herau-, worin sieben Dollar-, öffnet e- und sucht nach etwa kleiner Münze — der andere aber reißt e- ibm mit einem kühnen Griff au- der Hand — und wea ist er! Mein armer Deutscher ruft die Vorübergehenden um Hülfe an, aber ehe e- ihm gelingt sich verständlich zu machen, ist der Dieb über alle B-rge. Hat etwa der deutsch« Einwanderer eine Uhr in der Tasche und der loaker bemerkt e-, so tritt er ihn an und fragt ihn höflich: "bat time is it? auf deutsch: wie viel Uhr ist SG? Da- geschieht aber nur in der Hoffnung, daß jener seine Uh» herausziehm soll — ist er -ulmüchig oder dumm genug e- zu thun, so hat er sie auch zu» Ntztenmal gesehen, der loeckor hat st« ihm, ehe er sich dessen »-sieht, ans de, Hand geskffen. Meist sind jene Herumtreiber juUg« Burschen, die ihren Mmhwillen asi den deutschen Einwan derern kühlen. Ich sage absichtlich: deutschen, denn ich glaube keine Nation der Erde kommt an Plumpheit der Manieren dem deutsch» Bauer gleich und daran ist er sogleich kenntlich. Er mag an tüchtiger Gesinnung dem Italiener, Franzosen, Irländer, Engländer überlegen sein, aber dir äußere Politur haben letztere vor ihm vorau-. Den Frauen sieht man eS an ihrer gebückten Haltung an, daß sie gleichsam noch immer einen unsichtbaren kagkorb mit Kartoffeln auf dem Rücken haben. Wenn auch der kurze Rock gegen rin lange- Kattunkleid vertauscht ward, damit ihnen die Gassenbuben Nrw-Pork- nicht nachlaufen, so ist doch damit noch nicht viel gewonnen, denn sie schreiten in ihren neuen Kleidern wie die verkleideten Männer einher, zum Entsetzen ihrer schon in Amerika ansässigen Land-leute, zur größten Belustigung der Amerikaner. Am Tollsten aber sieht e- au-, wenn die son nengebräunten Gesichter der Bauerftauen im herkömmlichen mo dernen, mit Rosen geschmückten Strohhut erscheinen, denn auch dieser muß angeschafft werden um die Dame fertig zu machen. Diese so hergestellten Damen durchziehen nun mit ihren Lands leuten truppweise die Straßen New-Porks. Sonnenverbrannt ka men sie schon au- ihrer Heimath auf da- Schiff; die Seereise hat auch da- Ihre deigetragen, die dunkeln Tinten auf den Ange sichtern noch dunkler zu machen — kurz, wenn man diese Leute gesehen hat, so kann man sich den Ausdruck der gemeinen Ameri kaner erklären, die unsere Land-leute äuled vexroee, dotsch Nigaer-, d. h. deutsche Neger nennen. Die Bewohner von New-Pork über setz» nämlich da- Wort äuted, wa- eigentlich so viel al-: hollän disch bedeutet, durch deutsch. Da- kommt daher, daß die ersten Ansiedler in New-Pork Holländer waren. Noch eine kleine wahre Anekdote kann ich nicht unterlassen hier aufzuzeichnen; ich habe sie au- dem Munde eine- Deutsch», der sie selbst erlebt hat. Ich werde mich bemüh», so viel wie möglich seine eignen Au-drücke zu brauch». Go eb» vom Schiff ge kommen, geht er ln «in» Bäckerlad» und kaust sich beide Taschen voll Kuchen. Ein StÜcker sechs Negerbuden haben da- bemerkt, ihn» »äffe« der Mund danach. Sie treten mit geballten Fäusten vor ihn hin und fordern ibn zum Box» heraus. Sie ms» ihm auf »gkisch zu, da- er die-mal s-gleich versteht, «eil die Pan- t-mime di« Worte begleit«: vom« vv, eowa o», /on äull äutob- man! Komm heran, dummer Deutsch«! Sie umring» ihn