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§. 20. Das achtzehnte Jahrhundert. 185 und zum Beweise von Lehrsätzen gedachter Art zu geben, oder, wie sich Dühring in seiner ,Geschichte der Mechanikprincipien 1 ausdrückt 1 ), „die Einleitung zur Formgebung der Me chanik zu liefern“. Destouches sein Vater und die einst berühmte Schönheit Frau von Tensin Clianoinesse von Beaujeu. seine Mutter war. Nach dieser Entdeckung wollte aber auch der Sohn nichts mehr von seinen vornehmen Eltern wissen, blieb vielmehr seiner Pflegemutter treu, bei der er lange Jahre wohnte und sie nach her fortwährend unterstützte. 12 Jahre alt wurde A. in die Pensionsanstalt des College Mazarin aufgenommen, wo er die raschesten Fortschritte in den Wissenschaften und seine Lehrer erstaunen machte über die Vielseitigkeit und Gründlichkeit alles Gelernten. Anfänglich fesselte ihn das Studium der Theo logie, nachher studirte er die Rechte und die Medicin, um sich eine gesicherte Zukunft zu verschaffen, fand aber schließlich noch mehr Interesse an philoso phischen und mathematischen Studien, denen er auch bis an sein Ende treu blieb. Im Jahre 1741 wurde d’Alembert Mitglied der Pariser und 1747 der Berliner Akademie der Wissenschaften. 1763 trug ihm Friedrich II. die Präsidentschaft der Berliner Akademie der Wissenschaften mit einem bedeu tenden Gehalte an, welchen Antrag er ausschlug, um in seinem Vaterlande bleiben zu können. Bald nachher forderte ilm Katharina II. von Rußland auf, unter glänzenden Bedingungen die Erziehung ihres Sohnes Paul zu über nehmen, jedoch ebenfalls vergeblich. Im Jahre 1772 wurde er Secretair der Aca- dernie fran^aise, in welcher Stellung er die Biographien und die gebräuchlichen Llo- ges aller Akademiker seit dem Anfänge des Jahrhunderts verfaßte, die noch heute als Muster dieser Art von Schriften gelten. Sein sanfter Charakter, seine Gut- müthigkeit und Munterkeit, verbunden mit hohen geistigen Fähigkeiten, machten ihn zum angenehmen Gesellschafter. Er war ferner ein unermüdlicher Wohl- thäter der Armen und stets bereit, talentvolle Jünglinge mit Rath und That zu unterstützen, in deren Gesellschaft er in seinen letzten Lebensjahren am lieb sten verweilte. Die Fehler, die man ihm vorgeworfen hat, entstanden aus einer großen Lebhaftigkeit und muthwilligen Laune, der er sich zuweilen überließ, ohne die Regeln der Mäßigung und Klugheit zu beobachten. D’Alembert übernahm seiner Zeit den mathematischen Tbeil der be rühmten ,Encyclopcdie‘ von Diderot, welches ein summarisches Archiv aller Kentnisse sein sollte, die sich der menschliche Geist bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts erworben hatte. Leider verwickelten ihn die in der ,Ency- clopedie 1 ausgesprochenen philosophischen Ansichten in vielfache Streitigkeiten und wurden Veranlassung, ihn in religiöser Hinsicht als einen Naturalisten zu bezeichnen. Von allen Genüssen des Lebens schien er nur zwei zu kennen: die Arbeit und die Conversation, obwohl ihm auch (Re letzte, kurz vor seinem Ende, nicht mehr behagen wollte. Er starb am 29. October 1783 in Folge von Stein beschwerden, insbesondere weil er sich einer Operation nicht unterwerfen wollte. Seine vorzüglichsten mathematischen Schriften und Abhandlungen wurden in vorstehendem Texte genannt, eine vollständige Sammlung derselben ist nicht erschienen. 1) Erste Auflage S. 395, §. 162.