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- ^ 302. Sonntag dm 29. Oktober. 1854. Bekanntmachung, die Landtagswahl im H. Handels- und Fabrik-Wahlbezirke betreffend. Der Unterzeichnete sieht sich veranlaßt, darauf aufmerksam zu macken, daß die zur Abgabe der Stimmzettel bei der Wahlmännerwahl im zweiten Handels- und Fabrik-Wahlbezirke festgesetzte Frist mit Montag den SO. Oktober d. I. Nachmittags.O Uhr endigt, so wie daß gesetzlicher Bestimmung zufolge die Annahme der Stimmzettel heute, als an einem Sonntage, selbst verständlich nicht stattfindet. Leipzig, am 2V. October 18Z4. Der stellvertretende Königliche Wahl Commifsar von Kiesenwetter. Landtagsmittheilungen. Fünfte öffentliche Sitzung der ersten Kammer am 27. October. . Di« erste Mnnuner hat heute in ihrer fünften öffentlich« Sitzung dleWevathnng ddS allgemein« LheileS des Berichts ihrer Awischen- MNr -en WMVuef sÜWs MrafgesetzbuchS beendigt, ist jedoch Zu einer Abstimmung darüber zur Leit noch nicht verschriet«. ^ ^ ^ . Städtisches. Leipzig, de» 27. October. Wir tragen beute einige Notizen über das neue Armenhaus nach, über dessen Einweihung wir gestern berichteten. Dasselbe ist zunächst für 200 Personen einge richtet, so daß, da aegenwärtig die Aahl der HoSpitaliten rc. 1Ü0 be tragt, dem Bedürfnis wohl für längere Zeit gen^t sein möchte. I« Souterrain befindet sich die Küche mit Dampfyeizvorrichtung, Wasserleitung, durch welche das Wasser bis unter da- Dach des HauseS in zwei Reservoirs hinangetrieben wird, Waschhaus, Vor- rachSkammern und ähnliche hauSwirthschastliche Räume. DaS Par terre umfaßt außer LS kleinem HoSpitalitenstuben, vorläufig für je zwri Personen und zwar die gebrechlichem bestimmt, den einfachen aber geschmackvoll« Betsaal und das mehrere Räumlichkeiten in Anspruch nehmende Krankenhospiz. Die erste und zweite Etage enthalten bei gleicher Einrichtung jede eine Anzahl Stuben, für zwei Person«, nebst vier größer» ArbeitS- und AufenthaltSsälen mit eben so viel Schlafsäten, den Saal immer zur Aufnahme von 20 Person« gerechnet. Die Geschlechter sind in der Weise ge trennt, daß die MLnver d« westlichen Theil des Hauses und die Frauen dm östlich« inne haben; das Ausammenwohnen von Ehe leuten ist nur ausnahmsweise gestattet. Da für den vollständigen Unterhalt der HoSpitaliten gesorgt wird, so werden diese Hinwie demm angehalttn, durch leichte, ihrem Alter angemessene Arbeiten zur Bestreitung der Unterhaltungskosten beizutragen, wo hingegen da< bisherige Mittwochs- und Freitagsbetteln gänzlich wegfällt. In ihrer bisherigen ungebunden« Freiheit sind die HoSpitaliten insofern beschränkt worden, als ihnen zum gewöhnlichen AuSgang nur ein Tag in der Woche bestimmt ist und sie außerdem ohne dringende Ursache das Haus nicht verlassen können. DaS nach einem Entwurf deS Architekten Aoch er ausgeführte Gebäude erweist sich in seiner ganz« Anlage und seinen Einrichtungen als so über aus praktisch, daß eS mit Recht als ein MusteryauS empfohlen werden kann. Unter d« hiesig« Bürgem, welche sich bei diesem Unternehmen durch rege Mitwirkung besondere Verdienste erworben ha-m, sind außer dem Vorsteher de- Armenhauses, Hrn. Bösen- berg, dessen Vorgänger, die HH. Felsche und Felix zu nennen, so wie die zu der den Bau überwachenden Deputation gehörenden H. Stadtrath vr. Vollsack und Stadtverordneter Advocat tephani. Als Euriosum sei hier noch des Umstandes erwähnt, daß elf frühere Bewohner des alt« Armenhauses nicht Mit in da- «eue übergezogen sind, indem sie bet der cheUwesse» Beschränkung ihrer Freiheit nicht gesonnen waren, das fdrßie einträglichere Bet teln, bei welchem sie sich wöchentlich auf «ehr als 3 Lhlr. stand«, aufzugeben. (D. A. A.) Historisches geistliches Concerl von Joseph Maria Homyier. Am 27. October Nachmittag- 3 Uhr hatte Herr Homeyrr au- Hannover in der LhomaSkirche eine Aufführung veranstaltet, deren Programm einige Werke der ältest« abendländisch« Kirchen musik «thielt und dadurch ein besondere- Interesse gewann, da- allerdings fast nur ein historisches sein konnte. Von diesen jetzt so gut wie unbekannten Werk« war e- vorzugsweise die zweite Nummer de- ersten TheilS: „Salve Kexln» oder Meerstern sei gegrüßt, ein AcatistuS, LydischeS geistliche- Lied für eine Singstimme und Orgel, Text und Melodie von Hermann EontractuS (1-1095)," welches in Form und Inhalt d« gegenwärtig noch herrschenden Begriff« von Schönheit entsprechen kann. DaS Musikstück ward mit Wärme und Schwung von Frl. Buck vorgetragen. Nächst ihm sprach uns am meisten an die erste Nummer de- zweit« TheilS: „kaoxo lin»ua xloriosi, ein Phrygischer HymnuS all dem 12. Jahrhundert" (gesungen von Herrn Behr), und „l^uäa Sion, ein PanegyricuS von Thomas von Aquino" (gesun gen von Frl. Buck). Der Concertgeber hat diese Gesänge nach dem Antiphonarium Gregor- des Großen und nach der revi- dirten Ausgabe durch Palestrkna und Giudetti im Charakter der griechischen Tonarten bearbeitet. Lediglich von kunstgeschicht licher Bedeutung erschien unS die zweite Nummer de- zweiten TheilS: „Präludium zu dem Choral: O Haupt voll Blut und Wunden, dem die Klage Jeremiä und die Leidensgeschichte Christi folgte, letztere nach Matthäus (fragmentarisch) von Gregor (600 n. Chr.) in den drei Gregorianischen Stimmen componirt. D« Schluß dieser Nummer bildete der Choral : O Lamm GotteS un schuldig rc. Diese- aus so Verschiedenartigem bestehende Ganze ward von dem Concertgeber allein ausgeführt, d. h. er sang sich selbst mit der Orgel begleitend diese Melodien. Was nun Herrn Ho- meyerS Oraelspiel betrifft, da- er namentlich in einem Prälu dium und Fuge in Läur von k. Martini (Bologna 1740)