§. 28. Vom letzten Drittel des 18. bis zum ersten Drittel des 19. ,Tahrh. 305 neu errichteten polytechnischen Schule in Paris, zu nennen, in dem sich dieser ganz besonders durch sein 1811 in erster Auflage erschienenes ,Lehrbuch der (analytischen) Mechanik' verdient machte, ein Werk, das auch in Deutschland gerechte Anerkennung fand und in zweiter Auflage (1833) vom Professor Stern an der Universität Göttingen (1835 und 1836) in vortrefflicher Weise deutsch bearbeitet wurde. Zu bedauern war allerdings, daß sich Poisson nirgends der Poinsot’sehen Kräftepaare bediente 1 ), obwohl wir wissen (S. 300), daß diese in wichtigen Fragen der Drehbewegungen vortreffliche Dienste leisten. Nichtsdestoweniger hat Poisson’s Mechanik, abgesehen von manchen Weitschweifigkeiten und etwas veralteten Formen, noch heute als Lehrbuch (besonders zum Selbststudium) einen nicht geringen Werth, da es die Principien der Mechanik (S. 200) in ,Recueil des savants etrangers' abgedruckt wurde, bekanntlich der höchste Grad der Anerkennung, welche die Akademie Nichtmitgliedern gewährt. Eine derartige Auszeichnung war vorher niemals einem jungen Menschen von 19 Jahren zu Theil geworden. Bald darauf wurde Poisson an der polytechnischen Schule folgeweise Repetent. Professor der Analyse und Mechanik und weiter Professor der rationellen Mechanik an der Pacultät zu Paris, womit er überhaupt seine über 31 Jahre währende Lehrerthätigkeit beginnt. Im Jahre 1812 wurde Poisson zum Mitgliede des Läugenbureaus und fast gleichzeitig auch zum Mitgliede der Akademie der Wissenschaften ernannt. Außerdem war er auch Mitglied der gelehrten Gesellschaften zu London und Edinburg, der Berliner Akademie u. s. w. Die Jugenderziehung Poisson’s, vorzugsweise republikanisch, hatte in ihm eme Antipathie gegen Napoleon I. derartig erzeugt, daß sie auch während der Glanzperiode des ersten Kaiserreichs unveränderlich blieb und begreiflicher Weise durch die Ereignisse von 1812 bis 1815 nicht geschwächt wurde. Erklärlich war es hiernach, daß die zweite Restauration (Ludwig XVIII. und seine Minister), voll Erkenntlichkeit gegen Poisson für seinen unveränder ten Widerstand gegen die Herrschaft Napoleon’s, ihn mit Gunstbezeugungen überhäufte. Im Jahie 1825 wurde der berühmte Akademiker zum Baron ernannt, allein er hat diesen Titel nie geführt. König Louis Philipp machte ihn 1837 zum Pair Von Frankreich. Der Tod ereilte ihn am 25. April 1840. Lagrange sprach sich überPoisson stets höchst günstig aus, vor welchem Urtheile auch alle anderen verschwinden müssen, die Neid, Mißgunst und schlechte Charaktere über den verdienten Mann der Wissenschaft zu fällen bemüht ge wesen waren. Eine ausführlichere Biographie befindet sich in Michaud’s .Biographie universelle“, T. 33. ■ = 1) Es wird behauptet aus persönlicher Abneigung gegen Poinsot. K ü h 1 in a n n , Vorträge. »