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§.39. Vom letzten Drittel des 18. bis zum ersten Drittel des 19. Jahrh. 471 Rechnen, in der Statik etc.) über den fraglichen Gegenstand fol- gendermaaPen aus: „Nach v. Staudt blieb die strenge Geometrie der Lage lange Zeit vernachlässigt. Ein Grund hierfür mag wohl darin liegen, daP die Mathematiker kein Interesse an solcher princi- piellen Selbstständigkeit der Geometrie haben, auf die auch die Analysis keinen Anspruch macht. Eine häufige Ursache war aber ohne Frage die auPerordentlich knappe, fast systematische Dar stellungsweise v. Staudt’s, die nicht gerade auf Jeden ermu- thigend wirkt •)“. Der Dritte in der Ueberschrift des Paragraphen genannten Männer, Carl C ul mann 2 ), hat das groPe Verdienst, die neuere Geometrie als Fundament bei der Lösung statischer Probleme im Gebiete des Ingenieurwesens benutzt und alles (bis zum Jahre 1875) vorhandene Material in einer allgemeinen, selbstständigen und wissenschaftlich strengen Weise, unter den eigenthümlichen Namen .Graphische Statik 1 zusammengefaPt zu haben. 1) Frofessor Reye in Straßburg hat sich das Verdienst erworben, die von Staudt’sche Methode durch Figuren zu erläutern und zum Verständniß der interessanten, werthvolleu Geometrischen Wahrheiten beizutragen. Man sehe deshalb dessen .Geometrie der Lage 1 . Zweite verbesserte Auflage, welche vom Jahre 1877 datirt. 2) Carl Cul mann wurde 1821 in Bergzabern (Reinpfalz) geboren und starb am 9. December 1881. Von seinem Vater, der Pfarrer in Bergzabern war, er hielt er eine sorgfältige Erziehung, sodaß er, siebzehn Jahre alt, mit Umgehung der damals bestehenden beiden mathematischen Klassen, in die Ingenieurschule des Karlsruher Polytechnikums eintreten konnte. Nach glanzvoller Vollendung seiner Studien trat Culmann in den bayrischen Staatsdienst und wurde schon 1841 als Praktikant der Eisenbahnsektion Hof zugetheilt. In dieser Stellung blieb er bis zum Jahre 1847, wobei er vielfach Gelegenheit fand, am Entwürfe wichtiger Bauwerke theilzunehmen. Im Jahre 1849 unternahm er, zu seiner Ausbildung eine Instruktionsreise nach England, Irland und Nordamerika, kehrte 1852 nach Bayern zurück und wurde Sektions - Ingenieur im Staatsdienste für Eisenbahnbau. Einige Jahre nachher erhielt Culmann einen Ruf an die 1854 gegründete polytechnische Schule in Zürich, wo er sich bald den Namen eines ausgezeichneten Lehrers im Ingenieurfache erwarb, den er besonders noch durch sein vortreffliches Werk ,die graphische Statik 1 krönte. Im Jahre 1868 lehnte er einen ehrenvollen Ruf an das Münchener Poly technikum ab, blieb der Züricher Schule treu und endete sein thatenreiches Leben als eingebürgerter Schweizer. Eine ausführlichere Biographie enthält die Züricher Zeitschrift für Bau- und Ingenieurwesen Nr. 25 vom 17. December 1881.