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und Anzei K e r. -I- 71. Montag den 12. März. 1855. T»«dtL§Hmitth eilung en 12. Sitzung der ersten und 22. Sitzung der zweiten Kammer am 10. März. Die erste Kammer hat heute de« Bericht ihrer ersten Depu tation über da- allechAchste Decret, den Entwurf zu einem Gesetze wegen Sicherstellung des bei Verehelichung von Offerieren der köaigl. sächsischen Armee erforderlichen Vermögens betreffend, be rochen und den gebuchten Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit der StaatSregierung angensmmen. In der zweiten Kammer ist beute die Berathung WV erUen Hauptabschnittes deS Einnahme- dudaetS (Nutzungen de< Staatsvermögens und der Staatsanstalten); zu Ende geführt worden. Die noch rückständigen Positionen sind allenthalben nach de« Anstichen der Regierungsvorlage angenommen worden, und zwar: Pos. 15, Chausseegelder, mit lährl. 220,000 Thlr. (5000 Lhlr. Mechr als zeither); Pos. 16, Brückengelder, mit 20,000 Thlr. (5000 Lhlr. mehr); Pos. 17, Zinsen von Activcapi- talien, Mit 4lLÜ20 Thlr. (143,720 Thlr. mehr); Pos. 18, Kanzlei- spottelr^ n»it-?8,VOV Thlr. (6000 Lhlr. mehr); Pos. 19, Lotterie- LbersttzM^ mtt LÜK-tzOO Thlr.; Pos. 20, Pension-- und Besdl-nngS- chMgR s»r den Staat-pension-fond-, mit 41,000Thlr. (4000«ehr); Pos. 21, Beitrag vom Hause Schönburg zur Unterhaltung derKreis- dlrection und deS AppcklntionsgerichtS zu Zwickau, mit 1028 Thlr. it»d Pos 22, verschiedene zufällige Einnahmen, mit 3000 Lhlr. Außerdem wurde der Bericht der ersten Deputation über den Gesetz entwurf: Nachträge zu dem Gesetze vom 1. December 1837, die Errichtung einer Prediger-Witwen- und Waisencaffe betreffend, be- rathen und dieser Gesetzentwurf mit einem weitern Zusätze zu den BeschlßG« der ersten Kammer angenommen. Das diesjährige Senesiz-Loncert in der Euterpe. Der vorläufigen Ankündigung nach wird dies Concert die Mozartsche dritte Symphonie und das Alexanderfest von Händel zu Gehör dringe», zwei Werke, die zu den schönsten, klarsten und verständlichsten gehören, welche unS die Tonkunst je gegeben hat. Der Schöpfer de- letzteren, der große deutsche Lonsetzer Georg Friedrich Handel, ruht schon nahe an hundert Jahre in der West- minsterabtei zu London neben den größten Männern der malischen Nation, aber sein Alexanderfest lebt ln unvergänglicher Schöne fort. Händel hat darin die schwerste Aufgabe, welche der Musik auferlegt «erden kann, auf das Schönste und Ergreifendste gelöst: die Macht de- Gesanges auf den Menschen unmittelbar an einem coucreten Fall darzuthdm, eine Aufgabe, an welcher bekanntlich uasere «e»ere« Componistba gescheitert sind. Keinen Hörer von Gefühl Med e- geben, der nicht beim Eetönen dieser Musik alle die mannichfaltlge« Gefühle und Leidenschaften mit durchempfinden Müßte, welche der griechische Sänger und der Chor in dem Herzen AlexandekS erregen, indem sie ihn bald in tiefe Trauer versenken, bald zur rosigen Heiterkeit stimmen, bald in süßen Schlaf schmei cheln, tzald zUr Wuth und Rache entstammen u. s. w. Die Trockenheit -er Instrumentation, welche der Händelschen Epoche «och rigm war, Ist im Alexanderfest durch MozattS übermalende äauberpinfel in die blühendste Farbenpracht verwandele wordm. Während daher durch die plastische Gestaltung-- und Ausdrucks kraft Händel- daS Herz mächtig erregt, ergriffen und erschüttert wird, schwelgt das Ohr zugleich in dem Mozartsche« süßm Wohl laut der Klänge. Dürfen wir nun dem mufikliebendm Publicum durch die Auf führung dieses schönen und großartigen TonwerkeS, so wie der herrlichen, klaren und gemüthlichen Symphonie von Mozart einen echten und hohen Kunstgenuß sicher versprechen, so ist zugleich zu wünschen, daß e« durch zahlreiche Lheilnahme dem MnsikvkSctor der Euterpe, Herrn Riccius, eine pekuniäre Vergütung gewähre, welche daS Institut ihm für jeine treue, sorgsame und ausge zeichnete Direction nicht bie-ea kan», da er für alle Mühen in Proben und Aufführungen kein Honorar bezieht. X. Vermischtes. Dre-dr«, dm 7. März. Daß es noch hannkvfe-Grtk-an- schauungen, naive-, von der Civilisation, „die alle Welt belsHk", nicht beeinflußtes Naturleben giebt, demmrstchM heute ein ehrsamer Bäckermeister aus der Provinz der 1.Kammer wießlich«ch1m«ft,mn. Derselbe trat vor ihr als Peimit auf mit de» Strebe«, eine Mil derung de- Verfahrens H*SEN solche Bäcker im Wege der Gesetz gebung herdeizuführen, die zu leichte Waarr verkaufen. Bitten G leichter als begründen; unser Provinziale war aber auch vor einer Begründung seines Gesuchs nicht zurückgeschreckt und offenbarte eine Fülle praktischer Beobachtungen, die von der Kammer mit eben so viel Aufmerksamkeit als Wohlgefallen aufgenommen wurden. A. B. ward darauf verwiesen, daß die Müller den Bäckern auch zu wenig Mehl wiedergäben, daß böse Menschen da- Brod künst. lich leichter machten und dann der Behörde übergäben rc. Guten Humors ward die Petition »ä aet» gelegt. Curlosrrweise bat unter Anderm auch ein „Ungenannter" die Kammer um lohnende Be schäftigung, beziehentlich Unterstützung. (D. A. Atg.) In der II. Kammer beschäftigte man sich mit den Einnahmen des Budget. Interessant ist eS zu sehen, wie die Poftnutzungen und der Postoerkehr mit der Steigerung und Erleichterung der Ver kehrsmittel unausgesetzt im Wachsen begriff» sind. Briefe wurden durch die sächsischen Postanstalten befördert 1851 6.765,620 Stück, 1852 7,294,307 Stück, 1853 7,815,824 Stück und ^ 1054 8,216,662 Stück. Die Zahl der besorgten Packet« betrug 1851 920.658 Stück, im folgenden Jahre 1.054,457 Stück, 185« 1,199,386 Stück und voriaes Jahr 1,207,785 Stück. An Geld wurden 1851 82,072,911 Thlr., 1852 85,780,518 Thlr, 1853 93,785.015 Lhlr. und 1854 102,937,316 Lhlr. durch die Posten versendet. Die Zahl der Reisenden belief sich 1851 auf L17F45, 1852 336,430, 1853 auf 362,335 und 1854 auf 401,939 P-ß- sonen. Als Hauptsumme ergiedt sich demnach die Beförderung von 30,092,413 Briefen, 4,382,286 Packete, 364,525,785 Thlr. Geld und 1,418,349 Personen. Ein enthusiastischer Amerikaner, der in Paris möglichst viel Geld auSgiedt, hat den kostbare« Einfall gehabt, an eme vsrtige Sängerin den Ausdruck seiner Bewunderung ihre- Tale«te- a«f die Rückseite einer Banknote zu schreiben. Die Sängerin ließ dem Amnikaner sagt«: er möge verzeihen, daß fie ihm darauf ckeine schriftliche Antwort gebe. Sie habe kein solches Briefpapier, werde e- aber mit Dank annehmen, wenn er ihr mit einem oder zwei Buch von dem seinigen an-helfen wolle.