Volltext Seite (XML)
arbeiten beendigt unb man ist insoferü bereit- an die Ausführung geschritten, als in den letzten Tagen ein Verhandlungstermin sämmtlicher Betheiligter, um durch Compromiß eine Abkürzung des Verfahrens zu erzielen, Statt gefunden hat, und daß in diesem Augenblicke die Entwürfe des Beitragsverzeichnisses und der Ge- nossenschaftSordnuna zur Prüfung ausliegen. Hieraus ergiebt eS sich, daß bei dieser Abtheilung voraussichtlich von jetzt gar keine, oder doch nur ganz unerhebliche Kosten vorzuschießen sein werden. »Auch die Arbeiten der anderen, hauptsächlich die Elfter und Pleiße betreffenden Abtheilung sind inmittelst so weit vorgeschritten, daß sie ihrem völligen Abschlüsse nahe gerückt sind und daß ins besondere die Auslegung und definitive Feststellung des nunmehr fertigen Planes für die nächste Zeit beabsichtigt wird. Vorzugs weise bei dieser Abtheilung wird noch einiger Kostenvorschuß nolh- wendig werden; wenn aber derselbe der eingezogenen Erkundigung zufolge nur einen geringen Betrag in Anspruch nehmen dürfte, so möchte eS um so weniger zweckmäßig erscheinen, so nahe am Ziele aus Abneigung gegen eine verhältnismäßig nur geringe Steigerung der bisher der Sache gebrachten Opfer das ganze Werk gewissermaßen aufzugeben und auf die so nahe Vollendung zu verzichten. Wir vermögen auch die Ansicht nicht zu theilen, daß mit Rücksicht auf die gegenwärtige Sachlage die bisherigen Vor arbeiten ein Resultat nicht versprächen und nur als schätzbares Material zu betrachten seien. Schon aus dem Vorstehenden er giebt es sich, daß man seit unserer letzten Mittheilung wieder wesentlich vorgeschritten ist und eS steht unzweifelhaft fest, daß, wenn man jetzt von dem Regulirungsplane der Commission in seinem ganzen Umfange abfehen und nur die Ausführung eines beschrankteren Planes, sei eS des von Herrn vr. Heine entworfenen oder desjenigen, dessen Mittheilung wir den Herren Stadtver ordneten in nahe Aussicht gestellt haben, beschließen sollte, für jeden dieser Pläne die commifsarlschen Vorarbeiten die unentbehrlichen Unterlagen gewähren, wie denn der Entwurf des Herrn vr. Heine sich in seinen wichtigsten Theilen auf jene Vorarbeiten gründet. Ebenso unschwer aber dürfte eS auch einleuchten, daß, wenn man jetzt diese Vorarbeiten unterbrechen und deren so nahe Beendigung hmdern wollte, eine etwaige spätere Wiederaufnahme nur erhöhten Zeit- und Kostenaufwand erfordern müßte." Leipzigs Lullurleben im 18. Jahrhundert. (Siebente Vorlesung von Prof. Biedermann.) Warum hat Gellert so großartiges und nachhaltiges Ansehen, einen so außerordentlich weit reichenden und andauernden Einfluß auf Deutschland geübt? Diese Frage, welche sich bei einer Ver gleichung des ästhetischen Werths der Gellertschen Schriften mit dem der weit bedeutenderen Arbeiten von Wieland, Klopstock, Lessing von selbst aufdrängt, ist schon früh aufgeworfen, aber fast nie richtig beantwortet worden. Schon Goethe und Herder ver fielen auf den sonderbaren Ausweg. GellertS Mittelmäßigkeit als den eigentlichen Grund seiner Beliebtheit und seines Einflusses anzunehmen, und GervinuS u. A. baben diese Annahme nicht zurückgewiesen. Allein dabei kann man sich doch nicht beruhigen, denn eS wird damit dem wackern Gellert entschieden Unrecht gethan. Gellert übte einen sehr positiven Einfluß auf seine Zeit genossen, denn er war der Vertreter einer neuen Denk- und Empfindungsweise. Er trat gegen die drei Gebrechen der bis dahin herrschenden Denk- und Empfindungsweise: Unnatur, Unwahrheit und Unselbständigkeit, weit entschiedener auf als es vor ihm (z. B. von Thomasius und der „Moralischen Wochenschrift") geschehen war; er bekämpfte die Unnatur der Moden, der Er ziehung, der gesellschaftlichen Formen, der Literatur rc., die Un wahrheit auch im sittlichen Leben, namentlich die geheuchelte Empfin dung, und endlich die Unselbständigkeit, welche dadurch erzeugt wurde, daß daS Volk an kalte gesellschaftliche Formen, an verknöcherte kirchliche Dogmen, an die Consequenzen der Standesunterschiede, des Kastengeistes rc. gebunden war. Es waren, wie gesagt, schon früher Versuche gemacht worden zur Aufnahme eines Kampfes gegen alle diese Gebrechen, aber bei Gellert zuerst ist die Kruste um daS Herz zerbrochen, er läßt die Menschen nur aus sich heraus empfinden und handelnund zwar nicht, wie die Pietisten gethan, nur nach der religiösen Seite hin, sondern alle Richtungen des Lebens durchdringend. GellertS großes Verdienst ist die Emanci- pation des Menschen, des Menschlichen imMenschen, und daher steht bei ihm „Menschenfreundlichkeit" stets im Vorder grund. Er hielt dabei immer die rechte Mitte, bekämpfte gleich entschieden Muckerei und Freigeistern oder Frivolität, wahrte sich aber in Betreff der Standesunterschiede und Privilegien, die er bekämpfte, eine entschiedene Selbständigkeit und Festigkeit. Den Großen der Erde zu schmeicheln hielt er für ärger als alle Frei geisterei. Die Schriften GellertS waren allerdings nicht bedeutend genug, daß man sie eine literarische That nennen könnte, aber sie waren eine kulturgeschichtliche That. Sie kamen zur rechten Zeit, denn da- Bewußtsein von der Unhaltbarkeit de- veralteten Wesens war bereit- erwacht; in England hatte sich schon eine politische, sittliche und sociale Revolution vollzogen, in Frankreich hatten Voltaire und Diderot namentlich gegen die StaudeSunter- fchiede und für die „Aufklärung" gearbeitet, in Deutschland selbst war durch Friedrich den Großen, Kaiser Joseph und einzelne er leuchtete Fürsten ein neuer Geist gepflegt worden. In Sachsen speciell war die tolle Hofwirthschaft der polnischen Auguste endlich verklungen, der ziemlich ruinine Adel hatte sich auf seine Güter zurückgezogen und suchte sich wieder, so gut eS ging, in die Höhe zu dringen, und so fand GellertS Richtung sehr empfängliche Ge- müther. Der Adel achtete und suchte ihn, de- berüchtigten Grafen Brühl Familie stand zu ihm in innigster Beziehung, die Kurfürsten Christian und Friedrich August III. schätzten den schlichten Stuben gelehrten sehr hoch. So war Alles vorbereitet, seinen Ideen in den weitesten Kreisen Eingang zu verschaffen. Freilich hatte seine Wirksamkeit auch ihre Schattenseiten, doch ist dafür nicht ihm, sondern den Verhältnissen die Schuld beizu messen, die sich nicht ohne Weitereck von einem Einzelnen refor miert lassen. Dem braven Gellert bleibt unter allen Umständen ein hoher Platz in der Literatur-, namentlich aber in der Cultur- geschichte Deutschlands, und sein Andenken wird noch lange hoch geehrt sein. UmS Jahr 1746 waren zufällig eine Menge tüchtiger und strebsamer Kräfte in Leipzig versammelt: die Männer der „Bremer Beiträge": Klopstock, Lessing, Weiße, Kästner, Christ, und auch Gottsched'S Einfluß war noch immer fortwirkend. Klopstock und Lessing wohnten in der Burgstraße in der alten Baderei, später zog Lessing mit Fischer zusammen (doch war dem Stockphilologen Fischer, später Rector der Thomasschule, daS Versemachen Lessing'S ein Gräuel, und er zog von ihm wieder weg, warnte auch später seine Schüler ernsthaft vor dem verderblichen Versemachen, wobei er Lessing als abschreckendes Beispiel aufstellte); endlich wohnte er mit Winkler zusammen in der Großen Feuerkugel. Weiße, der „Kinderfreund", wohnte in dem Eckhaus am Markt und PeterS- straße, Gottsched im Silbernen Bär (Universitätsstraße), Kästner ln der Petersstraße 31. Lessing'S Leben ist zu bekannt, als daß hier ausführlich darauf eingegangen zu werden braucht. ES sei daher nur bemerkt, daß das Leben in Leipzig ganz unverkennbar einen bedeutenden Einfluß auf seine ganze Entwickelung geübt und daß er der Anregung des selben Manches zu danken hatte; auf der andern Seite aber ist auch nicht zu übersehen, daß Lessing wahrscheinlich nicht DaS ge worden wäre, waS er zum Ruhme Deutschland- geworden ist, wenn er in Leipzig geblieben wäre. Ltadttheater. Einem Jeden im Publicum, welcher unserer gegenwärtigen Oper wegen so mancher in den verflossenen Monaten gehörten verunglückten Einzellerstung vielleicht schon gram geworden war, rächen wir die jedenfalls bald erfolgende Reprise der Vorstellung vom 23. Januar ja nicht unbesucht vorüber zu lassen, weil sie endlich ein wirklich erfreuliches, allseitig gelungenes Ensemble bot. Möchte es von nun an immer so sein, wozu in der That Hoffnung vorhanden, da das bisherige Personal der Oper bereit- geändert, resp. completirt zu werden beginnt. Es wurde nach mehrjähriger Ruhe wieder einmal Mozarts ..Zauberflöte" gegeben, und dies in einer Weise, welche den Genuß der himmlischen Musik fast in keinem Moment auch nur .irgendwie erheblich trübte. Im Sarasiro hat zuvörderst Herr Hertzsch eine seiner besten Partieen. Der Eindruck dieser ganzen Erschemm:g war nach Spiel und Vortrag hin ein durchgängig edler und, was die Stimme anlangt, so wurden wir lebhaft an die von einem unserer Freunde seiner Zeit mit Bezug auf den berühmten Wiener Gaßsänger, vr. Schund. gebrauchte Bezeichnung erinnert: es war eine vox suora, wie die alten Römer sagten. Die Rolle der „sternflammenden Königin" gab Frl. Kropp und auch sie verdient gebührende Anerkennung für die im Ganzen wirklich vollendete Technik, mit welcher sie die so höchst schwierige Aufgabe zu bewältigen wußte. Daß sie die Arie im 2. Act nicht völlig im Originalton sang, darf hier weiter nicht in Betracht kommen; welche Sängerin der modernen Bühne thut da- wohl überhaupt? Mit dem Tamino machte der talentvolle junge Anfänger, Herr Schild, seinen zweiten theatralischen Versuch, und nachdem der selbe sehr glücklich ausgefallen, können wir eS mit um so größerer Genugthuung hinnehmen, daß mit genanntem Herrn unsere Direk tion bereits ein, wie wir hören, zweijähriges Engagement abge schlossen hat. Gerade der Tamino liegt dem Organ de- Herrn Schild in jeder Note gerecht. Letzteres entfaltete seinen a^nzen lyrischen Wohllaut, seinen ganzen frischen, echt jugendlichen Klang, und wenn auch die Leistung nach schauspielerischer Seite noch zu wünschen übrig ließ, so war alles Vocale darin doch recht gelungen und ehrte den Schüler, wie den Meister, Herrn Professor Götze. Wir versprechen uns von der weiteren Entwickelung dieses für dergleichen lyrischsentimentale Partieen wohl besonder- befähigten Talentes noch so manche- Schöne. — Die angenehme Erscheinung