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c> 220 §• 22. Erster Theil. Fünftes Capitel. Trug auch Wolff nichts Wesentliches zur Erweiterung der mathematischen Wissenschaften bei, so wirkte er doch mit außer ordentlichem Erfolge für die Verbreitung derselben durch Lehre und Schrift. Seine ,Anfangsgründe aller mathematischen Wissen schaften 1 erschienen in vier Octav-Bänden zuerst 1710 in der Ren ge r’sehen Buchhandlung in Halle und erlebten bis zum Jahre 1772 nicht weniger als zehn Auflagen. Der erste Theil dieses Werkes, welches seiner Zeit eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte, umfaßte, außer einem kuizen Unterrichte über mathematische Methode oder Lehrart, in. rechter Ordnung: Die Rechenkunst, Geometrie, Trigonometrie und Baukunst. Der zweite Theil ist der Artillerie, Fortification, Mechanik, Hydrostatik, Aerometrie und Hydraulik gewidmet. Der dritte Theil behandelt die Optik, Katoptrik, Dioptrik, Perspective, ferner die sphärische Trigono metrie, Astronomie, Chronologie, Geographie und G n o m i k. Der vierte und letzte Theil endlich begreift die Alge bra, die Anfangsgründe der Differenzial- und Integral rechnung, nebst einem Anhänge, welcher (recht angemessen) die bis zum Jahre 1710 erschienenen, vornehmsten, mathematischen Schriften bespricht. Sowohl durch dieses Werk als durch die von 1713 (in Halle) zu dulden noch ihm zu dociren zu verstatten. Wie ihr denn auch gedachtem Wolff anzudeuten habt, daß er binnen 48 Stunden nach Empfang dieser Ordre die Stadt Halle und alle unsere übrige Ivönigl. Lande bey Strafe des Stranges räumen solle. Berlin, den S. November 1723. ’ Fr. Wilhelm“. Glücklicher Weise fand Wolff in Cassel günstige Aufnahme und bei der Universität Marburg eine ehrenvolle Anstellung. Nachdem Wolff einen Ituf nach Utrecht ausgeschlagen hatte, rief der große Berliner Philosoph Friedrich II. gleich nach seiner Thronbesteigung (1740) den vertriebenen Wolff unter großen Ehrenbezeigungen nach Halle zurück, wo er am 6. December 1740 wieder ein traf, leider aber in seinen Vorträgen nicht der hochgespannten Erwartung ent sprach, welche man vorher hegte. Dessenungeachtet wurden ihm Hochschätzungen in mannigfacher Weise kund gegeben; er wurde 1743 Kanzler der Universität und 1745 erhob ihn der Kurfürst von Bayern, während des Reichsvicanats, in den Freiherrnstand. Am Charfreitage, den 9. April 1754 segnete Wolff das Zeitliche, im 76. Jahre seines Alters.