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256 §. 25. Erster Theil. Sechstes Capitel. Zweitens aus dieser Darstellung der Körper ihre mathe matischen Beziehungen abzuleiten, welche aus ihrer Gestalt und ihrer gegenseitigen Lage entspringen. Durch Monge’s beschreibende Geometrie trat die syn thetische Geometrie der Alten ganz in den Hintergrund 1 ), es entstand eine vollständige Umwälzung der Anschauungen, so daß beispielsweise alle die Aufgaben, welche die S t e r e o t o m i e (Lehre vom Durchdringen der Körper) die Perspective, Gnomomk, Fortification 2 ) u. s. w. in spezieller, unsicherer Weise be it Der leider zu früh von dieser Erde geschiedene Hankel, in seinen Elementen der projectivischen Geometrie-, drückt sich hierüber, recht tretlend (a. a. 0., S. 5) wie folgt aus: „Die alte Geometrie strotzt von Figuren, wimmelt von Buchstaben. Der Leser muß fortwährend vom Text auf die Figur liinüber- schweifen, in dem Gewirr der Buchstaben den gewünschten tappend suchen. Das Raisonnement in diesen Schichten ist zwar einfach, aber dürr und geistlos. In dem Beispiele den Alten folgend unterließ man in geometrischen Schritten jede Vermittlung zwischen den Sätzen, verwischte meist jede Spur ihrer genetischen Entwickelung und überschüttete den Leser mit unvermittelnden Sätzen, mit Iro- portionen und Figuren. ' Es war nothwendig, daß die Geometrie, wenn sie aus der engen Studir- stube in den Ilürsaal treten und damit ein neues Lehen beginnen sollte, einen ähnlichen Fortschritt machte, wie die Analysis durch die Schöpfungen von Euler und La grau ge. Diesen Fortschritt verdankt man aber Monge; seine Werke sind wahre Muster eleganter fließender Darstellung, frei von all jenem veralteten Rüstzeuge. Monge, der Erfinder des wissenschaftlich begründeten Zeichnens war es, der den herkömmlichen Wust von Figuren aus der Geometrie hinausfegte, nicht weil er, wieLagrange, die geometrische Anschauung zuruck- drängen, sondern vielmehr, weil er sie gerade dadurch fordern wollte, daß er durch seine Beschreibung ein geistiges Bild entstehen ließ etc.“. 2) Muß man Monge unbestritten auch als den Schöpfer der wissen schaftlich beschreibenden Geometrie anerkennen, so darf doch nicht ver gessen werden, daß bereits lange vor ihm gewisse Verfahrungsarten dieser Wissen schaft und die Anwendung der Projectionen in Künsten und Gewerben besonders bei Steinmetzen und Zimmerleuten bekannt waren. Vielleicht könnte man Albrecht Dürer’s bereits 1525 erschienenes Werk: ,Unterweisung der Messung mit Zirkel und Richtscheit* etc. (S. 42) als die erste liierhergehürige Schrift bezeichnen. Später Überboten uns die Franzosen in der Steinmetzkunst und sind überdies längere Zeit hindurch als die einzigen Schriftsteller darin zu bezeichnen. Einige Verfahrungsarten dieser Kunst beschrieb P hil. her de l’Orme, Almosenier und Architekt Heinrich’s II. von Frankreich und seiner Mutter Maria von Medici, der gegen Ende des 16. Jahrhunderts die beiden Werke veröffentlichte: ,Traitci complet de l’art de batir“ und , oure es inventions pour bien bati et ä frais“. Im Jahre 1643 belehrte Maturin Jousse in seinem Werke: ,Secrets de l’architecture“ auch Über den Steinschnitt. Ungefähr um dieselbe Zeit veröffentlichte der Jesuit Derand ein Buch unter