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7. Mittelalter. 35 Gerbert wurde am Anfang des 10. Jahrhunderts, von armen Aeltern niederer Herkunft in den Gebirgen der Auvergne und zwar in der Nähe des Klosters Aurillac geboren, in welchem letzteren er auch seine ersten Lehrer und Freunde fand. Nachher durch Reisen (namentlich nach Spanien zu den dortigen Arabern) gebil det, ward er Lehrer an der Klosterschule zu Rheims, von wo aus er sich bald einen hochgefeierten Namen als Gelehrter erwarb und gewöhnlich wegen dessen, was er in den philosophischen und mathematischen Wissenschaften erreichte, der „reparator studio- rum“ ') genannt wurde. Durch den Einfluss seines Schülers, Kaiser Otto III. gelangte Gerbert am 22. April 999 auf den päpst lichen Stuhl, den er, unter dem Namen Sylvester II., jedoch nur vier Jahre verwaltete, da ihn schon 1003 der Tod ereilte. Leider nahmen in den darauf folgenden Zeiten die Kreuzzüge (von 1096 ab) fast die ganze Kraft der Völker in Anspruch, so daß von eigentlichen Fortschritten in den Wissenschaften keine Rede sein konnte. Noch fast 50 Jahre vor dem letzten Kreuz zuge (dem 7., im Jahre 1270) begannen bessere Zeiten; nament lich war es der im 12. Jahrhundert (wahrscheinlich 1180) zu Pisa geborene Leonardo Fibonacci (d. h. Sohn des Bonac- cio), auch Leonardo Pisano genannt, der sich um die mathematischen Wissenschaften hoch verdient machte 2 ). Leo nardo hatte sich bei Studienreisen in Aegypten, Syrien, Griechen land etc., namentlich von den Mohamedanern derartig in der Ma thematik unterrichten lassen, daß er, in seine Vaterstadt wieder zurückgekehrt, in den Jahren 1202 bis 1228, sein herühmtes Werk ,Liber Abaci“ verfassen und veröffentlichen konnte. Es war dies das erste von einem Christen geschriebene Werk, durch welches die arabische Ziffernrechnung, die Rechnung mit allgemeinen Größen (Buchstabenrechnung), und die Algebra in Europa eingeführt und in selbständiger Darstellung wiedergegeben wird. Leider fand nach Leonardo wieder ein Rückgang in dem Gebiete der Mathematik Statt, woran namentlich die im 14. Jahr- dessen ,Vorlesungen über Geschichte der Mathematik 1 , Bd. I, S. 728, unter der Ueberschrift „Gerbert“. 1) Hankel, a. a. O., S. 313 unter der Ueberschrift: „Die mathematische Schule Gerbert’s“. 2) Ausführlich Cantor in seinen ,Mathematischen Beiträgen 1 , Nr. XXIV, S. 341 etc. Ferner bei Hankel a. a. 0., S. 342 etc. 3*