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§. 15. Mitte des siebzehnten bis Anfang des achtzehnten Jahrh. 119 gestaltung der gesammten höheren mathematischen Wissenschaf ten erfolgte. Newton hatte bald bemerkt, daß die Mathematik in dem Zustande, in welchem sie sich in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts befand, die wichtigsten Probleme nicht zu lösen vermochte und daß alle damaligen, eigenthümlichen Rech nungsmethoden (wie die des Archimedes, Kepler, Cava lieri, Roberval '), Fermat 2 ), Pascal, ßarrow 3 ) u. A.) nicht hinreichten, um überall Rectificationen, Quadraturen, Cubaturen, kleinen. Newton vermied letzteres, indem er die betreffenden mathematischen Größen wie durch eine Bewegung erzeugt, wachsend dachte und Fluentes nannte. Die Geschwindigkeiten, mit welchen die Fluenten durch die sie erzeu gende Bewegung zunehmen, nannte er Fluxionen und bezeichnete sie durch Buchstaben für die Fluenten, mit Punkten darüber. Sind z. B. die veränderlichen Grüßen x und y, so sind ihre Fluxionen x und y. Ueberdies waren Newton’s Fluxionen endliche den unendlich kleinen Veränderungen der Größen propor tionale Glieder eines Verhältnisses. Während Newton durch Geometrie und allgemeine Bewegungslehre auf seine Fluxionsr echnung geführt wurde, ge langte Leibniz durch die Betrachtung der Unterschiede und Summen in den Reihen der Zahlengrößen auf seine Differenzialrechnung. Anfänglich be- X zeichnete Leibniz das Differenzial einer Veränderlichen durch -j wofür er spä ter (wie jetzt gebräuchlich) dx setzte. ’ 1) Roberval’s S. 82 erwähnte Methode der Tangenten, wozu er das Pa rallelogramm der Bewegungen in Anwendung brachte, hat eine merkwürdige Ana logie mit der der Fluxionen. 2) Fermat (S. 82) gebrauchte bei seiner herrlichen Methode de maximis. et minimis eine Rechnung, worin die Differenz zweier Größen, und dadurch mittelbar auch die Differenz zweier zugehöriger Größen, verschwindend gesetzt wird, zur Bestimmung des größten oder kleinsten Werthes einer Function, und der Berührenden an einer Curve. Diese Methode ist die Veranlassung, daß man Fermat als den ersten Erfinder der Infinitesimalrechnung oder der Ana lysis des Unendlichen betrachtet. 3) Mit Hülfe des sogenannten Differenzialen Dreiecks N 31R (Figur 26) (auch tri angulum characteristicum genannt), wenn man NR = dx und MR—dy setzt, fand Barrow (Gerhardt ,Die Entdeckung der höheren Analysis 1 , Halle 1855, S. 47) die Größe Q T, d. h. die Subtangente einer Curve .1 N 31, durch die Proportion Q T : N Q = NR: 31R, woraus QT:y = dx: dy, und ferner folgt: QT = ydX' yj a ^ r ü c ) l bezeichnet dy _ Barrow NR und 31R noch nicht durch die Zeichen dx und dy. X 26.