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§. 10. Fünfzehntes bis siebzehntes Jahrhundert. 73 Vergrößerung erzeugte. Der Senat von Venedig belohnte diese wichtige Ver vollkommnung mit der lebenslänglichen Anstellung als Professor, und von die ser Zeit an datirt auch Galilei’s lebhafter Briefwechsel mit Kepler, der erst mit des Letzteren Tode endigte. Mit seinem neuen Fernrohre entdeckte Galilei am 7. Januar 1610 die Jupitersmonde, erkannte den Planeten Saturn als dreigestaltig und entdeckte die sogenannten Sonnenflecke. In demselben Jahre wurde Galilei von dem jungen Großherzoge Cos- mus II. in Florenz als Professor der Mathematik nach Pisa zurückberufen, je doch ohne zu Vorlesungen verpflichtet zu sein, oder auch nur in Pisa wohnen zu müssen. Kaum in Florenz angekommen, entdeckte er hier die Phasen des Planeten Venus, wodurch er zugleich eine kräftige Stütze für die Lehre von der Bewegung der Erde um die Sonne, also für die Richtigkeit des von ihm lebhaft vertretenen Weltsystemes des Copernicus gewann. Bekanntlich war es immer einer der stärksten Einwürfe gegen das Copornicanische System, daß diese Venus-Lichtgestalten (wie die des Mondes) und des Merkurs, nicht statt hatten, oder vielmehr nicht gesehen werden konnten. Galilei’s Erklärung für die Copernicanische Weltordnung erhöhte die Macht seiner Feinde, er wurde als Ketzer erklärt, weü man durch sein System das Ansehen der Bibel für höchst gefährdet hielt. Im Frühjahr 1611 reiste Galilei nach Rom. vorzugsweise um daselbst einflußreiche Persönlichkeiten zu veranlassen, seine Beobachtungen zu prüfen, was jedoch nicht in rechter Weise gelang, im Gegentlieil die römische Curie, insbesondere Jesuiten und Dominicaner, veranlaßte. eine wetteifernde Polemik gegen Galilei zu beginnen. Anfänglich ließ Galilei den harten Streit durch seine Freunde, insbesondere durch seinen Schüler, den edlen Beneilictiner Pater Castelli, führen, bis er sich am 31. December 1613 verleiten ließ, einen Brief an Castelli zu schreiben, in welchem zum ersten Male theologische Ab schweifungen vorkamen und wobei er vorzüglich die Beweise seiner Ansichten in der Bibel suchte. Leider hatte Castelli ohne Galilei’s Wissen von die sem Briefe Abschriften nehmen lassen, nicht ahnend, daß er damit seinen großen Freund ins Verderben stürzte. Allerdings konnte ihm die blinde kirch liche Partei anfänglich nichts anhaben, indeß war Galilei auch starrköpfig genug, dem Rathe seines Gönners Cardinal Maffeo Barberini in Rom (selbst Jesuit) nur die heilige Schrift aus dem Spiele zu lassen, nicht zu folgen, ging vielmehr voll Siegesgewißheit im December 1615 zum zweiten Male nach Rom. seine Sache beim Papste Paul V. persönlich zu vertreten. Während Galilei’s Anwesenheit wurden die Qualificatoren des heiligen Ofiiciums zu einer Begutachtung der zwei Sätze berufen, erstens, daß die Sonne still stehe und zweitens, daß die Erde nicht das Centruin der Welt und nicht unbeweglich sei. Das Urtheil lautete nicht wie Galilei’s Feinde er wartet hatten, jene Lehre als dem Glauben zuwider und für ketzerisch be zeichnet zu sehen, vielmehr sprach sich die heilige Congregation blos dahin aus „jeneMeinung stimme mit der heiligen Schrift nicht überein“ und wären demzufolge nur die Bücher zu verbieten, welche ex professo behaup ten wollten, die Copernicanische Lehre stehe mit der Bibel nicht im Wider spruche. woraus folgt, daß für Galilei kein specieller Befehl abso luten Schweigens betreffs der Copernicanischen Theorie be-