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§. 16. Mitte des siebzehnten bis Anfang des achtzehnten Jalirh. 135 Auflösung des von Leibniz 1687 eigentlich den Cartesianern gestellten Problems der isochronischen Curve um diesen die Vor theile seiner neuen Rechnungsmethode darzutliun. Unter dieser Curve (nicht mit der Tautochrone, S. 91 zu verwechseln) verstand man diejenige krumme Linie, auf welcher ein schwerer Körper mit gleicher (constanter) Geschwindigkeit lothrecht herabfällt, also in gleichen Zeiten um gleiche Räume in verticaler Richtung herab sinkt. Jacob B. löste dieses Problem mit Hülfe der höheren Analysis (wie schon vorher Huyghens auf synthetischem Wege) im Jahre 1690 und veröffentlichte die Lösung in der Mai-Nummer der ,Acta Erud. 1 desselben Jahres, indem er zeigte, daß die er forderliche Curve eine cubische Parabel bildet, deren Glei chung y 3 = ax 2 ist, wenn man ihre Achse in die horizontale Ebene legt und ihre concave Seite aufwärts kehrt. Sie heisst der angegebenen Eigenschaft wegen auch „curva descensus aequabilis“ 1 ). Leibniz legte hierauf eine noch schwierigere Aufgabe vor, nämlich diejenige Curve zu finden, in welcher ein Körper fallen müßte, um sich in gleichen Zeiten einem gegebenen Punkte gleichförmig zu nähern oder sich von ihm eben so zu entfernen. Leibniz nannte diese Curve „isochrona paracentrica“ 2 ). Aucb diese Auf gabe löste Jacob B. 1694 (analytisch) mit besonderem Erfolge. Durch diese Probleme hatte Leibniz eine früher in der Ge schichte der Mathematik wohlbekannte Sitte wieder wach gerufen, nia 1 ausmachen, die allerdings erst nach seinem Tode und zwar 1744 in Genf er schienen. 1696 wurde Jacob ß. Mitglied der Pariser Akademie der Wissen schaften und 1701 auch in die Berliner Akademie aufgenommen. Leider war dem auch hinsichtlich seines Charakters vortrefflichen Manne kein langes Leben beschieden; schon am 16. Aug. 1705 raffte ihn der unerbitt liche Tod, erst 51 Jahre alt, dahin. Ausführlichere Biographien über Jacob Bernoulli, sind u. A. folgende: a) ,Histoire de l’Academie royale des Sciences*. Anneel705, p. 139 unter der Ueberschrift: „Eloge de M. Jacques Bernoulli“. b) „Vita Jacobi Bernoulli“, in dem vorgenannten posthumen (Genfer) Werke. c) Wolf in ,Grunert’s Archiv der Mathematik 1 etc. Th. 25 (1855), S. 312. d) Cantor in der ,Allgem. deutsch. Biographie 1 , Bd. II, S. 470. 1) Diese Curve ist zugleich diejenige, welche unter allen Curven zuerst rectificirt wurde und zwar von Neil, Permat u. A. Auch ist sie die Evolute der gemeinen Parabel. Man sehe deshalb u. A.: Kliigel’s ,mathem. Wörter buch 1 , Artikel „höhere Parabel“. Th. III, S. 724. 2) Jacob Bernoulli ,Opera omnia 1 , p. 627 und ,Act. Erud. 4 1694, Aug., p. 364.