Volltext Seite (XML)
38 §. 8. Erster Theil. Zweites Capitel. Behufe der Kalenderrevision nach Rom berufen wurde, leider aber auch .dort schon 1476 starb, unentschieden ob an einer Vergif tung oder an der Pest. Vor dem Eintritte in die nächste geschichtliche Periode dürfte noch die Frage zu beantworten sein, welchen Einfluss auf die Entwicklung der Wissenschaften das byzantinische Reich geübt hat, welches ja während des ganzen Mittelalters noch fortbestand. Eine passende und richtige Antwort hierauf scheint u. A. Kolb in seiner Kulturgeschichte der Menschheit“ (zweite Auflage von 1872), S. 258 gegeben zu haben, welche folgendermaßen lautet: Im byzantinischen Reich besaß man zwar die Reste der alten besonders der griechischen Literatur; allein Pfafferei und Abso lutismus erschöpften alle geistigen Kräfte, so daß die Entwicklung einer höheren Intelligenz nicht zu erwarten war. Nur zu bezeich nend ist der Ausruf, den der Versmacher Manuel Philo an den Kaiser Andrnnikns IT. richtete: „Ich will ja ein (lern Herrn getreuer Ilund nur sein, Nur nach den Brocken schauend von des Herrn Tisch.“ §• 8. Von Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts ab ist zwar die Thatsaclie nicht abzuleugnen, daß durch die entstandenen Univer sitäten erfreuliche Lichtfunken in das Wiederaufleben und auf den Fortbau von Wissenschaft und Kunst gedrungen waren, indeß konnte man doch überall erkennen, daß die drei hoebgekommenen bösen Geister des Fortschrittes, Scholastik 1 ), Mysticismus 2 ) und Dogmatismus 3 ) noch harte Kämpfe veranlaßten 4 ) und ge waltige, welterschütternde Ereignisse, gleichsam mächtige Cultur- 1) Man beachte die vorhergehende Note 3, S. 34, §. 7. 2) W h e we 11 - Li t tro w, ,Geschichte der inductiven Wissenschaften 1 , Th. 1, S. 257 etc. 3) Ebendaselbst, S. 288. 4) Littrow erzählt a. a. O., Bd. I, S. 216, dal-’ im 10. und 11. Jahrhun dert das Ansehen der (meist falsch verstandenen) Philosophie des Aristoteles so hoch gestiegen war, daß es einer Menge von Bullen und kirchlichen Bann flüchen kräftig widerstehen konnte und endlich wurde der Triumph so groß und die Verehrung, die man für den Stagiriten hegte, so abgöttisch, daß die Professo ren beim Antritte ihres Lehramtes einen Eid ablegen mußten, in ihren Vorträgen sich nie, weder von dem Evangelium, noch von den Schriften des Aristoteles,