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5. 15. Mitte des siebzehnten bis Anfang des achtzehnten Jahrh. 127 im Aufträge des Kurfürsten von Mainz nach Paris, um Ludwig XIY. zur Er oberung Aegyptens zu bewegen und damit einerseits einen drohenden Krieg von Deutschland abzuwenden, anderseits zur Lösung der orientalischen Frage (Ausbreitung der christlichen Civilisation im Oriente) beizutragen. In Paris widmete sich Leibniz (ernstlicher als bisher) dem speciellen Studium der höheren Mathematik, wobei er auch mit Huyghens bekannt wurde, der ihm ein Exemplar seines 1673 erschienenen Werkes .Horologium oscillatorium“ schenkte ‘). Eine Fülle von Anregungen und insbesondere das Studium der Carte - siani’schen Geometrie, hatte in ihm dasBedürfniß geeigneterer Mittel als die gebräuchlichen zur Ausführung höherer Rechnungen hervorgerufen, wobei er auf die Erfindung der Differenzial- und Integralrechnung, im October 1675 aber zuerst auf die höchst glücklichen Bezeichnungen dieser Rechnungs operationen (auf die Erfindung des Algorithmus') der höheren Analysis) ge kommen sein soll. Im October 1676 verließ Leibniz Paris, um nach Deutschland zurückzu kehren. Er nahm seinen M eg über London, wo er die persönliche Bekannt schaft von Collins machte, der damals Secretair der Royal Society war und sich im Besitze einer Abhandlung von Newton: .De Analysi per aequationes numero terminorum infinitas“ befand, von welcher Leibniz Kenntniß genom men haben soll 3 ). In demselben Jahre (December 1676) folgte Leibniz dem Rufe des ge lehrten Herzogs Johann Friedrich von Calenberg, Göttingen und Gruben hagen (Fürstenthum Hannover) nach Hannover, um hier als Rath und Biblio thekar zu wirken. Hier wurde er bald, wie früher zu Mainz, neben seinen bibliothekarischen Arbeiten in die höheren Staatsangelegenheiten eingeweiht, wobei die undeutsche Politik dieses Fürsten Leibniz sehr oft schmerzlich berührte. Indeß starb schon 3 Jahre nachher (1679) der Herzog und sein Bruder Ernst August gelangte zur Regierung. Diesem hochgebildeten, männlichen und deutschge sinnten Fürsten stand Sophie, die geistreiche und liebenswürdige Tochter des unglücklichen Kurfürsten von der Pfalz (Friedrich V.) zur Seite. Beide verstanden es Leibniz zu würdigen, der es seinerseits eben so verstand sich schnell bei ihnen in Gunst zu setzen. Von hier ab entwickelte Leibniz eine bewunderungswürdige Thätigkeit, sowohl als treuer Diener seines Fürstenhauses, als auch in dem Gebiete der 1) Gerhardt, ,Leibnizens mathematische Schriften 1 , erste Abth., Bd. II, Brief wechsel zwischen Leibniz und Huyghens. 2) Mit dem Namen Algorithmus bezeichnet man (jetzt) jedes wieder kehrende zur Regel gewordene Rechnungswesen. (Man sehe hierüber auch Klii- gel’s ,mathem. Wörterbuch“, Bd. I, S. 67). 3) Gerhardt a. a. 0., S. 153 bemerkt, daß die Möglichkeit nicht bestritten werden kann es habe Leibniz von der Newton’schen Abhandlung Kenntniß genommen. B r e w s t e r in seinem Werke ,Das Leben Newtons“ bemerkt im 3. Ca- pitel, daß dem Collins die Newton’ sehe Methode der Eluxiqjien bereits im Anfänge des Jahres 1669 von Dr. Barrow mitgetheilt worden wäre.