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§. 8. Mittelalter. t 45 et minimis“ legte. (Näheres hierüber namentlich bei Chasles II. §. 4 und §. 10.) In Kepler’s 1G09 erschienenen Arbeit ,Commentarius de stella martis' findet sich auch die noch heute seinen Namen tra gende Aufgabe ') behandelt: „Die Fläche eines Halbkreises aus einem gegebenen Punkte des Durchmessers nach einem gegebenen Verhältnisse einzutheilen“. Ausführliche Verzeichnisse von Kepler’s hinterlassenen Schriften und Werken finden sich in Poggendorff’s ,Biogra- phisch-liter. Handwörterbuch' und in Gerhardt’s ,Geschichte der Wissenschaften in Deutschland', S. 100 etc. Johann Kepler wurde am 27. December 1571 zu „Weil der Stadt“ im Würtembergischen geboren und zwar in so ärmlichen Verhältnissen, daß er keine sorgfältige Erziehung erhalten konnte. Dennoch bestand er 1583 in Stuttgart ein Landesexamen, worauf er schon 1584 in die Klosterschule zu Adel berg aufgenommen werden konnte. Weitere Ausbildung erhielt er von 1586 ab in der höheren Schule zu Maulbronn, worauf er 1589 die Universität Tü bingen bezog, um daselbst Theologie zu studiren. Da Kepler dem fanatischen Treiben der damaligen Tübinger Theologen unmöglich Geschmack abgewinnen konnte, so verdarb er sich seine theologische Carriere so gründlich, daß er es für angemessen hielt, sich dem mathematischen Lehrfache zu widmen. Durch seinen Lehrer M ös tlin erhielt er auch bald (1593) die Stelle eines Professors der Mathematik am Gymnasium zu Graz, woselbst er auch anting sich mit Astro nomie zu beschäftigen. Drei Jahre später (1596) erschien sein erstes größeres Werk .Prodomus dissertationum cosmographicarum etc.', welches zugleich seinen wissenschaftlichen Ruf begründete. In diesem Werke nimmt Kepler das Copernicanische System in seinen Schutz, wobei er viel Scharfsinn entwickelte, aber noch mehr Phantasie vorheri'schen ließ. 1599 ging Kepler auf Ty- clio’s Einladung nach Prag, um mit diesem gemeinschaftlich astronomische Arbeiten auszuführen. Bald nachher erhielt er nicht nur die Stelle eines kai serlichen Mathematikers, sondern er wurde nun auch officiell zu Tycho’s Mitarbeiter ernannt. Durch äußere Verhältnisse gezwungen, mußte sich Kep ler auch mit Astrologie beschäftigen, zeigte aber auch auf diesem Gebiete so viel Talent, daß er bald, bei seinen gläubigen Zeitgenossen als ein „astrologi sches Licht erster Größe“ galt. Die dem 30jährigen Kriege vorausgehen den Bedrängnisse führten die Kichtauszahlung seiner Besoldung mit sich, wo durch er genöthigt wurde, eine Professur der Mathematik in Linz anzunehmen. Nach hier wiederum in großer Dürftigkeit verlebten 15 Jahren ging er 1625 nach Ulm, von wo er um seinen immer noch rückständigen Gehalt zu erhalten, zu Wallenstein nach Sagan geschickt wurde, der ihn mit einer Professur in Rostock entschädigen wollte. der Infinitesimalrechnung und (mit Pascal) als der Begründer der Wahrschein lichkeitsrechnung bezeichnet. 1) Kliigel, ,Mathematisches Wörterbuch“, Artikel „Kepler’s Aufgabe,“