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40 §. 8. Erster Tlieil. Zweites Capitel. Kepler leimte letzteres Anerbieten ab und suchte dafür 1630 auf dem Reichstage zu Regensburg die Realisirung seiner Forderungen an den Kaiser persönlich zu betreiben. Kummer und Anstrengungen vereint veranlagten jedoch am 15. November 1630 seinen Tod. Es ist erwiesen falsch, wenn behauptet wird, daß der Hunger sein frühes Lebensende (im noch nicht vollendeten 59. Jahre) herbeigeführt habe. Vor dem Eintritte in die wichtigste Periode der ganzen Me chanik, in die des großen Italieners Galilei, müssen wir, sollen anders bedeutsame Nebeneinflüsse auf den ganzen großen Bau nicht unbeachtet bleiben, einiger wichtigen Fortschritte gedenken, die so wohl dem Gebiete der reinen Mathematik als Mechanik angehören. In der Algebra machte sich besonders Cardano (oder Car danus), geb. 1501 zu Pavia; gest. 1576 zu Rom durch die Auf lösung der cubische'n Gleichung x 3 + ax — b bemerkbar, die er freilich dem Italiener Tartaglia entlehnt hatte, weshalb sie den Namen des letzteren tragen und nicht die Cardaui’sche Regel heißen sollte. Letztere Benennung ist wohl deshalb ge blieben, weil Cardano manche andere Verdienste um Mathematik und Physik zuerkannt werden müssen. Beispielsweise in ersterer Beziehung die Feststellung des wahren Begriffes^ der negativen Wurzeln der Gleichungen. (Ueber Cardano’s Verdienste um die Physik berichtet Poggendorff in der wiederholt citirten Ge schichte S. 122.) Uebrigens war Cardano ein excentrisches Genie voll selbstgefälliger Thorheit und Mysticismus, von Gelehr samkeit und Geistesgewandtheit, welch letztere beiden Eigen schaften ihn dennoch nicht vor kindischem Aberglauben und Lächer lichkeiten schützten. Seine zahlreichen hiuterlassenen Schriften füllen nicht weniger als 10 Folio-Bände und erstrecken sich auf Mathematik, Physik, Astrologie, Medicin und Moral. Auf dem Gebiete der Mechanik wird, unter den nächsten Vor gängern Galilei’s besonders Benedetti genannt (geb. 1530 zu Venedig; gest. 1590 zu Turin). Dieser Mathematiker kannte bereits 1585 die Grundlage der Theorie der statischen Momente, er wußte, daß die Körper im leeren Raume, unabhängig von ihrer Masse mit gleicher Geschwindigkeit fallen, er kannte die Centri- fugalkraft und sprach es deutlich aus, daß die Körper sich selbst überlassen, in der Tangente ihrer Bahn fortgehen, ferner ahnte er das Wesen einer accelerirten Bewegung, während er das Gesetz der Trägheit ordentlich auffaßte etc. In diese Zeit hinein fällt auch die Erfindung der Loga-