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354 §. 30. Erster Tbeil. Sechstes Capitel. hunderts im Gebiete der technischen Mechanik, ist zunächst als Begründer der heutigen wissenschaftlichen Elasticitätsle’nre geboren und starb am 23. August 1836 in Paris. Sein Vater war ein ange sehener Advokat in Dijon, er verlor ihn jedoch, als er erst 14 Jahre zählte. Dieser Verlust wurde ihm zum größten Theile ersetzt durch seinen würdigen Onkel, den berühmten Gauthey (S. 343), dessen Sorgfalt und Eifer er es mit verdankte, daß er bereits 1802 das schwere Examen zur Aufnahme in die Pariser ecole polytechnique glänzend bestand, 1804 in die ecole des ponts et chaussöes eintreten konnte und sich schon 1808 den Grad eines ordentlichen Ingenieuis für Strafen- und Brückenbau erwarb. In dieser Stellung machte er sich der technisch-mathematischen Welt (1813) zuerst durch die Herausgabe von Gauthey’s .Traite des ponts 1 , sowie durch die Bearbeitung von Bölidor’s ,Science des ingönieurs 1 (1813) und dessen ,Architecture hydraulique 1 (1819) bekannt. Diesen Erstlingen folgte bald jene schöne Reihe von ebenso originellen als werthvollen Arbeiten, womit Na vier rationelle Technik und Wissenschaft in fast gleicherweise bereicherte. In ersterer Hinsicht muß Na vier jedenfalls zu den Männern (Poncelet und Coriolis) gezählt werden, die in vorher nicht gekanntem MaaPe die Anwendung der Mechanik auf Baukunst, Maschinen und Gewerbe zeigten und die Schöpfer der heutigen Industriellen- und Ingenieur-Mechanik genannt werden müssen. Im Jahre 1819 wurde Navier Professeur supple'ant der Mechanik an der dcole des ponts et chausees und bald nach dem Erscheinen (1823) seines jetzt noch unübertroffenen Werkes: ,Me'moire sur les ponts suspendus', nämlich den 26. Januar 1824, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris. Bereits früher (von 1810 ab) mit mehrfachen praktischen Arbeiten betraut (die Brücken von Choisy, Asnieres, Argenteuil über die Seine und mehrere andere Bauten sind sein Werk), übertrug man ihm den Bau einer Kettenbrücke (155 Meter Spannweite) über die Seine in Paris, welche zur Verbindung der Esplanade des Invalidenhauses und der Champs-Elysees dienen sollte, wobei er das Unglück erleben mußte, daß, noch vor der Vollendung der Brücke (in der Nacht vom C. bis 7. September 1826), einer der Landpfeiler etwas zu weichen begann und, duich andere ungünstige Umstände veranlaßt, die ganze Brücke wieder abgetiagen wei den mußte, ein Ereigniß, welches nach manchen Seiten hin über Navier minde stens so lange ein falsches Urtheil erzeugte, bisProny die ganze Sache in klaiei Weise auseinandersetzte. Prony äußert sich im Rösume’ seines Urtheils über das ganze Ereigniß wörtlich folgendermaßen: (.Annales des ponts et chaussees 1 , 1837. 1. Semestie, pag. 13). 1. „Que l’evenement du pont des invalides devait etre considere seule- ment comme un de ces accidents plus ou moins graves que les ingönieuis ren- contrent souvent dans les grands travaux“. 2. „Que le remede etait aussi facile que peu dispendieux, puisqu’il s’agissait seulement d augmenter la rösistance des contre-forts etc.“. 1830 erhielt Navier die Professur für Analysis und Mechanik an der ecole royale polytechnique, in welcher Stellung er sich, durch die Methode und Klarheit seines Vortrags, die innigste Liebe und höchste Verehrung seiner Schüler und Zuhörer erwarb. 1834 wurde Navier inspecteur divisionnaire des ponts et