Volltext Seite (XML)
Leipziger Tageblatt Md '.s Anzeiger. ^L- ^ ISI. Dienstag, den 11 Mai. 1847 Verloofung erzgebirgischer Spitzen. Still und bescheiden, abbr segensreich und nachhaltig hat der hier zusammengetrerene Verein zur Unterstützung des Erz gebirges gewirkt. Er hat das einzig richtige, das einzig wirk lich helfende, das einzig zu einer bessern Zukunft führende Mittel erwählt: den Darbenden Arbeit zu schaffen. Was helfen die Gaben an Geld, Lebensmitteln und Klei dungsstücken? sie stillen das Bedürfniß des Augenblicks, aber sie heben die große Noth der Armen nicht auf. Was hilft das Beschaffen von Samenkartoffeln und Getreide zu billi gen Preisen? Der Arme kann ja nichts, nichts bezahlen. Und schenkt man ibm die Aussaat und erwirkt er das Stück chen Feld, auf dem er dieselbe verwendet für den Dünger, dann hat er für ein Jahr Kartoffeln, wenn sie gedeihen, denn an die Selbsterzeugung von Brodfrucht ist nicht zu denken; aber selbst bei der „allergrößten Genügsamkeit" er, heischt das Leben mehr als Kartoffeln. Was hilft es, wenn das Getreide auf ein Drittheil des jetzigen Preises herab sinkt? Wer die Mittel nicht hat, dieses Drittel zu bezahlen, der muß doch hungern. Arbeit allein, lohnende Arbeit hebt die Noth auf. Und diese zu verschaffen ist die Aufgabe des Unterstützungs vereins. Durch ein zusammengescboffenes Kapital hat derselbe bereits für mehr als 3000 Thlr. Spitzen bestellt und Hunderte fleißiger Hände beschäftigt. Dadurch daß der Verein und besonders sein derzeitiger Geschäftsführer. Herr Earl Heike, alle nothwendigen Arbeiten uneigennützig ohne jede Entschä digung verrichtet, ist er im Stande einen weit höhern Klöppel lohn, als jetzt im Gebirge üblich, zu gewähren. Und dadurch, daß der Verein aus jeden Gewinn verzichtet, ist er trotz dem höhern Lohne im Stande, der Concurrenz die Spitze zu bieten und dem Käufer die kostbare Waare zu einem so billi gen Preise zu bieten, wie sie bis jetzt noch nicht zu erlan gen war. Es handelt sich also besonders darum/dem Vereine den Verkauf der Waare zu erleichtern, denselben zu fördern. Je mehr er verkauft, um so mehr kann er arbeiten lassen, und seine Mittel vervielfachen sich in demselben Verhältnisse, als er sie öfter umsetzcn kann. Die Ausstellung während der Messe hat den Verkauf wesentlich gefördert und das schöne Erzeugniß eines' fast ersterbenden Kunstfleißes wieder in Auf nahme gebracht. Allein alles hat nicht verkauft werden können, da die Bevölkerung ganzer volkreicher Dörfer (wie Rittersgrün mit fast 3000 Einwohnern) feierte und beschäf tigt wurde. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Regierung dem Vereine eine Verloofung der vorhandenen Maaren gestattet und Loose zu derselben sind bei Hrn. Earl Heike (am Markte, Barthels Hof) A 10 Ngr. zu haben. Möchte diese Verloofung die Theilnahme im reichsten . Maße finden, die der edle Zweck derselben verdient. Diese Theilnahme befördert das Wiederaufblühen eines Industrie zweiges, auf den Sachsen einst stolz war, der fast eine ganze Provinz nährte. Lockend ist die Aussicht auf den von der Verloofung zu hoffenden Gewinn, nicht gerade der kostbaren Spitzen wegen, obgleich dieselben gewiß zu dem schönsten und solidesten Schmucke der Damenwelt gehören, sondern weil das erhebende Bewußtsein gewonnen wird, ein Scherflein dazu beigetragen zu haben, daß Tausende darbender Brüder und Schwestern durch Fleiß und Lhätigkeit einer bessern Zukunft, einem verhältnißmäßigen Wohlstände entgegen geführt werden. Wer möchte sich nicht diesen unzerstör baren innern Schmuck gewinnen! N. 0. Nachrichten aus Sachsen. Im Gebirge sind jetzt an mehreren Orten Speisean- stalten für die ärmeren Elasten eingerichtet, aus denen theils unentgeltlich, theils für geringen Preis nahrhafte Kost verabreicht wird. So bestehen in Alte nberg drei durch Fürsorge der städtischen Behörden etablirte Gemüsespeise- wirthschaften, in deren einer täglich 20 notorisch Arme eine halbe Kanne gekochtes Gemüse unentgeltlich, in den beiden andern aber ebenfalls in jeder täglich 56 Hilfsbedürftige ebensoviel zum halben Preise erhalten. In Neustädte! bei Schneeberg ist eine gleiche Speiseanstalt, aus welcher zeither nur an ganz Arme warme Speisen unentgeltlich verabreicht worden, seit Anfang dieses Monats dahin erweitert worden, daß an jeden dasigen Einwohner warme Speisen, wöchent lich mehrere Male, die Portion zu ^ Dresdner Kanne Ge müse und 4 Loth Fleisch gerechnet, für 0 Pfennige abgelaffen werden. „Da bei dieser Anstalt — sagt der dasi'ge Stadt rath in der diesfallsigen Bekanntmachung — kein Zuschuß erforderlich ist, so ist sie keine eigentliche Unterstützungsanstalt und es kann daher jeder Einwohner, mit dem wir dasjenige, was wir zum größten Theile in wohlfeileren Zeiten einge kauft haben, gern theilen, ohne Bedenken theilnehmen." Im „gemeinnützigen Erzgebir^. Anzeiger" wird das An pflanzen von Kürbissen als einer eben so ergiebigen wie nahr haften Frucht empfohlen, welche mit auf Kraut- und Kar toffelfeldern nebenbei erzeugt werden könne, und bei welcher, selbst wenn sie nichts weiter als ein annehmbares Viehfutter ergeben sollte, Samen und Arbeit fast gar nicht in Anschlag zu bringen sei. Das dermalige Activrentencapital der Landrenten bank beläuft sich auf 10,884,880^ Thlr., wovon jedoch die zu Gunsten der Nentenpflichrigen stipulirten normalmäfiigen Ab züge, welche auf die I. 1843 —1840 375,210Thlr 20Gr. betragen, abgehen, so daß der Effectivwerth jetzt 10,500,075 Thlr. 24 Gr. ist. Die Rentenbriefschuld beträgt jetzt 10,570,000 Thlr., deren Verzinsung alljährlich 350,263/z Thlr. in Anspruch neh men würde, wenn die Schuld selbst unvermindert bliebe. Es kommen aber im laufenden Jahre anderweit 100,000 Thlr. in halbjährlichen Raten zur Abzahlung. Der durch den Zu wachs der abgeworfenen Zinsen sich im progressiven Verhältniß vermehrende Tilgungsfonds war ursprünglich ^ Proc., ist demnach bereits bis nahe an 1 Proc. angewachsen.