§. 20. Das achtzehnte Jahrhundert. 183 geschätzt werden müssen, so veranlaPte doch seine Methode zu dem Schlüsse, daP die Lösung mechanischer Aufgaben mehr oder weniger besondere Kunstgriffe erfordere und eigentlich stets ein von Gott begnadigtes Talent vorhanden sein müsse, um mit rech tem Erfolge zum Ziele gelangen zu können. Durch die Blindheit winde seine wahrhaft kolossale literarische Fruchtbar keit nicht gestört, vielmehr erhöht *), natürlich war er genöthigt, seine Arbeiten zu dictiren. Leider traf ihn 1771 ein zweites Unglück, indem eine Feuersbrunst sein Ilaus zerstörte und der alte blinde Mann wahrscheinlich in den Flammen umgckommen sein würde, hätte ihn nicht ein Fremder gerettet. Diesem allen ungeachtet fällt in den nachherigen Zeitraum (1773-1782) die gröf'te Zahl der von ihm gelieferten Arbeiten, wie aus der untenstehenden Note erhellt. Noch am 7. 18 September 1783 hatte er die Bewegung eines Luftballons (einer Montgoltiere) berechnet, als er Nachmittags am Theetische sitzend und mit einem seiner Enkel scherzend mit den Worten „ich sterbe“ zusammen sank ; einige Stunden darauf hatte einer der größten Mathematiker, einer der edelsten und liebenswürdigsten Menschen zu leben auigehört. Der Verfasser kennt kein besseres Gesammturtbeil über Euler als das, welches Jolly in seinen .Principien der Mechanik 1 , S. 138 ausspricht und das wörtlich also lautet: „Es hätte nicht leicht ein Talent wie das Euler’sche zur glücklicheren Stunde als im Anfänge des 18. Jahrhunderts auftreten können. Die großen Ent deckungen in den mathematischen Wissenschaften lagen gerade in ihren ersten Begründungen vor: in der Analysis, in der Differenzial- und Integralrechnung, in der analytischen Geometrie, in der Mechanik, in der theoretischen Astro nomie und in der mathematischen Physik waren eben erst die Ausgangspunkte gewonnen und erst die Anfänge zu wissenschaftlichen Entwicklungen waren gemacht. Die Fruchtbarkeit der aufgestellten Frincipien, der Reichthum von Folgerungen, zu denen sie hinführen konnten, und die Summe von Problemen, die durch sie zu lösen waren, waren noch nicht erkannt. Es fehlte an der Ausbildung der mathematischen Zeichensprache, die zur analytischen Darstellung unentbehrlich erscheüit. die aber, einmal hergestellt, das mathematische Talent auch rasch zur Erweiterung aller Zweige der Mathematik führen mußte. Enler besaß *) Nach Fuss a. a. ()., p. XLI beträgt die Zahl seiner sämmtlichen Ar beiten (Werke und Abhandlungen) nicht weniger als 75G, von denen er lieferte: 24 von 1727 bis 1733 99 von 1754 bis 1763 49 „ 1734 „ 1743 104 „ 1764 „ 1773 125 „ 1744 „ 1753 $55 „ 1774 „ 1783 Fuss fügt diesen Angaben (a. a. O., p. LVII) ein vollständiges systema tisches nach wissenschaftlichen Kategorien geordnetes Verzeichniß dieser Arbeiten bei, worauf hier verwiesen werden muß. Fuss’ hinterlassene Söhne veröffent lichten vom Jahre 1862 an noch ungedruckte Arbeiten Euler’s unter folgen dem Titel: .Leonliardi Euleri opera posthuma mathem. et physiea anno MDCGCXLIV detecta*.