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292 §. 27. Erster Theil. Sechstes Capitel. Gauß gehört zu den höchsten Vertretern der Mathematik, welche in dem überkommenen wissenschaftlichen Materiale nicht nur Mängel entdeckten und nach wiesen, sondern dafür auch Neues an die Stelle setzten und zwar Mehrere* von der Art, daß dadurch eine völlige Umgestaltung des betreffenden Wissen schaftszweiges bewirkt wurde. Seine Hauptleistungen erstrecken sich namentlich auf das Gebiet der (rechnenden) Astronomie, auf reine Mathematik (insbesondere die Zahlenlehre) und auf mehrere Hauptgebiete der Physik (vornehmlich auf Elektricität und Magnetismus). Leider gestatten auch hier Zweck und Raum unseres Buches nicht, nur einigermaßen speciell auf alle diese Gegenstände einzugehen, vielmehr müssen wir uns auf eine Gesammtübersicht seiner Leistungen in vorstehender Biographie und auf die betreffenden literarischen Quellen beschränken, hier aber nur bei einigen seiner Arbeiten und zwar bei solchen verweilen, die sich auf An wendungen der Wissenschaft auf irdische Verhältnisse beziehen, welche Gauß zwar nicht verschmähte, dennoch aber für Sachen samste Pflege nicht, das Ende seiner Lebenstage länger als bis zum 23. Februar 1855 hinauszuschieben, an welchem Tage er starb, fast 7a Jahre alt. Ueber Gauß’ religiöse Ansichten geben Auskunft insbesondere sein Freund Sartorius von Waltershausen in der Schrift: ,Gauß zum Gedächtniß“ und Zöckler in seinem Buche ,Gottes Zeugen im Reiche der Natur 1 . Ersterer be richtet u. A. (a. a. 0., S. 103) Folgendes: „Die unerschütterliche Idee von einer persönlichen Fortdauer nach dem Tode,” der feste Glauben an einen letzten Ordner der Dinge, an einen ewigen, gerechten, allweisen, allmächtigen Gott, bildete das Fundament seines religiösen Lebens, das in Verbindung mit seinen unübertroffenen wissenschaftlichen For schungen zu einer vollendeten Harmonie sich aufgelöst hatte“. Zöckler (a. a. 0. Bd. II, S. 43) liefert einen Auszug aus einem von Gauß an Schumacher (1822) geschriebenen Condolenzbriefe, wo es u. A. heißt: „Ich unternehme nicht, Sie zu trösten, es giebt bei solchen Ereignissen keinen Trost, keinen, als die verstärkte Ueberzeugung, daß wir hier in Ultima sitzen, und dereinst der Reihe nach zu einer höheren Schule befördert werden“. Außer Sartorius von Waltershausen haben sich um die Biographie unseres Gauß namentlich verdient gemacht: 1. Ernst Schering in der Festrede zur Feier der hundertjährigen Wiederkehr von Carl Friedrich Gauß Geburtstage in der Göttinger Societat am 30. April 1877. 2. Gerhardt in seiner ,Geschichte der Mathematik in Deutschland“. Von S. 208 bis S. 246. 3. Cantor in der ,Allgemeinen Deutschen Biographie“, Bd. VIII, S. 430 bis 345.