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100 §. 12. Erster Theil. Drittes Capltel. die Gestalt der Erde bezieht, dio einen rotirenden, wohl nirgends ganz harten Körper bildet. Da die Centrifugalkraft (Schwungkraft) am Aequator am stärksten und an den Polen am geringsten ist, so muß an ersterer Stelle die Schwerkraft am kleinsten sein. Huy- ghens wies hierdurch nach, daß die Erde ein an den Polen ab geplattetes Sphäroid bilde und daß die Abplattung mindestens y s87 betragen müsse. Uebrigens veröffentlichte Huyghens seine betreffende The orie in einem 1690 in Leyden erschienenen kleinen Werke „Ois- cours de la cause de la pesanteur“, nachdem Newton bereits früher denselben Gegenstand aus einem allgemeineren und rich tigeren Gesichtspunkte behandelt und die Abplattung zu %g9 berechnet hatte '). Zur Vervollständigung vorstehenden Berichtes über Huyghens und seine außerordentlichen Leistungen, mag nachstehende kurze P>iographie desselben dienen. Christian Huyghens (Hugcnius) wurde am 14. April 1629 zu Haag als zweiter Sohn von Constantin Huyghens (Herrn von Zeleni und Zuy- lichem) gehören. Sein vermögender und sehr wissenschaftlich gebildeter Vater war sein erster Lehrer in der Musik. Mathematik und Maschinenkunde, für welche letztere der Sohn schon früh große Anlagen zeigte. Bereits in seinem 16. Jahre (1645) bezog er die Universität zu Leyden, um Jura zu studiren, wo schon damals Descartes das besondere Talent des Jünglings für Mathematik öffentlich rühmte. Im Jahre 1649 machte er Reisen durch mehrere Länder Europas, nach deren Beendigung er nach Holland zurückkehrte und sein erstes Werk (Leyden 1651) veröffentlichte: ,Theoreme über die Quadratur der Hyper bel, der Ellipse und des Kreises“. Vom Jahre 1655 ab beschäftigte er sich summt seinem älteren Bruder, mit der Verbesserung der Objective zu Fern rohren. Hiermit entdeckte er den sechsten Satumusmond und 1657, wo er ein Objectiv von 22 Fuß Brennweite zu Stande gebracht hatte, erkannte er zuerst den merkwürdigen Ring des Saturns. In demselben Jahre nahm er ein Patent auf die Erfindung der Pendeluhren a ) 1) ,Principia‘, Lib. III, Prop. XIX, Problema III und in W ol fers’Ueber- sctzung, §. 23, S. 401. 2) Nach Wol ff, ,Geschichte der Astronomie 4 , §.117 scheint es zweifellos, daß schon Galilei versucht hat, eine Pendeluhr zu construiren und daß sein Sohn, der 1649 zu Florenz verstorbene Stadtrichter Vincenzio Galilei, diese Versuche fortsetzte, ebenfalls jedoch ohne damit wirklich zu Stande zu kommen. Bezeichnet man daher Huyghens als den dritten Erfinder der Pendeluhren, so ist er eigentlich dennoch der Erste, dem es gelang, seine Erfindung bleibend ins Leben einzufiihren. Wolff berichtet auch über von Biirgi im 16. Jahrhundert verfertigte Pendeluhren, sowohl zu astronomischen als zu bürgerlichen Zwecken. l)ie Biirgi*sehe Erfindung scheint jedoch bald wieder vergessen worden zu