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IV Voi'worf zur ersten Auflage. Ordnung in die grosse Masse der zulässigen Belastungen zu bringen, als bisher vor handen war. An diese Arbeit bin ich in der vorliegenden Schrift herangetreten, in der Absicht, den Studirenden des Maschineningenieurwesens und den jüngeren Fachgenossen durch Blosslegung des Bodens, von welchem aus mit mehr Sicherheit als seither die Erfahrungszahlen bei Dimensionsbestimmungen ermittelt werden können, eine Erleich terung auf dem täglich sich erweiternden Gebiete ihrer Thätigkeit zu verschaffen; aber auch gleichzeitig in dem Bewusstsein, dass es niemals möglich sein wird, die unzählige Menge der oft von Ort zu Ort wechselnden Rücksichten technischer, geschäftlicher und allgemein menschlicher Natur, welche der Maschineningenieur immer und immer wieder bei seinen Arbeiten zu nehmen hat und deren Beachtung eben zur Charakteristik des gediegenen Konstrukteurs gehört, in das Prokrustesbett einer oder mehrerer Zahlen zu zwingen. Der ausgesprochene Zweck brachte es mit sich, dass den Formänderungen eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken war. Denn da, wo eine höchstens zulässige Durchbiegung, Verdrehung u. s. w. die Abmessungen bestimmt, ist im Allgemeinen eine Rechnung mit zulässiger Belastung in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes nicht mehr richtig. Diese ist dann selbst eine Funktion der Form und Grösse des in Frage stehen den Körpers. Dabei wurde festgehalten — und wie ich glaube mit Erfolg —, dass die aus gedehnte Anwendung der Rechnung seitens des Ingenieurs möglichste Einfachheit des rechnerischen Apparates zur Voraussetzung hat. Aus diesem Grunde unterblieb auch die Aufnahme von Gleichungen, welche die zulässige Belastung als Funktion der Grenz spannungen liefern. Für einfache und viel Material fordernde Konstruktionen, wie z. B. Brücken, sind dieselben ganz am Platze. Für die Elemente des Maschinenbaues er scheinen sie mir als das Bessere, welches des Guten Feind ist. Aus hiermit verwandtem Grunde glaubte ich auch, auf'Verwendung der graphischen Statik verzichten zu sollen. Wer mit dieser Methode vertraut ist, dem wird nicht ent gehen, in welchen Fällen, deren Anzahl hier übrigens gering ist, ihre Benützung von Vortheil sein kann. Für andere Leser hätten die wichtigsten Sätze der Graphostatik erst gelehrt werden müssen. Die Pressungen in den Berührungsflächen auf einander gleitender Theile, sowie die Umsetzung eines Theiles der hiermit verknüpften Reibungsarbeit in Wärme erfuhren die ihnen gebührende Berücksichtigung. Weiter stellte ich mir die Aufgabe, nach Möglichkeit dazu beizutragen, dass der in der Literatur noch immer ziemlich verbreiteten Methode der Verhältnisszahlen der Boden entzogen werde. Dieselbe verleitet den Anfänger im Ivonstruiren zum mechanischen Arbeiten und ist thatsächlich — wie jeder ausführende Ingenieur weiss — ganz unprak tisch. Immer erfolgt die Bestimmung der Abmessungen unmittelbar aus den wirkenden Kräften, sofern nicht Rücksichten auf Herstellung, Transport, Montage oder Abnützung massgebend sind. Die bedeutende Zahl von Beispielen, welche das Buch enthält und die zu einem grossen Theile eigenen Ausführungen entnommen sind, dient nicht nur den soeben aus gesprochenen Bestrebungen und dem Zwecke, das Verständniss des allgemein Hingestellten zu befördern oder dieses zu ergänzen, sondern soll auch zeigen, in welcher Weise beim Entwerfen vorzugehen ist. Erfahrungsmässig wird der einzuschlagende Weg von den Studirenden sehr hart gefunden. Die Durcharbeitung der Beispiele greift hier erleich ternd ein.