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BO §.11. Erster Theil. Drittes Capitel. Da der Zweck gegenwärtigen Buckes das Eingehen auf die Cartesiani- sohe Philosophie nicht zuläßt, so werde hier nur berichtet, dal» einige ihrer hervorstechendsten Aussprüche in den Mund der Leute derartig übergegangen sind, daß man sie unauflöslich mit dem Namen Descartes vereinigt annehmen kann. Es sind dies namentlich die Sätze: „Ich zweifle an Allem“, und „ich denke, also ich bin 1 )“- . . In Descartes’ drittem Werke befindet sich auch seine llieone des Welt systems, worin er seine bekannte Wirbellehre vorträgt. Beispielsweise denkt er sich die Planetenbewegungen als kreisende Himmelsströmungen, m denen diese Weltkörper begriffen sind und deren Mittelpunkt die Sonne bildet. Je naher diese Weltkörper letzterem Mittelpunkte sind, um so schneller ist die W irbe - bewegung, um so geschwinder der Umlauf; je weiter entfernt, um so lang samer etc. 2 ). . , ., Während Descartes’ Philosophie in seinem Vaterlande Frankreich nnt raschem und allgemeinem Beifall aufgenommen wurde, entstanden 111 Holland namentlich mit den Theologen der Universitäten Utrecht und Leyden höchst- unangenehme Zwistigkeiten (indem man ihn auf Atheismus angeklagt), die so lange dauerten, bis er von der jungen , gelehrten Königin Christine von Schweden (Tochter Gustav Adolf’s) die ihn durch Briefe über die Liebe und das höchste Gut kennen gelernt hatte, im Jahre 1049 nach Stockho 111 berufen wurde. Leider unterlag sein ohnedies schwächlicher Körper schon 1111 folgenden Jahre dem rauhen Klima seines neuen Vaterlandes, indem er am 11. Februar 1050 im Alter von 54 Jahren starb. Abgesehen von seinen Leistungen in der Mathematik (von denen vorher bereits die Bede war), ist namentlich seine Philosophie (besonders der meta physische Theil), mehr als hämisch kritisirt worden und zwar sowohl von Gas- sendi 3 ) als insbesondere von Montucla*)- Parteiloser und_deshalb richtiger ist folgendes Urtkeil 5 ): „Descartes verfolgte den durch seine unsterblichen Vorgänger Baco von Verulam und Galilei angebahnten Weg einer gründ lichen Reformation der Gedankenwelt, gestützt auf die gänzliche Zerstörung der Herrschaft der Scholastik und die auf Erfahrung basirte Forschung im grölen Reiche der Wissenschaften“. An vorstehende Biographie anschließend, werde liier noch mals des bereits S. 65, Note 5 als Uebersetzer der älteren Galilei- schen Schrift über Mechanik genannten Pater Mersenne b ) ge dacht, des bekannten Freundes und Correspondenten Descartes’, der übrigens mit fast allen damals lebenden Naturforschern in Briefwechsel stand. 1) Fischer, Bd. I, S. 306 etc. 2) Fischer, a. a. 0. S. 410 etc. 3) Arago, sämmtliche Werke, (deutsch von llankel), Bd. III, S. 248. 4) Montucla, Jlistoire des mathe'matiques“, T. II, p. 209. 5) Suter Geschichte der Mathematischen Wissenschaften“, Th. II, S. 10. 6) Mersenne wurde im Jahre 1588 zu Soultiere hei Bourg d’Oize le main geboren und starb 1648 zu Paris.