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34 §. 7. Erster Theil. Zweites Capitel. wüstende Kriege in die größte Barbarei versunken. Karl gebührt das Lob, daß er in seinen weitläufigen Staaten, vorzüglich nach dem Rath und durch thätige Mitwirkung des Engländers Alcuin ') wissenschaftliche Kenntnisse zu verbreiten suchte. Insbesondere schuf Karl Klosterschulen 2 ) und berief eine größere Anzahl von Gelehrten aus verschiedenen Ländern, mit denen er eine von Alcuin dirigirte Art Akademie bildete. Leider hatte die Förderung gelehrter Schüler durch Karl den Großen nicht den erwünschten Erfolg, da sein großes Reich nach seinem Tode zerfiel und der in den Klosterschulen aufkommende Geist der Pedanterie, der Einseitigkeit, der absprechenden An maßung, den Fortschritten der besseren, freien Erkenntniß nicht anders als hinderlich sein konnte 8 ). Ueberhaupt blieb die Ausbreitung der geistigen Bildung den Geistlichen und insbesondere den Mönchen anvertraut, so daß man sich in den Schulen auch der alten (römisch-gothischen) Einthei- lung der Wissenschaften bediente, welche die sogenannten sieben freien Künste 4 ) bildeten. Etwas bessere Zeit für die Wissenschaften begann am Ende des 10. Jahrhunderts unter den Ottonen und war es insbesondere Gerbert, desen wissenschaftliche Thätigkeit schöne Früchte trug 5 ). Abendland dasselbe war, was sein Freund Harun-al -Itaschid (786—809) für das heidnische Morgenland (Wolf, a. a. G., S. 75, §. 27). 1) Beachtenswerth ist der über Alcuin’s Wissen und Wirken erstattete Bericht Schlosser’s in dessen ,Weltgeschichte für das deutsche Volk 1 , Bd. IV., S. 396 (Ausgabe von 1876). 2) lieber Karl’s Klosterschulen berichten u. A. auch Hankel, a.a.O., S. 309 recht gut. Noch ausführlicher wird Alcuin’ und der Klosterschulen in Cantor’s ,Vorlesungen über Geschichte der Mathematik 1 , Bd. I, Capitel XXXVIII, S. 703—727 unter der Ueberschrift gedacht: „Klostergelehrsamkeit bis zum Aus gange des zehnten Jahrhunderts“. 3) In dieser Zeit bildete sich auch die sogenannte „Scholastik“ (Schulweis heit), die spitzfindige Begrillslehre der christlichen Philosophen des Mittelalters, welche vermittelst der Philosophie des Aristoteles das Lehrgebäude der christ lichen Kirche zu befestigen suchte. 4) Drei, mehr elementare Wissenschaften, die Logik (Dialektik), Gram matik und Rhetorik hießen das Trivium, während aus den vier, höher geach teten, nämlich Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik, das Quadrivinm bestand. 5) Empfehlenswertli zu lesen sind die Abschnitte XXI (S. 303) „Gerbert s Leben“ und XXII (S. 314) „Gerbert’s Mathematik“ in Cantor’s Buche .Mathe matische Beiträge zum Kulturleben der Völker 1 , Halle 1863. Ferner auch in