132 §. 15. Erster Tlieil. Viertes Capitel. Lagrange theilt in seinen ,Legons sur le calcul des func- tions 1 S. 321 ff. und 326, folgende Ansichten über den betreffenden Gegenstand mit: Man kann Fermat als den ersten Erfinder des neuen Calculs anselien. Aber "seine Zeitgenossen faßten den Geist dieser neuen Rechnungsart nicht ganz auf, sondern sahen sie nur als einen besonderen Kunstgriff, nur aut wenige Fälle mit Schwierigkeiten anwendbar an“. — . Narrow führte unendlich kleine Größen ein und benutzte diese bereits lb<4 in seiner Tangentenmethode unter Anwendung des bereits S. 119 (Note 3) erörter ten kleinen Dreiecks. Allein seine Methode war nur einzeln dastehend, indem sie sich nur auf rationelle Functionen anwenden ließ und die Entwicklung einer Reihe erforderte, in welcher man die höheren Potenzen, der unendlich kleinen Großen wedieß. Es fehlte noch ein allgemeiner Algorithmus, anwendbar auf alle Arten von Ausdrücken, durch den man direct und ohne eine Reduetion der algebrai schen Formeln zu ihren Differenzialen übergehen konnte. Diesen stellte Leib- niz (1675) auf und Newton scheint unstreitig etwas früher auf eben diese Abkürzungen der Rechnung für die Differenziationen gekommen zu sein. Aber in der Bildung der Differenzial-Gleichungen und ihrer Integration be steht das große Verdienst und die eigentliche Gewalt der neuen Rechnungsarten, und in diesem Punkte scheint mir der Ruhm der Erfindung fast einzig Leib- niz zuzukommen und vornehmlich (surtout) den Bernoullis. Endlich spricht sich Laplace in dem unten genannten Werke 1 ) über diese Entdeckungen wie folgt aus: Ein hochwichtiger Gegenstand, den wir L e i b n iz verdanken, ist die höchst glückliche Bezeichnung, die sich fast von selbst auf die große Erweite rung anwandte, welche die Differenzial-Rechnung durch die Betrachtung der partiellen Differenziale erhielt“. Und ferner: „Die Sprache der Ana lysis die vollkommenste aller Sprachen, ist schon an sich selbst ein mächtiges Hülfsmittel und Werkzeug der Entdeckung und ihre Bezeichnungen wenn sie glücklich gewählt sind und mit dem Gegenstände in notwendiger Beziehung stehen, enthalten die Keime neuer Recknungsweisen“. Schlierdick citirt der Verfasser hier noch den etwas starken Ausdruck, welchen Gerhardt in seiner .Geschichte der Mathe matik 1 , S. 182, bei der Beurtheilung des Gegenstandes, braucht und der wie folgt lautet: Newton’sFluxionsreclinung verhält sich zu Leib- nize’ns Differenzialrechnung, wie ein roher Marmor block zu der durch Künstlerhand daraus geschaffe nen Statue“ 2 ). 1) .Th&rie analytique des probabilittV. Troisibme Edition, Paris 1820. In- troduction, p. XXX und XXXV. 2) Beachtenswert!! ist dennoch Gerhard f. Schrift ,D.e Entdeckung der höheren Analysis*, Halle 1855. In einer Note S. 86 dieser Schrift wird der An-