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12 Vierter Abschnitt. Zusammenfassung. 1. Für auf Biegung beanspruchte Gusseisen stäbe ist eine Elastizitätsgrenze nicht vorhanden, gleichgiltig, ob man die letztere auffasst als die Spannung, bis zu welcher Proportionalität zwischen Deh nungen und Spannungen besteht, oder ob man sie als die Grenze vollkommener Elastizität an sieht. Diese Thatsache entzieht — jedenfalls für Gusseisen — der Vorschrift, als zulässige An strengung des Materiales einen Bruchteil derjenigen Spannung zu nehmen, welche der Elastizitätsgrenze entspricht, allen Boden. 2. Die Voraussetzung der Biegungslehre, dass dieFasern, aus denen der gebogene Stab bestehend gedacht werden kann, auf einander nicht einwirken, ist um so zutreffender, je mehr die Querschuitts- fläche sich in zwei schmalen, von der Nullachse abstehenden, ihr jedoch parallelen Streifen (Flan schen) zusammendrängt. (Fig. 8.) Umsomehr nähert sich dann auch die auf grund der Biegungslehre aus der Bruchbelastung berech nete Biegungsfestigkeit der Zugfestigkeit des glei chen Materiales, sowie der Biegungselastizitäts modul dem Zugelastizitätsmodul. 3. Die weitere Voraussetzung der Biegungslehre, dass der Elastizitätsmodul für alle Fasern des ge bogenen Stabes gleich grofs, also insbesondere unabhängig ist von der Gröfse und dem Vorzeichen der Dehnung oder Spannung, trifft bei Gusseisen auch nicht angenähert zu. Hier nimmt derselbe ab mit wachsender Dehnung oder Spannung. Infolge dessen sind die Spannungen in den am stärksten beanspruchten Fasern thatsächlich bedeutend klei dessen halbe Sehne a, dessen halbe Länge s und dessen Pfeilhöhe S ist, gesetzt werden « = « (l + */s demnach beträgt der Unterschied zwischen s und a <)'■—»o’-. dementsprechend ist hier , _*(>. (.»-)■,. Gleichzeitig mit dieser Verrückung des Endpunktes der elasti schen Linie nach einwärts neigt sich derjenige Stabquerschnitt, welcher über dem Auflager stand, unter den kleinen Winkel a. Hiermit ist eine Auswärtsbewegung der Linie, in welcher der Stab vorher das Auflager berührte, um ea verknüpft. Für a liefert die Biegungslehre die Gleichung _ P P “ E0 iß so dass diese Auswärtsbewegung beträgt P P e "E&" 16' Hiernach ergiebt sich, dass diejenigen Teile der Mantelfläche des Stabes, mit welchen er bei gerader Achse die Auflager berührte, nach auswärts rücken um den Betrag woraus mit y -■ ’ E0 16 P- l 3 48 E0 P E0 ' ( e Solange x positiv ist, d. b., wenn > 6 108 E0 P < oder nach Einführung von PI 3 10,8 E 0 (9). PI 0 4 ~ ° e — > l/ ° l r 27 E (10) so lange wird die besprochene Bewegung nach auswärts erfolgen und damit während des Vorsichgehens der Durchbiegung eine auf den \ ersuchsstab wirkende einwärts gerichtete Kraft R (vergl. Figur) wachgerufen werden. p Im allgemeinen darf diese Kraft der Gegenkraft — des Auf lagers proportional gesetzt werden, etwa 7?= L 2 ■ Hierin wird beispielsweise p für unbewegliche Auflager gröfser sein als für Rollenauflagor usw. Für den Fall, dass sich die festen Auflager in den Stab ein- drücken, hat man es in R nicht mehr mit einer Reibung, sondern mit einem weit gröfseren Widerstande zu thun. Die Kraft R wirkt nun, abgesehen von ihrem Einfluss auf die Länge der Achse, bei kleiner Durchbiegung mit dem Momente p P K • e ~ - fi e z auf den Stab, so dass das für den mittleren Stabquerschnitt sich ergebende Moment nicht ^ - , sondern M-- Pl 4 " ■ p e = PI 4 (l-V-f) • • dl) ist. Deutlich zeigt sich hierin der Einfluss der verhältnismäfsigen Höhe des Stabes und des Koeffizienten p. Für e = 50 mm, l = 1000 mm beträgt diese Verminderung des Momentes bei p = 0,i fi = 0,3 fi = 0,5 fi — 1 1 pCt. 3 pCt. 5 pCt. 10 pCt. Man ersieht, dass bei Verwendung von festen Auflagern, welche die Form einer — wenn auch etwas abgerundeten — Schneide haben und sich vielleicht gar in den Stab eindrücken, wodurch p einen verhältnismäfsig hohen Wert erlangen muss, der mit dem Gleiten des Stabes gegenüber den Auflagern verknüpfte Widerstand selbst bei nicht hohen Körpern entschiedenen Einfluss nehmen kann. Für die oben erwähnten Versuche mit Flusseisenträgern waren feste, eylindrisch abgerundete Auflager von Gusseisen verwendet. Die Träger waren roh. Bei einem Koeffizienten fi — 0,25 ergiebt sich für den 240mm hohen Träger No. 24 die besprochene Verminderung des Momentes 100 -2-0,25 12 150 = 4 pCt. Bei Entlastung des Körpers vermindert sich die Durchbiegung; p damit kehrt die Kraft R ihre Richtung und das Moment - - p e seinen Sinn um. Wenn man den Stab so auflagert, dass p genügend grofs ist, so lässt sich der Einfluss dieser Umkehrung bei Ermittlung der Durchbiegungen deutlich beobachten. Die ziffernmässige Berücksichtigung von R unterblieb bei den im vorstehenden besprochenen Versuchen mit Gusseisen, weil bei den bearbeiteten Gusseisenstäben p nicht bedeutend sein konnte. Setzen wir p grofs, etwa 0,15, so ergiebt sich bei dem gröfsten Wert von e = 3,8 cm und dem kleinsten Werte von 1—50 cm die Verminderung des Momentes nach Gl. (11) 100-2-0,15 50 ; 2,3 pCt. In allen anderen Fällen ist der begangene Fehler wesentlich kleiner. Durch Wahl einer genügend grofsen Entfernung der Auflager und durch Anwendung von Rollenauflagern, wodurch p vermindert wird, lässt sich die Notwendigkeit der Rücksichtnahme auf die Schub kraft und auf den Einfluss von R beseitigen.