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§. 22. Das achtzehnte Jahrhundert. 223 auch wegen seiner Vielseitigkeit, Scharfsinnigkeit, Genialität und Arbeitskraft den zweiten Leibniz zu nennen pflegt. Von seinen zahlreichen Arbeiten und Werken, von denen wieder Poggendorff (a. a. 0. Bd. I, S. 1355) ein ziemlich voll ständiges Verzeichnis liefert, gedenken wir insbesondere seiner 1759 in Zürich erschienenen ,Freien Perspective 1 , die er 1773 um einen zweiten Theil vermehrte, worin er Eigenschaften der Figuren nachwies, welche man jetzt zur Theorie der Transversalen zählt und worin sich auch die Elemente desjenigen Theils der Geometrie vorfinden, welche man nachher die Geometrie des Lineals genannt hat. Diesem zweiten Theile hat Lambert auch eine sorgfältig bearbeitete ,Geschichte der freien Perspective 1 bei gefügt. Bedeutsamer sind aber noch drei andere Werke, nämlich 1) die 1760 erschienene .Photometria 1 , 2) seine ,Insigniores orbitae cometarum proprietates 1 von 1761 und 3) die in demselben Jahre veröffentlichten ,Cosmologischen Briefe über die Einrichtung des Weltbaues 1 . Ferner verdient von seinen philosophischen Schriften ge nannt zu werden ,Das neue Organon oder Gedanken über die Er forschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung von Irrthum und Schein 1 , welches Werk 1764 in Leipzig gedruckt wurde, sowie die ,Anlage zur Architektonik oder Theorie des erkannte und ihn dem Grafen P e t e r vonSalis in Chur zum Erzieher und Lehrer seiner Söhne empfahl. In dieser Stellung benutzte Lambert die reichhaltige Bibliothek des Grafen, so wie ihm namentlich Gelegenheit geboten wurde, mit seinen Zöglingen, in den Jahren 1756 bis 1758, Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Oberitalien bereisen zu können, wobei er mit den bedeutendsten damaligen Mathematikern und Physikern persönlich bekannt wurde. Nachdem sich Lambert von 1759 bis 1764 in verschiedenen Städten der Schweiz nnd Deutschland aufgehalten und daselbst die oben (im Texte) ge nannten Werke redigirt hatte, gewann er 1765 eine feste Stellung in Berlin, wo er sich der besonderen Gunst Friedrichs des Großen zu erfreuen hatte, der ihn nach einander zum Oberbaurath und zum Mitgliede der Akademie der Wissen schaften ernannte, welche Aemter er auch bis zu seinem Tode verwaltete. Nach Wolff (.Geschichte der Astronomie“, S. 503) war Lambert ein sehr positiver Christ und sprach wiederholt aus „daß es ein elender Grundsatz sei, nichts glauben zu wollen, als was man beweisen könne, welches man doch in so vielen anderen Dingen täglich thun müsse“! Eine ausführliche Biographie Lambert’s enthalten die .Memoiren der Berliner Akademie“ vom Jahre 1778, von S. 72 bis 90 unter der Ueberschrift: „Eloge de Monsieur Lambert“.