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dem Herrn I. jeder Jurist auseinandersetzen wird; ste tritt damit allerdings auch unter specielle Aufsicht der Ortsbehörde, jedoch ohne da- die letztere die geringste Garantie für Jnnehaltung der von der Gesellschaft übernommenen Verpflichtungen gegen ihre Mitglieder übernimmt. Die Ansicht des Herrn I., daß eine Caffe „ohne eine solche Genehmigung, beziehentlich Controle keinen Anspruch auf Vertrauen haben kann", stammt noch aus dem Zeitalter der kindlichen Un schuld. Es giedt Versicherungsgesellschaften, welche trotz der Con- firmation, trotz ganz außerordentlicher Gnaden- und Freiheitsbriefe doch nicht das geringste Vertrauen besitzen und e- auch in keinem Falle verdienen. Die Confirmation gewährt der Gesellschaft ganz gewichtige Rechte, Vertrauen des PudlicumS muß ste sich aber auf andere Weise erwerben, das kann von Niemandem anbefohlen wer de«. Vertrauen de- Publicum- gewinnt die Gesellschaft durch rationelle Einrichtung und Verwaltung, durch schnelle und coulante Geschäftsführung, durch ganz offene Darlegung aller ihrer Hand lungen, durch ein auS rechtlichen, von ihren Mitbürgern geachteten und der Sache verständigen Männern zusammengesetzte- Verwal tung-personal u. a. m. Man fleht leicht ein, daß, wenn auch die Staatsbehörde nur rationell eingerichtete Institute confirmirt, wa- überdies nicht immer der Fall gewesen ist, sie doch durch diese Eonfirmation nicht im Stande ist, die übrigen Erfordernisse, welche das öffentliche Vertrauen erwecken, herbeizuführen. Die öffentliche Meinung ist eine gewaltige Macht, die keinem Befehle gehorcht, die zwar nicht selten eine Aeitlang schwankend sein kann, aber doch endlich wie durch einen organischen Proceß das Falsche ausscheidet und zur vollen Klarheit gelangt. Leipzig, den 15. Juli 1855. vr. Karl Heym. Unsere allgemeine Bürgerschule hat in Nr. 2 des 1s. Jahrganges ihrer Mittheilungen an da- Ael- ternhaus ihrer Zöglinge (auSgegeben am S. d. M.) so beherzigen-- werthe Worte gesprochen, daß eS gar wohl der Mühe werth ist, auf sie hier nochmal- besonder- aufmerksam zu machen. Ersten- macht sie auf die Gefahren aufmerksam, welche für Schulkinder au- einem zu reichlichen Taschengelde erwachsen, sodann ruft sie auS: „Habt Acht auf die Schaubuden" und fügt dieser Warnung Fol gendes bei: „Wir lassen diesen Ruf auS der Schule an da- Aeltern- hau- heute keineswegs im Interesse jener Schaustellungen ergehen, sondern vielmehr, von unserm Gewissen unabwei-lich getrieben, z u r Warnung, und beklagen dabei nicht- mehr, als daß wir erst nach der letzten Misse die Veranlassung erhielten, unsre Stimme in so ernster, die Schule so nah berührender Sache abzugeben. E- hat nämlich in letzter Ostermesse eins. g. „anatomische-Thea- ter" Gegenstände zur öffentlichen Schau gebracht in einer Weise, welche jede-, auch selbst da- weniger zarte sittliche Gefühl im höch sten Grade empören muß. Denn nicht genug, daß hier Geheim nisse der menschlichen Natur, welche Gott selbst mit einem Schleier umhüllt hat, den zu heben nur der Wissenschaft und ihren Die nern, nun und nimmermehr aber der lüsternen Neugier ver- stattet ist, — ohne Unterschied vor jede- Bezahlenden Blicken dar- gelegt wurden, sorgte ein gedruckter dabei vertheilter „Weg weiser" in schamlosester Weise für die Erklärung dieser Schand- bilder, die an dieser Stelle keinen andern Zweck haben können, al- dm letzten Rest von Züchtigkeit und geschlechtlicher Unbefangenheit, namentlich in unsrer männlichen Jugend, zu ertödten. — ES ist hier nicht der Platz, in nähere Erörterungen über einen so zarten Punct einzugehen, noch Klagen darüber zu erheben, daß solch grobe Verhöhnung de- sittlichen Gefühls ohne alle Beschränkung — denn der Schulknabe wurde rdm so gut zugelaffen, wie der Erwachsene, sagt man uns — von Seiten der überwachenden Behörde gestattet wurde; nur das können, dürfen und wollen wir nicht unterlassen, die Aeltern unsrer lieben Zöglinge zu wamen, hinfort nicht ohne Vorsicht die Erlaubniß zum Besuche solcher Schaubuden zu geben, damit sie nicht Theil nehme» an der Verschuldung, die sittliche Reinheit und Bewußtlosigkeit gestört zu haben in einer Lebens periode, welche ohne dieselbe nimmermehr zu wahrer, rein mensch licher Blüthe sich entwickeln kann. Zu weiteren mündlichen Mittheiluagea wird man uns zu über Zeit bereit und willig finden. (Z Vie Windfahne, ein nützliches Ving. Es giedt viele Bewohner unserer Stadt, die e- sich aus ver schiedenen Gründen zu ihrem Beruf machen, die tägliche Wind richtung zu deodachtm, wenn auch weniger zu merkantilischen Zwecken (wozu in der Hamburger Börse jedenfalls der dort ange brachte Windzeiger dient), so doch vornehmlich zu wissenschaftlicher Belehrung über Witterung-Verhältnisse u. s. w., wie eS denn über haupt nützlich sein soll, zu erforschen, von woher der Wind bläst. Zu allen diesen Forschungen bedarf man der Windfahne. Bei un- werden nun dazu in der Regel die Thurmfahnen benutzt, weil sie die höchst gestellten sind, den Wind auS erster Hand empfan gen und al- richtig zeigend angesehen werden. Da wir aber nicht auf alle« Lhürmen Windverkündiger haben, so sind wir genöthigt, eine Region tiefer zu gehen, um eine Classification vornehmen zu können, und wollen mit der höchsten Spitze, der des Nicolai- thurmeS, die Reihe eröffnen. Diese Fahne wäre wegen ihrer Construction — denn sie ruht auf einer konischen Spitze — und wegen ihrer Länge wohl geeignet, ihrem Zwecke zu entsprechen, wenn ihre gewichtige Schwere nicht so bedeutend dagegen einwirkte, auch einen wechselnden schwachen Wind anzeigen zu können; so aber können Tage vergehen — be sonder- wenn der Wind in die entgegengesetzte Richtung umschlug — ehe sie bei erhöhtem Luftzüge die gehörige Richtung annimmt. Sie ist darum auch nur bei kräftigem Winde zu Rathe zu ziehen. Dem Sterne de- ThomaSthurm-, so auch der Fahne de- Jo- hanni-thurm- ist wegen ihrer leichten Bewegung der erste Platz einzuräumen. Pauliner, Neu-, Georgen- und katholischer Thurm, so wie FürstenhauSthürmchen vaesnt ; sie ermangeln der Wtnd- zeiger; dafür sind auf den Giebeln der Neukirche zwei Fähnchen als Surrogat angebracht, die sich zwar leicht bewegen, die aber «egen de- in der Mitte stehenden Thurm-, an dem sich der Wind bricht, wodurch sie, außer bei reinem Süd - oder Nordwinde, eine falsche Richtung bekommen, zu Beobachtungen nicht geeignet find. Eden so hat da- Georgenhau- auf seiner Ostseite eine Fahne, die wohl richtiger den Windgang anzeigt, al- die letztem, die aber wegen ihrer versteckten Lage ihren Werth nicht zur allgemeinen Geltung bringen kann. Die RathhauSrhurmfahne, in der Mitte der Stadt an einem großen freien Platze, wo sie einem Jeden in die Augen fällt und wohl auch von Manchem um Rath gefragt wird, die auch bei ihrer Eorpulenz dem Winde breite Flächen bietet, diese sollte die beste Auskunft geben; aber nicht- von dem, — sie behält einen großen Theil de- Jahre- über ihre eigenwillige Stellung, wodurch ihr Dasein ein ganz verfehlte- ist, so daß, hätten wir nicht circa 50 Ellen unter ihr den richtigen Aeitanzeiger, von da auS wenig oder gar nicht- Reale- zu sehen wäre. Nur bei Sturm oder sehr starkem Winde zeigt sie sich folgsam, doch kann man von ihr trotz aller Mühe nie erfahren, von wo der Wind bläst; sie ist mit einem Worte die faulste Fahne Leipzig-. Hier dürfte wohl der Wunsch angebracht sein, der Schwerfälligkeit derselben etwas ab zuhelfen, wa- keine zu großen Kosten verursachen würde, zumal es paffend ist, von da sowohl die wahre Zeit al- auch den wahren Windgang zu erfahren. Ihre flüchtige Nachbarin auf der ehemaligen Waage beschämt sie ganz, und nur der Wunsch wäre auszusprechen, daß sie noch 20—30 Ellen höher stehen möchte, wa- aber nicht zu realisiren ist. Der Stern auf dem Treppenthurme de- Stieglitzischen Hofes würde sicherlich auch seine Schuldigkeit thun, wenn dessen Spindel nicht schief stände. Steigen wir etwa- tiefer, so treffen wir aus einen Windzeiger, der den Brudernamen eine- in allen ländlichen Besitzungen zu findenden Lhiere- führt, den Hahn; Ist er nicht der sorgsamste Hofverwalter für seine Familienglieder, theilt er nicht auch die Wachsamkeit des treuen Phplax? Eben so gewissenhaft erfüllt der Hahn auf dem ehemaligen Kommagaztn seine Pflicht; er hat dabei eine so feine Spürnase, daß er sogleich den leisesten Lustzug ausspähet und neugierig dahin blickt, woher er kommt, welches letztere wir ihm zu seinem besonder» Lobe anrechnen wolle«. Schließlich ist noch der neue Wind-Drache in der Nähe des Schützenhauses, der am gefesselten Schweife den WindesweÜen preisgegeben, neue Studien machen wird, zu erwähnen, ohne weiter der niedriger stehenden Fähnchen zu gedenken.