Volltext Seite (XML)
Anzeiger- ^ . . l ' . ' : ' '. . l « » . , - . ' » « .. « « / » r. »e» ^'1.7 . s .x» WMlak dt« Sixijl. Ltjilkigeiichls md dk« Rath« da Stadt LkWg. W ZS«. Mittwoch den 21. December. 1864. Bekanntmachung. Dem Zimmergesellen Johann August Große ist in Anerkennung der von ihm bei Rettung eine- Mädchen- vom Tode de- ErtrinkenS bewiesenen Entschlossenheit eine Geldbelohnung bewilligt Leipzig am 14. December 1864. worden, was hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Königliche Kreis - Direktion. v. BurgSdorff. Bekanntmachung, die Hundesteuer betr. Die Entnahme der Marken für Hunde auf da- künftige Jahr ist gegen Erlegung von 3 Thlr. für die Marke, als dem jährlichen Betrage der Steuer, bis Ende dieses Monats zu bewirken, was wir hierdurch mit dem Bemerken in Erinnerung bringen, daß vom 2. Januar k. I. an der Caviller täglich die Straßen begehen und Hunde ohne Marken einfangen wird. Leipzig den 20. December 1864. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Koch. Lamprecht. WeihnachtsbilLrr. Bon ». «chrader. I. Der Witwer. (Fortsetzung.) — Bon ihm, von dem Vetter! rief Häßler. Ich werde sehen, was er mir sendet! Die Magd mußte kommen. — Gleich zur Post, Christine! ES ist halb sieben Uhr, Du er hältst das Packet noch! Christine eilte mit dem Couvert davon. — Will der reiche Mann mich noch schmähen? dachte Häßler. Will er mich, den Betrogenen, verhöhnen? Er nahm den Brief wieder. Es war keine Stadt, kein Datum angegeben. Dieser Umstand war verdächtig. Ohne Zweifel sollte durch die Sendung eine Mystifikation verübt werden. Wäre doch Christine schon wieder da! Und sie blieb aus, die Hartherzige, sie blieb so lange aus. Der Beiter mußte in der Stadt sein, er hatte ja den Kranz auf das Grab gelegt, den Prachtvollen Kranz, der viel Geld kostete und nach einigen Stunden schon dem Verderben anheimgefallen war. Ein bitterer Groll tobte in der Brust des Witwers. Und diesen peinlichen Weihnachtsabend hatte ihm Phi lippine bereitet, die Gattin, an der er mit so inniger Liebe ge hangen. — Ich hätte nie heirathen, hätte meinem Grundsätze treu bleiben sollen! rief er zornig. Das also ist der Lohn für meine innige Liebe, für mein schrankenloses Vertrauen! Philippine, ich will Dir nicht grollen; aber Du hast doch undankbar an mir gehandelt. Hättest Du mir wenigsten- den Glauben an Deine Liebe gelaffen! In diesem Augenblicke kam die Magd zurück. — So lange, Christine? rief der erregte Herr. — Ich konnte nicht gleich Vorkommen, das Gedränge war zu groß... mit Mühe und Noch habe ich dies winzige Päckchen erhalten. Sie legte es auf den Tisch. — Nun gehe, Christine, ich werde Dich rufen, wenn ich Deiner bedarf. Die Magd entfernte sich. Häßler zerschnitt zitternd die schwarze glänzende Leinwand. Ein schwarzes Kästchen von Ebenholz ward sichtbar. Alles trug die Farbe der Trauer. DaS goldene Häkchen ließ sich leicht öffnen. AuS dem schwarzen Sammt lächelte ihm das auf Elfenbein ge malte Portrait feiner Frau entgegen. Es war ein feines, kunst volles Bild. Und Häßler hatte eS nie gesehen! Die zarten rosigen Wangen, das blaue seelenvolle Auae, das üpp ge blonde Haar, der reizende Mund ... Der Witwer stieß einen Schrei aus. — DaS ist zu viel, zu viel! stammelte er. Was soll ich mit dem Bilde, nachdem ich den Brief gefunden? Mir hat Philippine eine einfache Photographie, dem reichen Detter hat sie ein kostbares Gemälde geschenkt! Und der Vetter will mir eine WeihnachtS- sreude damit machen! Die theilnehmende Seele! Sie rächt sich da für, daß Philippine mir den Vorzug gegeben ... o, hätte sie mich verschmäht! Er legte das Portrait zu dem Schmuck. Dann warf er sich in den Pelr, zog die Mütze über den Kopf, löschte die Kerze au- und verließ die Wohnung, um durch die belebten Straßen zu irren. Er bedurfte der Zerstreuung. Als er nach zwei Stunden heimkehrte, schüttelte ihn ein Fieber frost. Gemüth und Körper de- Witwer- waren gleich angegriffen. Er suchte da- Bett auf. Sein Schlaf war unruhig. Böse Träume marterten ihn. Am nächsten Morgen faßte er als praktischer Mensch den Entschluß, die Frauen überhaupt und Philippinen be sonders zu vergessen. Den Detter wollte er mit Verachtung stra fen, wollte sich nie um den heimtückischen Verwandten kümmern, der sein Glück so grausam untergraben hatte. Ach, wie ander- war da- Weihnachtsfest ausgefallen als er gehofft! Allen ward geschenkt; ihm war das theuerfte Gut entrissen, da- er besessen... der Glaube an seine Gattin. Wiederum war der heilige Weihnachtsabend da. Haßler'S Schmerz war milder geworden und gerade an diesem Abenve ge dachte er mit Wehmuth Philippinen-, die nun schon fünfzehn Monate in der kühlen Erde schlummerte. Sein Gerechtigkeits gefühl sagte ihm, daß eS vielleicht heute anders stünde, wenn die Heimgegangene sich hätte veriheidigen können. War eS ihre Schuld, wenn der Vetter sie mit Zärtlichkeiten überhäufte? Lag der Be weis vor, daß sie diese Zärtlichkeiten angenommen? Hätte sie den Vetter nicht heirathen können, wenn sie ihn geliebt? Häßler schämte sich des vorschnellen Unheils, da- er über die Verstorbene gefällt, und um ihre Manen auSzusöhnen kaufte er einen schönen Kranz, wand sich wie daS Jahr zuvor durch daS Gedränge in den Stra ßen uno erreichte bald den stillen Friedhof, den eine hohe Schnee decke enthüllte. Es war empfindlich kalt. Außer dem Witwer sah man nur einige Arbeiter, vre mit dem Säubern der Wege be schäftigt waren. Blutroch tauchte die Sonne in das Nebelmeer, daS sich über der ruhigen Erde gebildet hatte. Da kamen Leid tragende aus der Tiefe des GotteSackerS zurück. Ein greise- Ehe paar, arme Leute, schwankte durch die beschneeten Wege; sie hatten den einz'gen Sohn begraben, die Stütze ihres Alters, den Ernäh rer der Familie; die Witwe des Mannes, eine noch junge Frau, führte zwei kleine Kinder an der Hand; sie halten dem Vater da letzte Geleit gegeben ... am heiligen Weihnachtsabende. Still und einfach ... arme Leute können den Prunk nicht bezahlen ... hatte man die Beerdigung vollzogen; aber he«ße Thränen aufrich tigen Schmerzes Hanen daS frische Grab bethaut. Haßier fragte einen der Arbeiter nach Namen und Stand der Trauernden. — Ich habe den Verstorbenen gekannt, antwortete der Mann; er war ein braver, fleißiger Mann, der durch seiner Hände Arbeit die Familie ehrlich durchbrachte und die alten Aeltern dazu. WaS