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§. 19. Das achtzehnte Jahrhundert. 179 Verdienste Euler’s um die Fundamentirung und Ausbildung der Elasticitätslehre fester Körper nicht unerwähnt bleiben, wenn auch der Verfasser (des Raummangels wegen) genöthigt ist, sich hier über ganz kurz zu fassen '), Euler vervollkommnete eigentlich zunächst die Theorieen der Bernoullis über diesen Gegenstand und zwar zuerst in der Schrift ,De curvis elasticis 1 , welche sich als Anhang (Addi- tamentum 1) in seinem berühmten Werke ,Methodus inveniendi lineas curvas 1 , vorfindet und welches 1744 in Lausanne und Genf erschien. IV Auf den Be rn oulli’ sehen Satz (S. 144) gestützt, daß ET Q = M, oder —~ = M ist 2 ) (d. h. daß das Product aus dem Krüm mungshalbmesser eines bestimmten Punktes der elastischen Linie und dem statischen Momente der biegenden Kräfte eine constante Größe ist), entwickelt Euler (in rechtwinkligen Coordinaten) das Differenzial der Gleichung der elastischen Linie oder einer dünnen elastischen Ruthe von einfacher Krümmung, die ur sprünglich eine ganz gerade Gestalt hatte 2 ). Das Integral hier von konnte (damals) nur durch eine unendliche Reihe dargestellt werden 3 ). Je nach der Größe der Kraft, welche die Krümmung der elastischen Linie hervorbringt und nach der Richtung dieser Kraft gegen die Tangente im Angriffspunkte |tc., unterscheidet Euler neun Gattungen elastischer Linien, wovon Nr. 9 sich auf den Fall bezieht, daß die elastische Linie ein Kreis wird. Da für technische Zwecke die Weiterbildung und das Brauch barmachen dieser (an sich vortrefflichen) Resultate erst später lebenden Mathematikern glückte, worauf wir in der Folge zurück- kommen werden, so werde hier nur der ersten Gattung (jener 1) Ausführlicher wird Euler’s Verdienste um die Theorie der elastisch testen Körper gedacht in Girard’s ,Analytischer Abhandlung vom Widerstande fester Körper. Deutsch von Kröncke (Gießen 1803), S. IG und 41 und in Saint-Venant’s Bearbeitung von Navier’s ,Resumd des le9ons etc.‘ Partie historique, Paris 18G4, p. CXII. Endlich ist noch Winkler’s ,Abriß einer Geschichte der Elasticitätslehre 1 zu empfehlen, welcher sich im III. Jahrgange (1871) der Prager .Technischen Blätter 1 , S. 22 und S. 232 abgedruckt vorfindet. 2) Euler ,De curvis elasticis 1 , §. 10, p. 253. 3) Später lernte man derartige Differenzialfunctionen vermittelst der ellip tischen Eunctionen genau integriren. Man sehe deshalb u. A. Poisson, Lehrbuch der Mechanik 1 , §. 310 (deutsch von Stern, Th. I, S. 484). 1-2*