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§. 16. Mitte des siebzehnten bis Anfang des achtzehnten Jahrh. 133 Aus Allem, was im Vorstehenden über Leibniz berichtet wurde, dürfte hervorgehen, daß der Schluß nicht falsch ist, diesen, zu seiner Zeit einzigen berühmten Gelehrten Deutsch lands im Gebiete der Mathematik, Philosophie und der Staats wissenschaften, einen Polyhistor im wahren Sinne des Wortes und zwar „den deutschen Aristoteles“ zu nennen, der gewiß noch viel mehr geleistet haben würde, wäre er so vom Glücke begünstigt worden, wie Aristoteles durch die Gunst Alexander’s des Großen, dessen Begleiter er überall sein konnte beim Zuge durch die damalige civilisirte Welt und wären Leibniz’ letzte Lebenstage nicht durch allerlei (hohe und niedrige) Intriguen, durch Einschränkungen und Zurücksetzungen verbittert worden' wie dies in der That der Fall war, die um so lähmender und ver derblicher auf den großen Geist wirkten, als derselbe von dem fehler einer gewissen Ruhmredigkeit und Eitelkeit') nicht freigesprochen werden konnte. §• 16- Die Brüder Bernoulli und der Marquis de L’IIospital. Wir haben jetzt zunächst der Männer zu gedenken, welche sich in der Leibniz-Zeit um die Weiterbildung und Anwendung der Differenzialrechnung und Integralrechnung ganz besonders verdient machten. Obenan stehen in dieser Beziehung die Brüder Jacob und Johann Bernoulli 2 ) und nächst diesen der Mar quis de L’FIospital. merkuug (des Scholium) gedacht, womit Newton die erste Section des ersten Buches seiner ,Principien‘ schließt und worin derselbe erklärt, daß ihm Leibniz ungefähr zehn Jahr früher ein Rechnungsverfahren mitgetheilt habe, welches dasselbe leiste, als seine Fluxionsrechnung. In der 3. Ausgabe der ,Prin- cipia*, welche 1725 (also zwei Jahre vor Newton’s Tode) erschien, entfernten die englischen Herausgeber dieses Scholium und ersetzten es durch ein anderes. (Man sehe auch die Wolfers’sche Uebersetznng, S. 598). 1) Gerhardt. .Geschichte der Mathematik in Deutschland 1 , S. 175. 2) Die Familie Bernoulli verließ, wahrscheinlich um den Bedrückungen des grausamen Alba zu entgehen, 1568 Antwerpen, wo sie, dem Kaufmanns stande angehörig, glücklich gelebt hatte. Sie siedelte erst nach Frankfurt a. M. über, nachher (1622) vertauschte das damalige Haupt, ebenfalls ein Jacob, letztere Stadt mit Basel. Der älteste Sohn dieses Jacob, Nicolaus mit Namen, wurde Stammvater der berühmten Mathematiker, war ebenfalls Kauf-