§. 31. Vom letzten Drittel des 18. bis zum ersten Drittel des 19. Jabrh. 475 „Bilden mehrere auf einen Punkt wirkende Kräfte einen ge schlossenen Kräftezug und haben alle Pfeile dieselbe Richtung, so ist ihre Mittelkraft = Null und alle Kräfte sind im Gleich gewicht *). Dieser Satz befindet sich bereits in der ersten Auflage der D uh am e 1 ’ sehen Mechanik Bd. 1 S. 1 u. 2 (Schlechte Egg er’sehe Uebersetzung). Wie viel solcher Fundamentalsätze aber auch noch angeführt werden mögen, die bereits vor Culmann aufgestellt wurden, dennoch hat es die Geschichte der technisch-wissenschaftlichen Mathematik als ein entschiedenes Verdienst zu verzeichnen, daß es Culmann war, der nicht nur in neuer Methode zuerst eine vollständig wissenschaftliche graphische Statik aufzu bauen verstand, sondern auch deren Sätze auf fast alle Theile des heutigen Bauingenieurwesens anzuwenden lehrte und durch zahlreiche Beispiele erläuterte 2 ). 1) Der Verfasser benutzt die Gelegenheit, Anfänger im Studium der gra phischen Statik, auf eine kurze, aber höchst verständlich abgefaßte „Entwicke lung von Fundamentalsätzen der Culmann’schen graphischen Statik“, aufmerksam zu machen, welche die Geometrie der Lage nicht voraus setzt und Herrn Professor Iveck an der Hannoverschen Technischen Hochschule zum Verfasser hat. Diese Abhandlung ist abgedruckt im XVII. Bande (1870) S. 153 der Zeitschrift des Hannoverschen Architekten- und Ingenieur - Vereins. Auch auf Keck’s Kecension der 2. Auflage des Culmannschen Werkes, ver dient aufmerksam gemacht zu werden, welche sich in derselben Zeitschrift, Jahrg. 1876, S. 214 vorfindet. 2) Zu bedauern ist es, daß Culmann (auch in der zweiten Auflage seiner , Graphischen Statik 1 , von 1875) starr in der Ansicht beharrte, zum Verständniß derselben und zur Behandlung der betreffenden praktischen Aufgaben sei durch aus die ,Geometrie der Lage 1 erforderlich. Mit dieser Ansicht stimmen die ausgezeichnetsten technisch wissenschaftlichen Fachlehrer, welche ihren rechten Standpunkt erkennen, nicht überein. Voran Bauschinger (an der Münchener Technischen Hochschule, in seiner graphischen Statik 1 von 1871, im Vorworte), der folgende Bemer kung macht: „Vielleicht kann zur weiteren Verbreitung der graphischen Statik auch die Eigenschaft eines Buches mit beitragen, daß zu seinem Verständnisse die Kenntniß der sogenannten neueren Geometrie nicht erforderlich ist“. Winkler (an der Berliner Technischen Hochschule) äußert sich in seinem 1872 in Wien erschienenen ,Vorträgen über Brückenbau 1 folgendermaßen: „Durch die graphische Statik ist die Auffindung geometrischer Konstruk tionen mehr dem Zufalle entrückt und für dieselbe eine wissenschaftliche Basis geschaffen. Immerhin wird hierdurch die analytische Behandlung nicht über-